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Historical Band 298

Historical Band 298

Titel: Historical Band 298 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blythe Gifford Terri Brisbin
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das eine Wort.
    Den Kopf an ihn geschmiegt, konnte sie seine Augen nicht sehen. Sie spielte mit dem krausen Haar auf seiner Brust und wartete.
    „Inzwischen?“, drängte sie schließlich.
    „Ich hatte einen jüngeren Bruder.“
    Hatte. „Wie hieß er?“
    „Peter.“
    Sie ahnte, dass es keine angenehme Geschichte werden würde. Duncans rechte Hand lag neben ihrer, und sie verschränkte ihre Finger mit seinen.
    „Er starb, bevor er sechs war.“
    „Fieber?“
    „Nein. Kein Fieber.“
    Die Stille dehnte sich.
    Es gab viele Möglichkeiten, wie ein Kind ums Leben kommen konnte. In einen Teich fallen. Zu dicht am Feuer stehen. Von einem Wagen zermalmt werden. Wieder betete sie für Solays kleinen William.
    Endlich begann Duncan zu reden. „Wir trieben die Schafe von den Bergen, am Rand eines Kars entlang. Es war ein schmaler Pfad. Ich ging vorne, er direkt hinter mir. Kurz bevor er abstürzte, hörte ich ihn noch schreien.“ Duncan atmete schwer, als würde er alles noch einmal vor sich sehen. „Ich brauchte zwei Stunden, um hinunterzusteigen und ihn heraufzuholen. Den ganzen Weg durchs Gebirge trug ich ihn nach Hause, aber seine Beine, alle Knochen …“ Er schauderte. „Zerschmettert.“
    „Aber er lebte?“
    „Noch tagelang.“
    „Es tut mir leid.“ Sie drückte seine Hand, aber er zog sie fort.
    „Es war besser, dass er starb“, meinte er und richtete sich auf. Jane kam es vor, als wollte er die Erinnerung abschütteln. „Die Welt ist kein Ort für Krüppel.“
    Dieses leere, raue, windgepeitschte Land, in dem er lebt, ist gnadenlos, dachte sie. Schön und grausam. In dieser Wildnis war kein Platz für einen Jungen, der niemals für sich selbst würde sorgen können.
    „Ich hätte ihn an mich binden müssen“, murmelte er und starrte ins Feuer. Ein alter Refrain, vermutete sie.
    Ihr wurde bewusst, dass ihr gerade ein Blick auf das Ungeheuer zuteil wurde, das ihm im Nacken saß und ihn für alles die Verantwortung übernehmen ließ. Wäre ich nur vorsichtiger gewesen, hätte ich ihn retten können.
    Sie spürte den Widerhall in ihrem Herzen. Ich hätte für meine Schwester da sein müssen.
    Es gab also noch etwas, das sie verband. „Wie alt warst du?“
    „Zehn.“
    „Zehn?“ Sie stützte sich auf den Ellenbogen. „Also selbst noch klein! Sie schickten zwei Kinder, um die Herde ins Tal zu treiben?“
    Er sah sie mit spöttisch hochgezogenen Brauen an. Unausgesprochen lag das Wort Südländer in seinem Blick. „Du hattest wohl eine Kinderfrau, die sich um alles kümmerte?“
    Jane spürte, wie sie heiße Wangen bekam. Sie hatte sogar zwei Kinderfrauen gehabt. Essen und Trinken hatte es im Überfluss gegeben, sie hatte feine Kleider besessen und beim Einschlafen sanfter Musik gelauscht.
    „Ja.“ Jane hoffte, dass er keine weiteren Fragen stellte. In dem Alter, in dem sein Bruder die Schafe hütete, war sie durch Windsor Castle getragen worden.
    Sorge verdunkelte seinen Blick. „Das Leben mit mir wird anders sein.“
    „Ich weiß.“ Erleichtert, dass er keine Fragen stellte, kuschelte sie sich an ihn. „Das ist auch nicht das, was ich will.“ Doch was wollte sie eigentlich? Für immer in seinen Armen bleiben. „Deck uns zu. Das Feuer ist ausgegangen.“ Und dann sprachen sie nicht länger über die Vergangenheit oder Zukunft.
    Eines Morgens einige Tage nach Dreikönig wachte sie neben Duncan auf. Ein leichtes Ziehen zwischen den Beinen erinnerte sie an ihr wildes Liebesspiel. Das Bett war noch immer feucht von Duncans Samen.
    Selbst in der Nacht, als sie sich das erste Mal hemmungslos geliebt hatten, war er vorsichtig gewesen. Natürlich war das vernünftig, doch sie wollte, dass er sie ganz erfüllte, dass aus zwei Körpern einer wurde, untrennbar verbunden bis zum Schluss.
    Duncan schlief noch, den Arm um ihre Taille gelegt, den Kopf zwischen ihren Brüsten. Jane ließ den Blick durch die geliebte Kammer schweifen, die ihre Welt geworden war.
    Auf der Truhe lag aufgeschlagen Ovids Liebeskunst . Sie hatten das Buch aus der Bibliothek geholt, um es im Bett zu lesen. Das hatte sich als besonders angenehme Art des Lateinstudiums erwiesen. Ihre und seine Kleider bildeten ein fröhliches Durcheinander auf dem Boden. Mundtücher und Löffel aus der Herberge lagen neben dem Buch. Jane würde sie reinigen müssen, bevor die Studenten zurückkehrten.
    Sie schwang die Beine aus dem Bett. Die Zeit ihrer Weiblichkeit war vorbei.
    Sie musste wieder zu John werden.
    Duncan war wach geworden und

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