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Historical Band 298

Historical Band 298

Titel: Historical Band 298 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blythe Gifford Terri Brisbin
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sich mit jungenhaftem Draufgängertum in die Gefahr zu stürzen. Aber jeden Tag sah sie weniger wie ein Junge aus. „Das geht nicht, meine Kleine. Die Zeit hat dich eingeholt. Deine Stimme ist zu hoch, deine Hüften zu breit, dein Gesicht zu …“ Er räusperte sich und versuchte, sich auf praktische, logische Argumente zu konzentrieren. „Was willst du machen, wenn …? Ich meine, was willst du jeden Monat tun?“
    „Keiner wird mir nahe genug kommen, um etwas zu bemerken“, erwiderte sie hitzig.
    Was das betraf, sagte sie die Wahrheit. Niemand würde ihr zu nahe kommen, jedenfalls nicht, solange er es verhindern konnte.
    Er wurde etwas sanfter. „Es ist zu gefährlich. Ich kann es nicht zulassen.“
    „Ich kann kämpfen.“ Sie hob die Fäuste und nahm eine Angriffsstellung ein. „Du hast es mich gelehrt.“
    All seine guten Absichten hatten sich ins Gegenteil verkehrt. Sobald er Jane als das erkannt hatte, was sie war, hätte er sie fortschicken müssen. Hatte er aber nicht. Stattdessen hatte er gehofft, sie könnten irgendwie zusammenbleiben, zusammen leben. Aber er war ein Mischwesen, ähnlich einem Zentaur, lebte zwischen zwei Welten und gehörte doch zu keiner.
    Genau wie sie.
    „Nein, Jane.“ Je aufgeregter sie wurde, desto ruhiger wurde er. „Ich breche allein auf.“ Sie besaß kein Pferd, keine Möglichkeit zu reisen. Saß er erst einmal im Sattel, konnte sie nicht mehr mithalten.
    „Wenn du das tust, folge ich dir. Ich finde dich. Bald. Nächste Woche. Nächstes Jahr. Ich werde dich finden oder sterben.“
    Bei ihren Worten lief es ihm eiskalt den Rücken hinunter. Ihm stand nicht länger Little John gegenüber, der an einem sonnigen Augustmorgen von zu Hause fortgelaufen war. Nicht nur ihre Brüste waren gewachsen. Sie verband weibliche Leidenschaft mit männlichem Verantwortungsbewusstsein, Ehre mit Entschlossenheit. Und wenn er sie auch nicht mehr beeinflussen konnte – er hätte sie nicht mehr lieben können als in diesem Augenblick.
    Im Glauben, er gäbe sich geschlagen, lächelte sie ihn an. „Du kannst mich nicht abhängen. Ich kann schneller rennen als du.“
    „Nein, kannst du nicht.“ Er sah sie an. All ihre über den Haufen geworfenen Hoffnungen und Träume wirbelten ihm durch den Kopf, und er wünschte, er könnte mit ihrer unschuldigen Zuversicht in die Zukunft sehen. „Ich sage es dir nicht noch einmal: Ich ziehe in den Krieg. Da ist kein Platz für Frauen.“
    „Aber ich werde keine Frau sein!“
    „Willst du mich, oder willst du nur das Leben eines Mannes, von dem du glaubst, dass ich es dir geben kann?“
    Sie sah ihn so verblüfft an, als hätte er sie geschlagen. „Kannst nicht einmal du sagen, welcher Teil von mir John ist und welcher Jane?“
    „Nichts an dir ist John. Du bist Jane. Lieber Himmel, du bist eine Frau. Schau dich doch an!“
    In ihrem Gesicht konnte er seine eigene Qual lesen. „Aber …“
    Abwehrend hob er die Hand. „Die Maskerade ist vorbei. Du gehst mit deiner Schwester, oder du gehst ins Kloster. Aber du kommst nicht mit mir.“
    Er wollte nicht, dass sie all das über ihn erfuhr, was er selbst zu vergessen suchte.
    „Ich werde fortlaufen.“ Sie schmollte wieder, und ihre Lippen zitterten.
    Deutlich spürte er die Tränen in seinen Augen brennen. Wie gerne hätte er geweint. „Ach, meine kleine Jane, du kannst nicht dein Leben lang fortlaufen.“
    Er zwang sich, ihr den Rücken zuzuwenden. Ohne darauf zu achten, was er tat, stopfte er seine Sachen in den Beutel.
    Hinter ihm war es still.
    Dann kam sie leise zu ihm, schlang ihm die Arme um die Taille und presste sich an ihn. „Werde ich dich je wiedersehen?“ Ihre Stimme klang klein und müde. Besiegt.
    Er hätte Nein sagen sollen, aber wie könnte er all ihre Hoffnungen zerstören? Oder seine eigenen? „Vielleicht. Eines Tages.“ Dabei wusste er genauso gut wie sie, dass es diesen Tag nicht geben würde, wenn er sie erst mal verlassen hatte.
    Duncan spürte, wie sie zitterte. Am liebsten hätte er mit ihr geweint, laut losgeheult über seinen Verlust. Er durfte sie nicht ansehen, sonst nahm er sie am Ende noch in die Arme und ließ sie nie mehr gehen.
    „Wann brichst du auf?“
    „Sobald ich meine Angelegenheiten in Cambridge geregelt habe. Nur noch ein paar Tage, dann reite ich gen Norden.“
    Allein.
    Der Turm würde sich grüßend über den grünen Hängen eines weiten Tales erheben, wo er die Furt am Fluss bewachte. Im nächsten Sommer würde er wieder über die Hügel wandern

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