Historical Band 303
Wahrheit zu sagen: An seinem Liebesspiel gab es nicht viel Aufregendes zu entdecken. Sie hatte gelernt, still zu liegen und ihn machen zu lassen, wozu er Lust hatte. Und das war es auch schon. Es hatte nie viel länger als ein paar kurze Augenblicke gedauert.
Aber letzte Nacht, als Bram sie küsste – das war etwas ganz anderes gewesen. Er hatte sie angesehen, als gäbe es für ihn keine andere Frau auf der Welt. Als wollte er sie für sich fordern, sie nehmen und sie alle Sinnesfreuden lehren. Unwillkürlich fragte sie sich, wie es wohl sein mochte, bei ihm zu liegen, seine warme Haut zu berühren und zu spüren, wie er sich auf ihr bewegte.
Eine heiße Welle raste durch ihre Adern. Nairna dachte an Brams Gesicht in der Kammer letzte Nacht. Das schwache Mondlicht hatte scharf geschnittene Züge mit einer leicht gekrümmten Nase zum Vorschein gebracht.
Dunkelbraunes Haar von der Farbe nasser Erde fiel ihm über die Schultern. Er trug einen Bart, aber er hatte sich seidig an ihrem Mund angefühlt. Und, bei allen Heiligen, sein Kuss konnte eine Frau dazu bringen, ihre Seele dem Teufel zu verschreiben.
Der scheue Junge von damals war verschwunden. Jetzt war da ein leidenschaftlicher Mann, den sie nicht kannte. Ein Mann, der die Pforten der Hölle durchschritten und es überlebt hatte.
„Wann wolltest du mir sagen, dass du wieder geheiratet hast?“
Mit einem Schrei ließ sie den Deckel der Truhe fallen. Ihr Herz hämmerte wie wild und es dauerte einen Moment, bis sie erkannte, dass es Bram war.
„Du hast mich erschreckt“, keuchte sie und griff sich ans Herz. „Ich habe dich nicht eintreten hören.“
„Wann ist es geschehen?“, wollte er wissen und kam langsam näher. Er sah zornig aus, und sie spürte, dass sie vorsichtig vorgehen musste.
„Drei Jahre nach deinem angeblichen Tod.“ Sie rührte sich nicht, bis er dicht vor ihr stand. Sie fühlte, wie seine nervöse Stimmung auf sie übersprang, aber sie wich nicht zurück. Er sprach kein Wort, als müsste er gegen seinen Zorn ankämpfen.
„Ich weiß gar nicht, wo du letzte Nacht warst“, murmelte Nairna. „Du bist so plötzlich fortgegangen.“
„Ich war mir nicht sicher, ob du wolltest, dass ich bleibe.“ Brams Augen waren wachsam. Er betrachtete sie, als wüsste er nicht so recht, was er sagen oder tun sollte. Je genauer sie ihn musterte, desto mehr erkannte sie sein Verlangen. Seine Haltung drückte Hunger und Erschöpfung aus. Einige kleinere Wunden hatte er auch. Darum konnte sie sich kümmern. Doch hinter alledem lag noch etwas anderes, etwas Gequältes, das sie nicht verstand.
„Hat er dir etwas bedeutet?“, fragte er ruhig. „Der Mann, den du geheiratet hast?“
„Iver war ganz nett.“ Sie verbarg die zitternden Hände hinter ihrem Rücken.
„Wahrscheinlich wäre es dir lieber, ich wäre nicht zurückgekommen.“ Bram verschränkte die Arme vor der Brust.
„Du irrst dich.“ Dass er vor ihr stand, war ein Geschenk, auf das sie nie zu hoffen gewagt hätte. Ihr war, als könnte sie die verlorenen Jahre ausstreichen und von vorne anfangen. Denn die wenigen Erinnerungen, die sie und Bram gemeinsam hatten, waren gute Erinnerungen.
„Ich habe aufgetragen, dir etwas zu essen zu bringen und ein Bad vorzubereiten“, sagte sie, um das Thema zu wechseln.
Bram trat dicht an sie heran und musterte sie, als wollte er sich ihr Gesicht für immer einprägen, es in sein Gedächtnis einbrennen. Dann strich er mit dem Daumen über ihre Lippen und legte ihr zart die Hand an die Wange. Nairna spürte, wie sie errötete.
Sie sah die tief eingegrabenen Linien an seinen Handgelenken und eine ähnliche Linie, die sich um seine Kehle wand. Sie hätte gerne erfahren, was ihm zugestoßen war. Aber Brams stoischer Gesichtsausdruck sagte etwas anderes: „Keine Fragen.“ Sie wusste nicht, wie sie die Last der Vergangenheit von ihm nehmen konnte. Wahrscheinlich war es das Beste, gar nichts zu sagen.
Er wandte sich ab und stützte sich schwer auf den Tisch. Wie er so mit hängendem Kopf da stand, sah er aus, als hätte er Schmerzen. Wahrscheinlich würde er beim Baden ihre Hilfe brauchen. Ihr machte es nichts aus, einen unbekleideten Mann zu sehen, aber wie würde Bram sich dabei fühlen?
Bevor sie ihn fragen konnte, kam Agnes mit dem Essen und sauberen Kleidern. Mit ihr kamen Bedienstete, die einen Zuber brachten. Sie stellten ihn ab und füllten ihn eimerweise mit heißem Wasser.
„Lasst uns allein“, befahl Bram. Die alte Frau zögerte, aber
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