Historical Collection 04
üben.
„Hier bist du“, hörte er Rob Alden sagen. Die Stiefel seines Freundes klangen laut auf der Treppe, als er vom Schauspielerbereich hinter der Bühne zurückkam. „Bist du bereit für einen Besuch bei Mutter Nan? Ich habe gehört, sie hat ein neues Mädchen, das über ganz besonderes Talent verfügt …“
Wenn sich das nicht vielversprechend anhörte! Genau das brauchte Edward, um die Gedanken an Elisabeth Gilberts sanfte Lippen und ihre schlanke Taille zu vertreiben. Daran, wie sie ihn nackt in ihrem zerwühlten Bett erwarten oder vor ihm knien würde.
Mutter Nans Mädchen waren die hübschesten. Vielleicht hatte sie eine mit rotbraunem Haar und elegantem Auftreten. Doch wie sehr er sich auch bemühte, er wusste bereits, dass die Vorstellung von Elisabeth in seinem Bett ihn nicht loslassen würde. Sie war noch immer da, schaute ihn an, wartete, und kein Ersatz würde daran etwas ändern. Mutter Nan und ihre albernen Gänse würden ihn heute nicht zufriedenstellen.
„Vielleicht ein andermal, Rob“, sagte er und machte sich bereit zu gehen. „Ich habe noch ein paar wichtige Dinge zu erledigen.“
3. KAPITEL
A lso, Jane. Erzähl mir, was vorgefallen ist.“
Elisabeth sah Jane eindringlich an, die sich auf ihrem Sitz in der Kutsche wand und ihre behandschuhten Finger anstarrte. „Ich … ich weiß nicht, was du meinst, Tante Bess.“
„Oh, meine Liebe, du bist eine furchtbare Lügnerin“, sagte Elisabeth mit einem Lächeln. Ihre Nichte verkehrte ganz offensichtlich nicht in höfischer Gesellschaft, in der das Verdrehen von Tatsachen und Täuschungen eine Kunstform waren. Dort würde niemand seine wahren Gefühle offenbaren, denn das wäre sein sicherer Untergang. Sie selbst war gezwungenermaßen äußerst geschickt darin geworden, Gelassenheit zur Schau zu stellen. Andernfalls hätte sie sich nie so schnell vom Zusammenstoß mit Sir Edward erholt.
Zumindest äußerlich war ihr nichts mehr anzumerken. Innerlich war sie jedoch noch immer aufgewühlt.
„Sag mir, Jane“, drängte sie. „Ist etwas passiert?“
Das Mädchen konnte ein Schluchzen nicht länger unterdrücken. „Oh, Tante Bess! Es ist das Schlimmste, das Furchtbarste passiert.“
Elisabeth war beunruhigt, sie nahm die Hand des Mädchens und drückte sie. Sie war selbst nicht mit Kindern gesegnet, daher war Jane fast wie eine Tochter für sie. Sie standen sich sehr nahe, und der Gedanke, dass ihrer Nichte etwas zustoßen könnte, war ihr unerträglich. „Bist du krank?“
Jane schüttelte den Kopf. „Wenn es nur das wäre. Nein, ich bin verliebt!“
Elisabeth hätte vor Erleichterung beinahe laut aufgelacht. Aber ihre Nichte blickte so unglücklich drein, dass sie sich das Lachen verkniff. Damit hätte sie alles nur schlimmer gemacht. „Jane, Liebling. Ist das alles?“
„Alles? Tante Bess, es ist schrecklich!“, rief sie. „Meine Eltern wollen, dass ich Sir Thomas Sheldon heirate. Sie hören mir nicht einmal zu, wenn ich sage, dass ich mich bereits mit Walter verlobt habe. Sie haben mich letzte Woche beim Abendessen auf Sir Thomas’ Anwesen zur Verlobung mit ihm gezwungen. Es war schrecklich!“
Sir Thomas Sheldon. Elisabeth überlief es eiskalt. Niemals! Selbst ihr Schwager konnte doch nicht derart grausam sein? Die liebe, unschuldige Jane, verheiratet mit Sheldon? Sein Ruf eilte ihm in ganz London voraus. Er war grausam und kaltherzig, selbst nach den Maßstäben des Hofes. Er zerstörte das Leben Unschuldiger und eignete sich Vermögen an, wo immer er konnte, er war bereits zwei Mal verheiratet gewesen und hatte seine beiden Ehefrauen beerdigt. Hinter vorgehaltener Hand hieß es, sie seien an den Folgen seiner Misshandlungen gestorben. Aber er war gerissen und hatte noch keines Verbrechens überführt werden können. Sein unermessliches Vermögen schützte ihn.
Jane durfte ihn nicht heiraten! Sie hatte recht – es war wirklich entsetzlich.
„Er hat ihnen eine Menge Geld für meine Hand geboten“, berichtete Jane schluchzend. „Und Walter …“
Elisabeths Gedanken kreisten noch immer darum, dass ihre Nichte an einen Lustmolch und Betrüger verschachert werden sollte. „Wer ist Walter?“
Ein Funke Hoffnung ließ Janes Miene sich aufhellen, sie lächelte. „Walter Fitzsimmons. Oh, Tante Bess, er ist ein wunderbarer Mann! Er ist der Neffe des Viscount of Carrick, und er hat eine gute Position und eigene Ländereien – wenn er auch nicht so wohlhabend ist wie Sir Thomas. Ich habe Walter in der Stadt
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