Historical Collection Band 01
ihn wie einen Helden bewundert. Kein anderer Mann im gesamten Empire verfügte über Sutcliffes Kenntnisse bezüglich der Stämme Nordafrikas.
Von den Söldnern des Scheichs ermordet zu werden, war wahrlich ein schändlicher Tod für einen so wichtigen Mann. Und dass Sutcliffes Tochter gefangen genommen wurde und, weiß der Himmel, welchen Gräueltaten ausgesetzt gewesen war, kam einem Schlag ins Gesicht gleich für das britische Imperium. Aber Alex war aus viel persönlicheren Gründen zornig auf den Scheich und Bassam und dürstete nach Rache. Wie hatten sie Susannah während ihrer Gefangenschaft gequält? Einer Frau brauchte nicht Gewalt angetan zu werden, damit sie sich erniedrigt und gedemütigt fühlte. Als er sie letzte Nacht gepackt hatte, hatte er einen Moment lang Angst in ihren Augen gesehen.
Selten war er von den Liebkosungen einer Frau so besessen gewesen. Wieder konnte er die Stärke seines Verlangens kaum fassen – nicht nur, sie zu besitzen, sondern der Einzige zu sein, der es tat. Das brachte ihn zurück zu seinen ursprünglichen Gedanken.
Sie war Sutcliffes Tochter, und er war ein Engländer, der sich an einen bestimmten Verhaltenskodex zu halten hatte. Im Rausch der Leidenschaft hatte er ihr die Jungfräulichkeit geraubt. Und aufgrund ihrer Herkunft konnte sie nicht sein wie seine üblichen Geliebten, an denen er sich für kurze Zeit erfreute und die er vergaß, sobald die Erregung nachließ. Susannah würde gewiss mehr von ihm verlangen. Das Seltsame war allerdings, dass ihm zum ersten Mal in seinem Leben der Gedanke einer endgültigen Bindung an eine Frau nicht völlig lächerlich erschien.
Eine Fanfare ertönte, die den Beginn der Wettkämpfe signalisierte. Alex ging auf die großen Zelte des Scheichs zu, wo die Männer sich bereits für die traditionellen Spiele zusammenfanden. Er entdeckte mühelos Crispins hochgewachsene Gestalt mitten unter ihnen. Die Zeit zu handeln war gekommen. Bevor er darüber nachdenken konnte, was eine gemeinsame Zukunft mit Susannah bringen mochte, musste er sie erst einmal gewinnen.
* * *
D ie Aktivitäten des moussem sagten Alex’ und Crispins Absichten ausnehmend gut zu. Spiele und Geschicklichkeitsübungen gaben ihnen die Gelegenheit, ein kameradschaftliches Verhältnis zu den anderen Männern zu schaffen. Sie zögerten nicht, an allem teilzunehmen. Sie gaben ihr Talent im Messerwerfen zum Besten. Sie prüften die Pferde, die andere Scheichs in der Hoffnung mitgebracht hatten, beim Rennen einzusetzen oder einzutauschen. Auf diese Weise unterstrichen sie noch ihre Behauptung, Pferdehändler zu sein.
Als die Nacht kam und die traditionelle Wasserpfeife in Bitars Zelt herumgereicht wurde, war Alex, als hätten sie es geschafft, von den anderen akzeptiert zu werden. Am Abend davor waren sie aus Höflichkeit eingeladen worden, aber heute gehörten sie dazu, da sie durch ihre Kraft und ihr Geschick bewiesen hatten, dass sie es wert waren. Alex’ hervorragenden Arabischkenntnisse hatten nicht wenig dabei geholfen. Außerdem trugen sie Beduinengewänder, was es Bitar noch erschweren sollte, sich daran zu erinnern, dass sie nicht wirklich zu ihnen gehörten. Diese Strategie hatte in all den Jahren gute Ergebnisse gebracht, und auch heute setzte Alex sie bewusst ein.
Heute Abend würde es sich entscheiden. Alex wusste, worüber die Männer im Zelt reden sollten. Sie sollten eigentlich über Politik und die Geschäfte ihrer Stämme reden. Wenn sie es nicht taten, dann hatten er und Crispin die Prüfung nicht bestanden. Er nahm sich eine Dattel und nutzte die Bewegung, um sich unauffällig nach Susannah umzusehen. Den ganzen Tag war sie nicht aufgetaucht. Zwar hatte ihn das enttäuscht, aber erwartet hatte er eigentlich nichts anderes. Ihre Aufgabe war es, nachts zu erscheinen. Seine Erregung stieg in freudiger Erwartung. Gelassen steckte er die Dattel in den Mund, sich nur allzu sehr Bassams Blicken bewusst. Der Mann hatte ihn den ganzen Tag über beobachtet.
„Der Emir von Mascara hat uns gebeten, zu ihm zu stoßen“, sagte ein Mann neben Alex zu Bitar. „Werden Sie von hier nach Mascara weiterreisen?“ Bitar schüttelte den Kopf und spuckte aus. Sein Ton war spöttisch. „Nein, ich werde nicht zu diesem ungläubigen Hund stoßen. Er nennt seinen Aufstand einen heiligen Krieg, aber er ist nur eine List, um uns seinem Willen zu unterwerfen. Er will mehr als der Emir einer Stadt sein, er will der König über alles sein.“
„Sorgt Ihr Euch nicht wegen der
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