HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
des Gatten sich vor dem Sternenhimmel abzeichnen sah. Wider Willen erleichtert, machte sie die Augen zu, atmete bewusst gleichmäßig und gab zu schlafen vor. Sie hörte ihren Mann das Zelt betreten und die Plane herunterfallen.
„Mary?“ Seine leise Stimme klang rau.
Mary hielt die Lider geschlossen.
„Schläfst du schon?“ Er wartete einige Sekunden und wandte sich dann murmelnd ab, da sie ihm nicht geantwortet hatte.
Sie hörte einen eigenartig dumpfen Plumps, kurz darauf Camerons Stiefel zu Boden poltern, erst den einen, dann den anderen, und schließlich das Klicken der Gürtelschnalle und das Rascheln der Khakihosen. Dann herrschte Stille. Erinnerungen an die Nacht in der Bucht kamen Mary in den Sinn, und sie sah Cameron wieder im flachen Uferwasser stehen, wo das Mondlicht seinen wundervollen Körper in silbriges Licht getaucht hatte. Klopfenden Herzens versuchte sie, das Bild zu verdrängen, doch der Verstand gehorchte ihr nicht. Die schimmernde Vision verschwamm einen Moment und nahm dann wieder klare Gestalt an. Mary wusste, wenn sie die Augen öffnete, würde sie den Gatten wieder so sehen wie damals.
Nein! Sie erschauerte ob des unangebrachten Weges, den die Gedanken genommen hatten. Ihre Zukunft stand auf dem Spiel, ganz zu schweigen von Jennifers. Es war ausgeschlossen, jetzt einer törichten Laune nachzugeben, dann heimzureisen und Mr. Tarrington-Leigh über ihre Beziehung zu Cameron zu belügen. Das verführerische Bild wollte jedoch nicht von ihr weichen und quälte sie mit seiner Sinnlichkeit. Es konnte kein Vergehen sein, wenigstens einmal zu blinzeln. Vorsichtig öffnete Mary ein Auge.
Im Zelt war es dunkel, doch nicht so sehr, als dass sie nichts hätte erkennen können. Sie sah den Gatten gesenkten Kopfes am Fußende der Pritsche stehen.
Plötzlich seufzte er schwer und sagte: „Wir haben uns nie eine Chance gegeben, nicht wahr, Mary?“
Seine Stimme klang so leise, dass Mary sie nie vernommen hätte, wäre sie wirklich eingeschlafen gewesen.
„Wir haben uns nur einmal in einer leidenschaftlichen Begegnung gefunden. Dann bin ich auf und davon und habe dich, ein junges, halb erwachsenes Mädchen, in einer scheußlichen Klemme sitzen gelassen.“
Innerlich zitternd, hörte Mary dem Gatten zu und befürchtete, schwach zu werden.
Er holte tief Luft und murmelte: „Jetzt ist es für Entschuldigungen zu spät. Selbst wenn du wach wärest, würdest du mich nicht anhören wollen. Aber ich will, dass du weißt, wie leid mir alles tut, ob es dir nun hilft oder nicht. Wenn man jung ist, begeht man manche Dummheit, und was ich getan habe, war sehr dumm. Verdammt, Mary, ich hätte nicht in Darlmoor bleiben können, nicht einmal dir zuliebe. Ich glaubte, auf der Schaffarm meines Stiefvaters und in der engstirnigen Mentalität dieser Kleinstadt verrückt zu werden.“
Mary war nicht mehr imstande, still zu bleiben, und hob, überwältigt von viel zu lange unterdrückten Gefühlen, den Kopf.
Cameron hielt den Atem an, als er merkte, dass sie ihm zugehört hatte. Er ging zu ihr und hielt, linkisch die Hände hebend, als müsse er sich verteidigen, vor ihr an. Beklommen schaute sie ihn an und spürte, dass etwas in ihr zum Ausbruch drängte, ohne indes zu wissen, was es war. „Im Gegensatz zu damals begreife ich jetzt, was du empfunden haben musst, Cameron“, erwiderte sie spröde. „Nachdem ich dir gestanden hatte, dass ich dein Kind unter dem Herzen trage, hast du mich auf eine furchtbare Weise angesehen, ganz so, als würdest du mich hassen.“
„Nein!“, warf er hastig ein. „Dich habe ich nie gehasst, Mary. Ich bin mir nur wie in einer Falle vorgekommen, wie mit Fußketten an dieses verdammte Darlmoor gefesselt, das war alles.“
„Und ich war so gutgläubig.“ Mary setzte sich auf und schlang die Arme um die hochgezogenen Knie. „Ich dachte, das Kind würde für dich einen großen Unterschied machen und dich zum Bleiben bewegen. Ich hätte es besser wissen müssen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr du mir wehgetan hast.“
Cameron setzte sich auf die Pritsche und starrte mit unergründlicher Miene in die Dunkelheit. „Du hast doch gehört, dass ich sagte, es täte mir leid.“
„Ich akzeptiere deine Entschuldigung. Aber sie kam zu spät. An der Vergangenheit lässt sich nichts mehr ändern.“
„Nein.“ Er versank in Schweigen, das zunehmend bedrückender wurde.
Mary ahnte den in ihm tobenden Gefühlsaufruhr und wappnete sich innerlich gegen den Ausbruch. Sie
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