HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
Jagdgehilfen nennen.“
Zu erschüttert, um die Bemerkung lustig zu finden, sah Mary finster den Gatten an und fragte zaghaft: „Was hättest du getan, wenn das Rhinozeros auf uns losgestürmt wäre?“
„Ich hätte versucht, es durch einen Schuss in die Flucht zu treiben. Das Kaliber des Gewehres genügt zwar für Raubkatzen und Antilopen, doch ein Nashorn könnte ich nie damit töten.“
„Und wenn es sich nicht hätte abschrecken lassen?“
„Nun, mein Liebe, dann wäre ich um mein Leben gerannt und hätte dir das Gleiche geraten.“
„Nein, du wärest geflohen und hättest mich mir selbst überlassen.“
„Ja, vielleicht hätte ich das wirklich getan. Doch jetzt bin ich Gentleman und helfe dir auf die Füße.“ Rau lachend, reichte Cameron der Gattin die Hand.
Sie ließ sich von ihm hochziehen, und einen Herzschlag lang löste sie sich nicht von ihm. Ihre Blicke trafen sich, und sie versuchte, die in ihr erwachende Wärme nicht zu beachten. Doch es gelang ihr nicht, und verlegen spürte sie, dass ihr die Röte in die Wangen stieg.
„Nanu, Mary Margaret, du bist rot geworden! So wie ich dich kenne, hätte ich das nie für möglich gehalten.“ In Camerons Stimme hatte ein boshafter Unterton mitgeschwungen.
Ein seltsam schwereloses Gefühl hatte Mary überkommen. Sie merkte, dass sie noch roter wurde, und entzog hastig Cameron die Hand.
Er lachte wieder, doch es klang nicht belustigt. „Die junge Mary, Richter Owens Töchterchen! Wie unberechenbar du doch bist! Kaum hatte ich gedacht, ich würde dich kennen …“ Der eisige Blick der Gattin brachte ihn zum Schweigen.
„Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich kein Kind mehr bin. In einem Punkt hast du indes recht. Du hast wirklich keine Ahnung von meinem Charakter und wirst mich nie begreifen.“
Nun wurde auch Camerons Blick eisig. „Ja, Mary, ich glaube, ich habe dich tatsächlich nie richtig gekannt, höchstens oberflächlich, und das im wahrsten Sinne des Wortes!“
„Du widerlicher, unerträglicher Kerl!“ Wütend hielt Mary inne, da der Gatte sich längst abgewandt hatte, ein Stück vorausgegangen war und den Eingeborenen in Swahili scharfe Befehle erteilte.
Einige der Träger und Askaris hatten ihre Ausrüstung zu Boden fallen lassen, sich daneben gehockt und ausgeruht. Träge standen sie auf, dehnten die verspannten Glieder und hoben die schweren Bündel wieder auf die Köpfe. Langsam formierte sich der Zug und setzte sich gemächlich in Bewegung.
Zornig stapfte Mary hinter dem Gatten her. Er war ein respektloser, unverschämter Barbar und sie eine weltfremde Törin, überhaupt etwas für ihn zu empfinden. Verglichen mit Arthur Tarrington-Leigh war er ein ungehobelter Klotz. Plötzlich fiel ihr auf, wie wenig sie in den vergangenen vier Tagen an ihren Verehrer gedacht hatte, und sie versuchte, sich sein liebes, sanftes Gesicht, das ergrauende Blondhaar und den gepflegten Schnurrbart vorzustellen, doch das Bild nahm keine klaren Konturen an. Das würde anders sein, sobald sie Afrika verlassen hatte und nach der Reise in Tilbury mit Jennifer in Mr. Tarrington-Leighs ausgebreitete Arme eilte. Sobald sie ihm das Jawort gegeben hatte, würde alles ganz anders sein. Dann war jeder ihrer Pläne Wirklichkeit geworden.
Bei jedem Schritt musste sie die Furcht unterdrücken, dass der Tochter noch größere Unbill als bisher zugestoßen sein könne. Sie musste sie finden und in Sicherheit bringen. Ohne sie hatte sie keinen Anlass mehr, über die Zukunft nachzudenken und weiterleben zu wollen.
Die Sonne stach, doch Cameron ließ nur in zweistündigem Abstand rasten. Nachmittags hatte Mary stark geschwollene Füße und fühlte sich der Erschöpfung nahe. Das feuchte Haar hing ihr in die Stirn; die verschwitzten Sachen klebten ihr auf der Haut, und Augen, Nase und Mund waren staubverkrustet. Schritt für Schritt begann sie, den Gatten zu hassen, und malte sich aus, wie schreiende Kannibalen ihn überfielen und verschleppten oder er von einer riesigen Python umschlängelt und bei lebendigem Leibe erdrückt wurde. Die Vorstellung war so köstlich, dass Mary jäh zusammenzuckte, als ein Askari einen Warnruf gab.
Sie schaute an ihrem Mann vorbei und bemerkte inmitten der wabernden Hitzewelle eine dunkle Silhouette, die sich schwankend bewegte und langsam, begleitet von einem seltsamen Geläut, näher kam. Erst nach einer Weile erkannte sie, dass es sich um mehrere hochwüchsige Gestalten handelte, die Speere und bemalte Schilde
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