HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
ihn unvorstellbar reich gemacht, aber gegen Marys blühendes junges Leben und die Süße ihrer Liebe aufgewogen, war es so wertlos wie Staub. Und außerdem hatte er zwei kräftige Arme und viele Möglichkeiten, sich seine Zukunft zu gestalten. Er würde härter arbeiten denn je im Leben. Vielleicht konnte er mit seiner Famlie nicht auf großem Fuße leben, doch darben würden sie gewiss nicht müssen. Sie würden ein schönes Heim ihr Eigen nennen, und die Gattin musste nie mehr Logiergäste bei sich aufnehmen.
Cameron fühlte sich beglückt, während er mit raschen Schritten voranging, vor Eifer alle Vorsicht außer Acht lassend. Denn bald würde er die Gemahlin in den Armen halten.
Als Mary merkte, was geschah, hatte Suleiman sie bereits am ledernen Halskragen gepackt und ihr die harte, übel riechende Hand auf den Mund gepresst, so dass sie den Gatten nicht mehr vor der Falle warnen konnte. In hilflosem Entsetzen beobachtete sie, wie zwei mit Pangas bewaffnete Swahili sich zu beiden Seiten des Pfades versteckten. Sie ahnte, was passieren würde, hatte indes keine Möglichkeit, es zu verhindern.
Hassan bedachte sie mit einem langen Seitenblick. „Dein Mann ist ein größerer Trottel, als ich gehofft hatte“, murmelte er. „Ich bezweifele, dass er ein guter Sklave sein würde. Er würde nur Ärger machen. Nein, meine stolze Schöne, du wirst zusehen, wenn er stirbt.“
Vergebens sträubte sie sich gegen Suleimans eisernen Griff. Sie wollte ihn beißen, doch seine Finger pressten ihr den Mund zu. Sie konnte nichts tun.
Cameron kam zuversichtlich den Weg vom Abhang herunter und gab sich keine Mühe, geräuschlos zu sein.
Mary blieb fast das Herz stehen, als er zwischen zwei Felsbrocken erschien, Murchisons Karte in der Hand.
Er sah die Gattin und begriff, doch es war schon zu spät. Die beiden Swahili sprangen auf ihn zu, und rasch versuchte er noch, in Deckung zu gehen. Er vermutete, dass Hassan den Befehl gegeben hatte, ihn lebend zu fangen, denn sonst hätten ihn die Schwarzen bestimmt in Stücke gehauen. Es kam zu einem Handgemenge, bei dem er im Gesicht und an den Armen verletzt und schließlich überwältigt wurde.
Hassan hob das heruntergefallene Papier auf, entfaltete und betrachtete es gierig. Dann schlenderte er zu dem Gefangenen, dem die beiden Eingeborenen die Arme auf den Rücken gebogen hatten. Verächtlich hob er eine buschige Braue und spuckte ihm ins Gesicht. „Das war für alle Engländer!“, sagte er abfällig. „Ich habe keine Verwendung mehr für dich. Lebend würdest du nur ein Ärgernis sein. Du wirst zuschauen, wie Suleiman dein Weib schändet. Und dann wird es mir ein wunderbares Vergnügen sein, dich langsam sterben zu sehen.“
Cameron legte den Kopf in den Nacken und schrie mit letzter Kraft: „Jetzt, Jenny!“ Der Schrei hallte durch den Engpass, doch im nächsten Moment wurde Cameron von einem Gewehrkolben hart im Magen getroffen. Nach Atem ringend, krümmte er sich.
Hassan grinste triumphierend.
Suleiman lachte, und sein fauliger Atem streifte Marys Wange.
Im ersten Augenblick war das von der Halde herunterdringende Geräusch der herabfallenden Steine nicht sehr laut zu vernehmen. Es klang wie ein Rumpeln, das bald zu einem Grollen und dann zu einem markerschütternden Gepolter wurde. Sekundenlang starrten alle aus der Talsohle nach oben.
Suleimans Griff hatte sich gelockert. Mary erhaschte einen Blick auf einen kleinen blonden Kopf, der sich an sicherer Stelle über den herabrollenden Gesteinmassen befand. Mit aller Kraft biss sie Suleiman in die Hand, rammte ihm den Ellbogen in die Rippen und wich hastig zur Seite. Er schnappte nach Luft und krümmte sich ächzend nach vorn.
Cameron kämpfte mit seinen Bewachern, schlug einen von ihnen nieder und riss dem anderen das Panga aus der Hand.
Scharfkantige Felsbrocken prasselten wie Gewehrfeuer auf die Köpfe der Araber und Swahili nieder. Die Sklaven nutzten die Gelegenheit des allgemeinen Durcheinanders, bewegten sich in einer langen, durch die Ketten verbundenen Linie durch das Lager und trampelten alles zu Boden, das sich ihnen in den Weg stellte. Die Zelte brachen zusammen. Der Pfahl, an dem die Kette befestigt war, die Mary am Hals trug, wurde aus der Erde gerissen.
Mary war frei und versuchte verzweifelt, zum Gatten zu gelangen, wurde jedoch in dem Chaos zur anderen Seite der Schlucht abgedrängt.
Die Sklaven jubelten und sangen, rissen im Schlamm liegende Waffen an sich und trieben ihre verstörten Peiniger
Weitere Kostenlose Bücher