HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
Zusammenstoß mit den Derwischen sprach er kaum noch mit ihr. Er war nur noch daran interessiert, sie so schnell wie möglich heimzubringen.
Natürlich bewunderte sie seine Entschlossenheit, doch sie wünschte sich auch, dass sein Enthusiasmus ein wenig nachließe. Schließlich waren Ali und sie keine so erfahrenen Wüstenreisende wie er, und was er ihnen abverlangte, brachte sie fast um.
Im Augenblick hatte der Amerikaner aus unerfindlichem Grund sein Kamel angehalten und schaute gen Westen. Überrascht, dass es etwas gab, das Jed von seinem Ziel abzulenken vermochte, blickte Victoria in dieselbe Richtung. Außer ein paar Wolken in weiter Ferne sah sie freilich nichts Ungewöhnliches.
„Jed, stimmt etwas nicht?“ Tiefe Sorgenfalten furchten seine gewöhnlich glatte Stirn und erschreckten Victoria. Selbst mitten im Chaos von Khartum hatte sie den Amerikaner nicht so beunruhigt erlebt.
„Ich glaube, ein Unwetter kommt auf uns zu. Es könnte uns gefährlich werden, wenn wir nicht darauf vorbereitet sind. Ali, wir gehen kein Risiko ein. Wir halten hier.“
„Ein Gewitter? Selbst ich weiß, dass es in der Wüste zu dieser Jahreszeit nicht regnet“, spottete Victoria.
„Kein Gewitter, Vicky, sondern ein Unwetter, ein Sandsturm. Glauben Sie mir, wenn die vom Wind getriebenen Sandkörner Ihre Haut zerfetzen, wenn Sie nichts mehr sehen und nicht mehr atmen können, würden Sie gern auf diese Erfahrung verzichten. Wenn wir Glück haben, irre ich mich, doch wir müssen uns sicherheitshalber darauf vorbereiten.“
„Das ist doch noch weit weg“, meinte sie und blickte wieder zu der Staubwolke, die zu ihrer Verblüffung wesentlich größer war als noch vor einer Minute. „Oh, ich glaube, Sie haben recht. Die Wolke wächst.“
„Wir dürfen keine Zeit verlieren. Holen Sie die Decken, während Ali und ich die Tiere so aufstellen, dass sie uns etwas Windschutz bieten“, sagte Jed, zwang Victorias Dromedar, sich hinzuknien, und half ihr herunter. „Ali, wenn wir die Kamele dicht beieinander im Dreieck aufstellen, müssten sie uns vor dem Schlimmsten abschirmen.“
„Ja, von solchen Schutzständen habe ich schon gehört.“ Ali stieg wegen seiner noch schmerzenden Schulter ein wenig steif ab und bemühte sich, sein Kamel so zu dirigieren, wie Jed es empfohlen hatte.
„Und was schützt die Tiere?“, fragte Victoria.
„Keine Sorge, die sind von Natur aus fähig, mit den Gefahren der Wüste fertig zu werden. Mit ihrem dicken Fell und den schützenden Lidern haben sie es besser als wir“, meinte Jed. „Gemessen daran, wie schnell sich der Himmel verdunkelt, sind wir die Schutzbedürftigen.“
„So schlimm kann es doch wohl nicht werden.“
„Das werden Sie noch früh genug merken. Jetzt kauern Sie sich erst einmal auf den Boden, machen Sie sich so klein wie möglich und drücken Sie sich gegen Ihr Kamel. Wickeln Sie die Decke fest um Ihren Körper. Falls der Sturm auch nur eine Ecke davon erfasst, reißt er sie davon, und Sie sind dem schneidenden Sand ausgesetzt.“
Als Jed ihren immer ängstlicheren Blick sah, bedauerte er seine schroffe Warnung, doch er durfte es nicht riskieren, dass Victoria unvorsichtig wurde, zumal seine eigene Unvorsichtigkeit sie beinahe das Leben gekostet hätte. Sanft zog er ihr die Kapuze ihrer Gallabije über den weichen Hut, der auf ihrem Kopf saß, und steckte ein paar lose Strähnen darunter fest. „Ich wollte Sie nicht unnötig verängstigen, Vicky, doch die Wüste ist eine feindselige Umgebung, und bei einem Sandsturm will ich Ihretwegen nichts riskieren.“
Victoria beantwortete seine unerwartete Freundlichkeit mit einem kleinen Lächeln. Sie fasste es kaum, dass dies derselbe Mann war, der sie während des Trecks ständig herumgestoßen und dann überhaupt nicht mehr mit ihr geredet hatte, nachdem sie ihm für die Lebensrettung danken wollte. Dennoch hatte er sie des Nachts weiterhin neben sich schlafen lassen, so dass sie sich an ihm hatte wärmen können.
Ali unterbrach ihre Gedankengänge. „Jed, man kann kaum noch die Sonne sehen. Machen Sie sich bereit, Victoria.“
Gehorsam ließ sie sich in den Sand fallen, wickelte sich in die enggewebte Decke ein und kroch zu den Kamelen.
„ Vicky, machen Sie die Augen zu, bedecken Sie Ihr Gesicht und lassen Sie auf keinen Fall die Decke los. Ich liege direkt neben Ihnen.“
Bald hörte Victoria nichts mehr außer einem tiefen Pulsieren, aus dem langsam ein lautes Heulen wurde. Sie drückte die Augen fest zu, spürte
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