HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
viel. Als sie die Schüsse hörte, wusste sie nur zu gut, was das bedeutete. Hätte sie das Tier kontrollieren können, wäre es jetzt noch am Leben. Und wenn Jed mich nicht kontrolliert hätte, wäre ich vielleicht ebenfalls tot, dachte sie erschaudernd. Wieder einmal war der Amerikaner zu ihrem Lebensretter geworden.
Unterdessen lud Jed schon Satteltaschen und Decken ab. „Wir verstauen alles auf deinem Tier, Ali. Victoria wird mit mir reiten.“
„Was ist mit den gefüllten Wasserschläuchen?“, fragte der Ägypter.
„Entleere sie in den Sand und vergrabe sie. Wir dürfen sie nicht weiterverwenden und so die Verseuchung zu anderen Quellen tragen.“
„Jed …“
Als er Victorias Stimme hörte, drehte er sich besorgt zu ihr um. „Ihnen geht es doch gut, Vicky? Melden sich irgendwelche Symptome bei Ihnen?“
„Nein, es ist alles in Ordnung. Mir ist es nur peinlich, dass ich an Ihnen gezweifelt habe“, gab sie leise zu. „Seit Sie mich befreiten, hatten Sie immer recht, und ich stritt ständig mit Ihnen. Es bedeutet vielleicht nicht viel, doch ich bedaure das sehr, Jed. Und ich danke Ihnen dafür, dass Sie mir das Leben gerettet haben – wieder einmal.“
„Zählt hier jemand mit?“, fragte er und lachte auf.
„Ja, ich“, erklärte Victoria. Jed sollte genau wissen, was sie empfand; sie war des ewigen Versteckspiels müde. „Ich weiß, dass Sie mich als verwöhnte Debütantin betrachten, und vielleicht war ich das auch, doch ich versuche mich zu ändern.“
„Und das machen Sie bewundernswert gut“, räumte Jed ein. Obwohl er sie eigentlich nicht mehr berühren wollte, strich er ihr eine Haarsträhne aus der Stirn und ließ seine Finger sogar noch ein wenig an ihrer Wange ruhen, bis er sich schließlich zwang, seine Hand zurückzuziehen.
„Helfen Sie mir, das Gepäck zu Alis Kamel zu tragen“, sagte er und hoffte, dass sein Befehlston das Verhältnis wieder so gestaltete, wie es gewesen war, bevor er Victoria berührt hatte.
Victoria beobachtete Jed dabei, wie er das zusätzliche Gepäck auf den Kamelrücken lud. Wieder bewunderte sie seine Stärke und seine Rücksicht, mit der er Ali half. Hayden hätte gewartet, bis ein Diener das für ihn tat, doch Hayden war ja auch ein Gentleman, und Jed war nur ein Mann, einer, der nicht befürchten musste, die Gesellschaft durch sein Verhalten oder seine Meinung zu beleidigen.
„ Victoria.“ Jed stand vor ihr und benutzte ihren vollen Namen – warum? „Ich helfe Ihnen beim Aufsitzen. Hoffentlich wird es für Sie nicht zu unbequem.“
„Sie haben mich ‚ Victoria‘ genannt.“
„Ist Ihnen das nicht lieber?“, fragte er und lächelte unsicher, als wüsste er nicht genau, wie sie reagieren würde.
„‚ Victoria‘ ist genehm, es sei denn, Sie möchten mich mit ‚Queen Victoria‘ anreden“, meinte sie lachend, weil sie sich an ihr hochherrschaftliches Verhalten während der ersten Tage ihres Zusammenseins erinnerte.
„Nein, Sie sind viel zu dünn, um diesen Titel auszufüllen“, gab er lächelnd zurück. Im nächsten Moment saß er hinter ihr auf dem Kamel und ließ es aufstehen.
Später an diesem Nachmittag merkte Victoria, dass sie kaum noch die Augen offen zu halten vermochte, weil sie es so bequem hatte. Als sie noch für ihr eigenes Kamel verantwortlich gewesen war, musste sie ständig aufpassen; jetzt konnte sie sich an Jeds breite Brust lehnen und brauchte sich um nichts zu kümmern. Außerdem war es so fürchterlich heiß, als säße sie in einem Backofen.
„Jed, haben wir noch ein paar Tropfen Wasser übrig? Ich bin so fürchterlich ausgedörrt …“
Jed blickte zu ihr hinunter und sah bestürzt, dass ihr Gesicht gerötet und ihre Haut feucht war. Hatte sie etwa doch das Gift aus dem verseuchten Wasser aufgenommen? Zeigten sich jetzt die ersten Symptome? Oder litt sie vielleicht an Sonnenstich oder Wasserentzug? In jedem Fall ließ sich wenig tun, bevor nicht die nächste Oase erreicht war, und das würde noch mindestens drei oder vier Stunden dauern.
„Ein kleines bisschen könnte noch da sein.“ Er hielt das Kamel an, griff in eine der Satteltaschen und holte den Behälter heraus. Sorgfältig legte er ein Tuch über die Öffnung und drehte das Gefäß dann um. Ein paar Tropfen fielen in das Tuch, das er Victoria reichte. „Saugen Sie eine Weile daran. Das müsste ein wenig helfen. Tut mir leid, doch mehr kann ich nicht tun.“
Das ist genug, dachte Victoria. Jed beschützte sie tatsächlich, und nur das
Weitere Kostenlose Bücher