HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
schon in Ordnung.“ Sie ließ sich von ihm in den Sattel helfen und blickte glücklich zu dem Amerikaner hinunter. Seitdem sie Frieden geschlossen hatten, störte der Spitzname sie nicht mehr.
„Wie Sie meinen, Vicky.“ Jed war sich des ihm zugestandenen Privilegs bewusst. Rasch schwang er sich hinter ihr in den Sattel, legte ihr einen Arm um die Taille und brachte das Kamel auf die Beine.
Zur Mittagsstunde ließ Jed halten. Victoria fand, dass der Tag überraschend schnell vergangen war. Sie hatten einen Bogen um das Lager der Derwische geschlagen und waren dann in nordöstlicher Richtung dem Nil entgegengezogen. Unterwegs hatte sie Jed überredet, von seiner Jugend in Kentucky und von seiner späteren Zeit als Erwachsener zu erzählen.
„Sie behaupten also, Jed Kinkaid würde tatsächlich Abendgarderobe tragen?“, neckte sie, während sie Dörrfleisch und – obst zum Mittagessen auspackte. „Das glaube ich einfach nicht.“
„Meine bevorzugte Abendgarderobe ist gar nichts“, erklärte er frech lächelnd und setzte sich neben sie in den Sand. „Wenn ich allerdings aus dem Haus gehen muss, ziehe ich Freizeithose und Baumwollhemd an.“
„In Gesellschaft von feinen Damen reicht das doch nicht.“
„Manchmal lege ich natürlich auch formelle Kleidung an.“ Jed verzog das Gesicht. „Auf den Tanzboden würde ich mich allerdings nie wagen.“
„Ach kommen Sie, Jed. Sie reiten doch so anmutig.“
„Ja, da macht ja auch das Pferd die Schritte.“
Victoria kam eine Idee. „Wir befinden uns hier nicht in der Öffentlichkeit, und der Tanzboden ist unbegrenzt. Ali, würden Sie für uns den Takt schlagen? So: Eins, zwei, drei. Eins, zwei, drei.“
„Gern, Victoria.“ Der Ägypter glaubte nicht an ihren Erfolg. Kinkaid beim Tanz? „Eins, zwei, drei. Und eins …“
„Hör auf, Ali.“
„Nein, zählen Sie weiter. Kommen Sie, Jed, das macht Spaß.“
„Seien Sie nicht albern, Vicky. Ich habe kein Gefühl für Rhythmus, und für Alis Musikersatz schon gar nicht. Außerdem sind wir beide unterschiedlich groß, und wir stolpern im Sand. Im Übrigen haben wir keine Zeit. Wir müssen heute noch bis an den Nil kommen.“
„Jed, wir haben eben erst angehalten, und gewöhnlich machen wir mittags mindestens drei Stunden Rast. Ich habe ja Verständnis dafür, wenn Sie Angst …“
„Angst?“, fiel er ihr ins Wort. „Das ja wohl kaum.“
„Doch, das ist es. Sie glauben, Ali und ich würden lachen. Falls wir das wirklich tun, dann vergessen Sie nicht, dass Tanzen ein Vergnügen sein soll.“
„Ich kann mir ein größeres Vergnügen vorstellen“, meinte Jed.
„Seien Sie doch nicht so stur. Wir sind tagelang geritten, und meine Beine sind ganz steif. Ein Walzer würde sie wieder beweglich machen.“ Sie streckte ihre hübschen Beine, erhob sich langsam, warf ihre Locken in den Nacken und tat, als schmollte sie. „Wenn mein Wohlbefinden Sie natürlich nicht kümmert …“
Leider blieb Jed trotz ihrer weiblichen List sitzen.
„Kommen Sie her, und zeigen Sie mir, wie wenig wir zusammenpassen“, forderte sie, packte ihn bei der Hand und zog ihn in die Höhe.
„Eins, zwei, drei. Und eins, zwei …“, zählte Ali weiter.
„Sehen Sie, so übel ist es doch gar nicht.“
„Falls Sie es nicht bemerkt haben – bis jetzt stehen wir noch still.“
Victoria entschloss sich zu aggressiverem Vorgehen. Sie nahm seine Hand und legte sie sich um die Taille.
„Hm, das fühlt sich gut an“, murmelte er.
„Es wird sich gleich noch besser anfühlen. Jetzt nehmen Sie meine linke Hand in Ihre rechte!“
„Was denn – ohne Handschuhe und ohne Anstandsdame?“
„Das ist nicht unschicklicher, als wenn wir zusammen auf einem Kamel reiten.“ Beim Reiten oder auch beim Gehen bewegte sich Jed überaus anmutig, und das traf sicherlich auch aufs Tanzen zu. Victoria vermutete sogar, dass der Amerikaner ein besserer Tänzer als Hayden war, der sich eher steif und beherrscht auf dem Tanzboden bewegte.
„Entspannen Sie sich, Jed. Bewegen Sie erst einen Fuß, dann den anderen.“
„Eins, zwei, drei und eins, zwei, drei …“
„Eine Melodie würde mich mehr inspirieren, Ali“, meinte Jed.
„Ägyptische Musik eignet sich nicht zum Walzertanzen“, entgegnete der Krämer. „Andere hilft dir doch vermutlich auch nicht.“
„Ali hat recht, Jed.“ Sie zog ihn dichter zu sich heran und summte ihm eine Melodie ins Ohr, während Ali weiterzählte. „Ihr Körper muss auf meine Bewegungen
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