HISTORICAL EXCLUSIV Band 17
vor Furcht. Selbst nach dem vielen Regen konnte es sich unter den Holzbauten, aus denen Miner’s Gulch bestand, schnell ausbreiten. Im Nu hatte sie vergessen, wie krank sie war. Sie stürzte zum Vorderfenster, schob die Vorhänge zurück und blickte zur Straße hinunter.
Eigentlich hatte sie erwartet, dort ein brennendes Gebäude zu sehen und die Einwohner des Ortes, die eine Kette bildeten und sich Kübel mit Wasser aus dem Bach zureichten. Stattdessen sah sie ein Lagerfeuer, das hoch aus Holzstücken aufgeschichtet war und direkt vor dem Laden brannte.
Eine dunkle Vorahnung beschlich Sarah, während sie die drei Männer beobachtete, die dort zusammenstanden, die rußgeschwärzten Gesichter vom orangefarbenen Schein des Feuers erhellt. Wenn sie sich damit hatten unkenntlich machen wollen, war das nur als ein rührender Versuch zu werten. Selbst vom Fenster aus hatte sie keine Probleme, jeden einzelnen von ihnen zu erkennen. Dicht bei den Flammen stand MacIntyre, der einarmige Besitzer des Pferdemietstalls. Mit einem langen Stock rührte er irgendetwas in einem eisernen Topf um. Die spinnengleiche Gestalt neben ihm, das war Pete Ainsworth, der seine Zeit damit verbrachte, bei Smittys herumzusitzen und zu saufen. Und der untersetzte Mann ein Stück weiter, der etwas hielt, das wie zwei Kissen aussah … gütiger Himmel!
Sarah ging mit weichen Knien vom Fenster zurück, als sie schlagartig begriff. Teer und Federn … das galt ihr!
Ihr Herzschlag beschleunigte sich vor Panik. Heiß vom Fieber und der Angst, rannte sie zum Schlafraumfenster, um sich mit einem kurzen Blick hinaus davon zu überzeugen, dass es keinen Fluchtweg für sie gab. Drei andere Männer standen am Fuße der Treppe, um ihn abzuschneiden.
Teer und Federn. So etwas Furchtbares hatte sie einmal in Vicksburg gesehen. Dort hatten die Einwohner einen Reisenden für Medizin gefangen, der seine Kunden betrogen hatte. Sie hatten ihn entkleidet, mit Teer übergossen und dann einen Sack Federn über ihm ausgeschüttet – woraufhin man den armen Schurken auf einem Brett zur Stadt hinausgetragen und neben der Straße liegen gelassen hatte.
Wochen später hatte ihn Sarah in einer anderen Stadt gesehen, die Haut voll scheußlicher Brandnarben, das Haar, jedenfalls was davon übriggeblieben war, noch mit Teer verklebt. Den Anblick würde sie niemals vergessen.
Aufgewühlt und kopflos rannte sie im Raum herum. Wo sollte sie sich verstecken? Das Bett, die Wand, der Fußboden – hier gab es für eine erwachsene Frau keine Möglichkeit, sich zu verbergen. Und sie wusste, dass die Männer bald kommen würden, um sie zu holen – sowie der Teer geschmolzen war.
Die Tür! Panisch verschob sie die Schulbänke, um damit eine Barrikade zu bauen. Sinnlos! Schon sagten ihr die schweren Schritte auf den Stufen, dass es für ihre lachhaften Bemühungen schon zu spät war.
Holz splitterte, und die Tür schwang mit einem schrecklichen Geräusch nach innen auf. Die drei dunklen Gestalten, die in den Raum getorkelt kamen, stanken höllisch nach Rauch, Teer und billigem Whiskey. In ihren rußgeschwärzten Gesichtern blitzten die Augen.
„Heraus mit dir, verdammte Yankee-Hexe“, knurrte einer von ihnen. „Wir wissen, dass du hier bist, und wir gehen nicht ohne dich.“
Starr vor Angst, kroch Sarah unter ihren Schreibtisch, als die derben, schmutzigen Stiefel näher kamen. Ihre Zähne schlugen aufeinander, der Raum verschwamm vor ihren Augen, und sie wusste, dass sie kurz davor war, ohnmächtig zu werden. Vielleicht war es sogar ein gnädiges Schicksal, wenn das passierte.
Eine der Kreaturen stapfte in ihren Schlafraum. Sarah hörte, wie der Mann in ihren Sachen herumwühlte und dabei wie ein Tier schnaufte. „He, seht euch das an. So was trägt man als Spionin der Yankees unter dem Rock: Spitzenhöschen!“
Auflachend polterten auch die anderen beiden in den Schlafraum. Als Sarah ihr lautes Gejohle hörte, begriff sie plötzlich, dass der Klassenraum leer war und die Tür offen in den zerbrochenen Angeln hing.
Im Fieber schwankend, kam sie unter dem Schreibtisch hervor und richtete sich auf. Ihr blieb nicht viel Zeit, um nach draußen zu gelangen. Und dann? Konnte sie den Stall erreichen, die Bäume, ihre Freundinnen bei Smittys? Schaffte sie wenigstens die Treppenstufen hinunter?
Sarahs Beine waren so schwach. Sie lief durch den Klassenraum und betete, als die Dunkelheit um sie herum verschwamm. In ihrem Schlafraum wurden die Kommodenschubladen geöffnet und
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