HISTORICAL EXCLUSIV Band 17
auftreten. Trotzdem wusste sie, dass Tante Leas Rat berechtigt war und sie das Bein schonen musste.
Beim Abendessen erzählte sie Alexander und Wayne von ihrem Abenteuer in Savannah. Letzterer entschuldigte sich zerknirscht, dass er mehrere Straßen entfernt gewesen sei und daher nichts von den Geschehnissen bemerkt hatte, sonst wäre er ihr natürlich sofort bei der Demonstration der rebellierenden Frauen zu Hilfe gekommen.
Rafe konnte natürlich keine Bemerkung beitragen. Als Wayne wieder beteuerte, dass er sich große Vorwürfe machte, weil er sie allein hatte gehen lassen, wünschte Shanna, dass er nicht so krampfhaft nett zu ihr sein sollte. Sie war gern mit ihm zusammen; aber das war von ihrer Seite alles. Sie spürte jedoch, dass er unbedingt mehr als nur ein netter Freund sein wollte. Es war schon lange her, dass sie von drei Männern so viel Aufmerksamkeit bekommen hatte. Na ja, eigentlich nur von zweien, dachte sie, denn Rafe lehnte den Kaffee ab und entschuldigte sich.
Morgen würde sie den ganzen Tag mit Tante Lea verbringen und versuchen, die Kleider, die sie mitgebracht hatte, irgendwie herauszuputzen. In Atlanta hatte sie sich mit einem jungen Mädchen angefreundet, dessen Verlobter gefallen war. Dann wurde die Mutter schwer krank, sodass das Mädchen in seiner Verzweiflung ihre meiste Habe verkaufen musste, darunter auch das Brautkleid, das es nie tragen würde.
Obwohl Shanna das Kleid nicht brauchte, hatte sie es aus Mitleid gekauft und sofort in eine Truhe gepackt. Erst heute war es ihr wieder eingefallen. Das Kleid war zu klein, aber vielleicht konnte die erfindungsreiche Tante Lea das Problem lösen.
„Verwahre das an einem sicheren Ort“, sagte Rafe und nahm einen dicken Umschlag aus der Innentasche des Jacketts. „Ich glaube, ein hervorragendes Versteck wäre dort, wo du immer die Flasche Whiskey aufbewahrst, die du herausholst, wenn man sie braucht.“
„Das wissen Sie, Master Rafe?“ Abraham blieb vor Staunen der Mund offen. Hannah lachte leise.
„Es gibt nichts, was der Junge nicht weiß über die Vorgänge hier im Haus. Hast du etwa gedacht, du könntest etwas vor ihm geheim halten? Als Knabe ist er schon überall herumgeschlichen, besonders in meiner Küche. Ich habe keinen Platz gefunden, wo meine Marmelade vor ihm sicher war.“
„Du darfst sie eben nicht so verführerisch lecker machen“, verteidigte sich Rafe und lachte. Dann war er wieder ernst. Die beiden Neger wussten, dass der Umschlag von lebenswichtiger Bedeutung war. „Abraham, du hattest wegen meines Bruders recht. Ohne deine scharfen Augen und Ohren hätte ich nie entdeckt, was er treibt. Daher verdienst du auch zu wissen, was du für mich aufhebst. In dem Umschlag sind Abschriften der Inventarliste aus den Zweitschriften der Journale, die Wayne ohne Wissen meines Vaters aufgestellt hat. Außerdem ist da noch ein Bankbuch. Ich habe seine gesamten Beträge auf ein anderes Konto überwiesen – allerdings nicht auf meinen Namen. Er hat keine Möglichkeit herauszufinden, wohin sein schurkischer Gewinn geflossen ist, auch wenn er erfährt, dass ich dahinterstecke. Das wird er, sobald er mit dem Leiter der Bank gesprochen hat.“
Rafe machte eine Pause, ehe er fortfuhr: „Und wisst ihr, was ich noch im Geheimgang gefunden habe? Genug Vorräte, um uns auf Monate hin zu versorgen! Erst dachte ich daran, alles fortzuschaffen, aber dann würde er sich an euch und allen anderen rächen, sobald ich weg bin. Da bin ich ganz sicher. Deshalb werden wir nur ein bisschen wegnehmen: Hier eine Kiste, da einen Sack. Die beste Gelegenheit ist am Donnerstag, wenn im Haus gefeiert wird. Das Fest wird etwas anders verlaufen, als mein Vater es sich vorstellt. Steck den Umschlag weg, Abraham, und lass ihn dort, bis ich wieder heimkomme.“
Zufrieden mit dem, was er heute erledigt hatte, sah Rafe zu, wie Abraham vorsichtig ungefähr zwei Fuß neben dem Herd einen großen Stein aus der Mauer nahm. Dahinter gähnte ein Loch. Rafe lächelte, als der Alte eine halb volle Flasche Whiskey herausholte und verlegen auf den Tisch stellte. Dann schob er den Umschlag in die Nische und verschloss sie mit dem Stein. Man sah nicht, dass der Stein je entfernt worden war. Außer den beiden Alten und Leon wusste nur Rafe von diesem Versteck. Er war sicher, dass weder sein Vater noch Wayne den Umschlag finden würden, ehe er aus dem Krieg zurück war.
„Und jetzt zu angenehmeren Dingen. Hast du dich um die Truhe gekümmert?“
„Ja, ich habe sie
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