HISTORICAL EXCLUSIV Band 17
andere Gesellschaft lieber ist als meine. Und Sie sind betrunken!“
„Betrunken?“ Er warf den Kopf zurück und lachte schallend. Aber seine Augen blickten kalt. „Im Gegensatz zu Wayne kann ich Alkohol vertragen. Ich bin stocknüchtern – und ich will dich!“
Shanna traute ihren Ohren nicht: Sie wich zurück.
„Mich wollen! Sie sind betrunken!“
„Dann nimm deinen blöden Trost oder Rat oder was auch immer du mir geben wolltest und geh wieder ins Haus, samt deiner verdammten Tugend! So hilfst du mir nämlich nicht“, fuhr Rafe sie an und griff nach der Flasche. Dann stieß er einen so schrecklichen Fluch aus, dass es ihr eiskalt über den Rücken lief, und schleuderte die Flasche gegen die Wand.
„Es tut mir leid! Ich bin weder für Menschen für noch für Tiere ein passender Umgang – und schon gar nicht für ein so unschuldiges Wesen wie dich. Wenn du hierbleibst, werden mein Vater und mein Bruder dir jedes anständige Gefühl austreiben. Sie werden alle deine Hoffnungen und Träume zerstören. Sie werden auch dich zerstören, wenn du sie lässt. Verlasse Wildwood! Geh weg, ehe es zu spät ist!“
Shanna trat näher. Sie hatte plötzlich keine Angst mehr vor seinen seltsamen Stimmungen. Dann kniete sie neben ihm nieder, aber nicht zu nahe. So weit traute sie ihm doch nicht.
„Ich habe schon größere Schwierigkeiten durchgestanden. Ich bin keine Närrin, auch wenn Sie das glauben“, erklärte sie ruhig.
„Nein, das bist du nicht, aber wer weiß, was eine Frau tut, wenn ihr Herz beteiligt ist?“, sagte Rafe leise. „Wayne wird nie für jemand anderen außer für sich sorgen. Mein Vater will einen Enkel. Du – du Glückskind – bist ausgewählt worden, ihm das zu verschaffen.“
„Bitte nicht! Sie reden, als hätte er kein Herz“, protestierte Shanna. Obwohl sie Waynes schurkische Pläne auf der Veranda gehört hatte, fiel es ihr immer noch sehr schwer zu glauben, dass Alexander dabei mitmachte. Er war der beste Freund ihres Vaters gewesen. Er wollte sie nur beschützen.
„Mein Vater hat kein Herz. Er hat nur einen Menschen in seinem Leben geliebt: Waynes Mutter. Als sie starb, hat er alles, was er an Zuneigung noch besaß, auf Wayne konzentriert. Er hat ihn erst fast erstickt und dann zu seinem Ebenbild geformt: kalt, berechnend, ausnützend …“
„Ist aber nicht auch ein Teil von ihm in Ihnen?“, fragte Shanna.
Rafes Lippen wurden schmal, dann nickte er. „Unglücklicherweise – ja! Aber mein Wille ist stärker als seiner. Das allein hat mir die Freiheit bewahrt. Oh, es hat mich als Kind nicht von den Versuchen abgehalten, ihm eine Freude machen zu wollen, aber er hat mich stets ignoriert. Ich hatte keinen Vater. Es gab da nur einen Mann, in dessen Augen Hass stand, wenn er mich sah. Als ich alt genug war, um zu arbeiten, duldete er mich, weil ich nützlich war.“
„Aber Wayne liebt ihn …“, begann Shanna.
„Er hasst ihn! Uns beide! Er sehnt den Tag herbei, an dem wir beide tot sind. Ich wette, dass mein Bruder jeden Abend zu Gott betet, dass ich endlich in der Schlacht falle, damit Wildwood ihm gehört. Sie hat es ihm nämlich versprochen. Die schöne, treulose Hure von Mutter, die mit keiner Faser ihres Körpers zu einer liebevollen Empfindung fähig war. Nur nach Macht hat sie gestrebt. ‚Eines Tages wird Wildwood dir gehören‘, hat sie immer zu Wayne gesagt. ‚Eines Tages – alles hier! Macht! Reichtum!‘ Und jetzt wartet er darauf und saugt die Plantage aus. Ich habe die Bücher gesehen …“
Rafe brach ab. Er war zu weit gegangen. Vielleicht hatte er doch etwas zu viel getrunken … aber wieder fühlte er das unerklärliche Bedürfnis, Shanna zu beschützen. Wen gab es denn hier, der für sie sorgen konnte? „Da unsere Baumwolle seit zwei Jahren in Savannah lagert, kommt kein Geld herein für den Unterhalt der Plantage. Aber, mein Gott, er zieht noch den letzten Cent heraus. Und Vater lässt ihn; denn Wayne kann nichts falsch machen! Schließlich ist er doch sein Ebenbild, oder? Mein Vater macht nämlich auch nie einen Fehler – zumindest gibt er nie einen zu.“
„Könnten Sie den Schaden wiedergutmachen, den er angerichtet hat?“ Rafes Worte bestärkten Shanna, mit ihrem Geld den Ambervilles zu helfen – nein, Wildwood, weil die Plantage Rafes erste und einzige Liebe war. Sie würde nicht zulassen, dass Wayne sie zerstörte, nicht, solange sie noch atmen konnte.
„Ich werde es versuchen oder dabei sterben. Wildwood bedeutet für mich alles.
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