HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
sowieso nicht zuhören. Ich glaube, es bleibt nichts anderes übrig, als einen der Schuldigen direkt darauf anzusprechen.“
„Miss Bellewether“, sagte Ashdowne. Etwas in seiner Stimme ließ sie aufschauen. Als sie seine Augen im Mondlicht funkeln sah, überlief sie ein Schauder. „ Sie werden keinen Verbrecher ansprechen.“
Obwohl dies wie ein Befehl klang, entschloss sich Georgiana stirnrunzelnd, nicht mit ihm zu streiten, sondern seinen Einwand geschickt für sich zu nutzen. „Nun, dann könnte es Ihre Aufgabe sein“, meinte sie.
„Sie möchten, dass ich den Burschen gegenübertrete?“ Ashdowne hob fragend eine Augenbraue.
„Das wäre doch eine gute Aufgabe für einen Assistenten, meinen Sie nicht?“, fragte sie lächelnd. „Ich wäre ja dabei und würde dann das Reden übernehmen. Sicher könnte ich sie zu einem Geständnis bringen, zumindest einen der beiden. Heute Vormittag habe ich nämlich schon mit einem im ‚Pump Room‘ gesprochen, und er verhielt sich auffällig verdächtig.“
Ashdownes schöner Mund wurde schmal. „Heißt das, dass Sie heute Morgen zum Sturz gebracht wurden?“
„Nun, in gewisser Weise …“
Er murmelte etwas Unverständliches. „Ich würde sagen, Sie haben Glück gehabt. Sie können doch Gesetzesbrecher nicht einfach zur Rede stellen. Sie haben keine Ahnung, wozu diese Sorte Männer fähig ist. Ich habe ein paar in London erlebt, die Ihnen den Hals für weniger umdrehen würden.“
„Sie haben gewiss recht“, erwiderte Georgiana. „Wissen Sie, ich verfolge das Geschehen in den Londoner Zeitungen, und vor allem die Kriminalfälle interessieren mich sehr. Aber ich kann Ihnen versichern, dass es sich bei diesem Mann um keinen gewöhnlichen Gauner handelt.“
Ashdowne schien noch nicht besänftigt. Er wirkte vielmehr ziemlich aufgebracht, und sein markantes Gesicht schien auf einmal hart. Zu Georgianas Überraschung umfassten seine behandschuhten Hände plötzlich ihre bloßen Arme. Ihr stockte der Atem. Die Hitze, die sich in ihr ausbreitete, verwirrte sie ebenso wie die plötzliche Veränderung ihres Gesprächspartners. Der Marquess of Ashdowne war mit einem Schlag von einem charmanten Kavalier zu einem gefährlichen Raubtier geworden.
Als sie so von seinen Händen und seinen blitzenden Augen in Bann gehalten wurde, fühlte sich Georgiana zwischen Furcht und Erregung, zwischen der Hitze seiner Berührung und der Kälte ihres Schauderns hin und her gerissen. „Miss Bellewether, Sie werden niemanden ins Verhör nehmen, wie harmlos er Ihnen auch erscheinen mag“, sagte er.
Georgiana wollte protestieren. Sie hatte sich noch nicht einmal dazu geäußert, ob sie ihn tatsächlich als ihren Assistenten akzeptieren würde, und dieser eingebildete Mann sagte ihr jetzt schon, was sie tun sollte. So stellte sie sich das nicht vor, doch Ashdowne tat ja immer das, was man nicht erwartete. Auch jetzt war es nicht anders, denn während Georgiana ihn noch aus großen Augen anschaute, neigte er den Kopf und küsste sie.
Sie war schon vorher geküsst worden, aber diese Burschen vom Land hatten in ihr nie den Wunsch erweckt, eine derartige Intimität weiterzuverfolgen. Sie hatte es eher geschmacklos gefunden, wenn jemand seinen Mund auf den ihren gepresst hatte. Bis jetzt.
Ashdowne ließ diese anderen verblassen. Er spielte meisterhaft mit ihren Lippen. Seine erste Berührung war so federleicht, eine solch zarte Liebkosung, dass sie sich sogleich nach mehr sehnte. Anstatt ihr jedoch diesen Wunsch zu erfüllen, folgte er der Linie ihres Kinns, ihrer Wange, ihrer Lider und ihrer Stirn, über die eine Locke gefallen war. Seine Berührungen versprachen ihr unbekannte Sinnesfreuden.
„Sie sind eine wahrhaft reizende Verführung“,flüsterte Ashdowne ihr ins Haar. Dann kehrten seine Lippen zu ihrer unendlichen Erleichterung zu den ihren zurück und umschlossen sie so lange heftig, bis Georgiana ein leises Stöhnen vernahm, das sie zu ihrem Schrecken als das ihre erkannte. Sie schlang ihre Arme um Ashdowne und atmete tief ein, als sie die Hitze verspürte, die von seinem kräftigen Körper ausstrahlte. Er war so warm und fühlte sich so fest an, dass Georgiana ihre Hände über seinen Rücken wandern und unter seinen Rock schlüpfen ließ.
Ihre Erkundungen schienen ihn zu ermutigen, denn nun berührte er ihre Zunge mit der seinen. Sie keuchte vor Überraschung; dieses zarte Eindringen schien ihren ganzen Körper auf eine seltsame Weise zu erregen. Merkwürdig, dass etwas so
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