HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
schüchternen Blick zu.
„Wo warst du denn nur?“, schalt sie Araminta, jedoch ohne ihre übliche Schärfe.
„Ashdowne und ich machen einen Spaziergang und haben nur für einen Moment hier hereingeschaut. Wir müssen leider auch schon weiter“, erwiderte sie und versuchte, den Marquess mit sich zu ziehen.
„Aber Georgie!“
„Mutter hat gesagt …“
Georgiana warf ihren Schwestern einen warnenden Blick zu, doch sie nahmen sie wie gewöhnlich nicht ernst.
„Wohin geht ihr denn?“, wollte Araminta wissen.
„Wir machen eine Spazierfahrt mit der Kutsche, oberhalb der Stadt“, erfand sie schnell.
„Ach, das klingt ja wunderbar! Wir kommen mit!“, rief Eustacia.
„Mutter würde bestimmt wollen, dass wir dabei sind“, sagte Araminta. „Sie sagte, dass du …“
„Es tut mir leid, aber wir treffen noch zwei Bekannte. Es gibt keinen Platz mehr“, erwiderte Georgiana und zupfte an Ashdownes Ärmel. Ohne auf die Proteste der beiden zu achten, kämpfte sie sich durch die Menge und schaute nicht mehr zurück, bis sie vor dem „Pump Room“ stand. Seine Lordschaft, dessen lange Schritte es einfach für ihn gemacht hatten, mitzuhalten, warf ihr einen amüsierten Blick zu.
„Georgie?“
„Mein Kosename in der Familie“, erklärte sie und schüttelte sich. Seit Jahren versuchte sie, die anderen davon abzubringen. Wie konnte jemand mit einem solchen Spitznamen je ernst genommen werden?
„Sie hassen ihn“, bemerkte Ashdowne trocken. „Interessante Familie. Ich kann kaum erwarten, Ihre Eltern kennenzulernen.“
Georgiana lächelte. „Auch wenn ich sie sehr liebe, muss ich doch sagen, dass sie meinen Geschwistern gleichen. Mein Vater, der sehr laut sein kann, würde Ihre aristokratischen Nerven sicher strapazieren, während meine Mutter diejenige ist, die noch immer meine Kleider auswählt.“
Der Marquess schaute sie lange und eindringlich an. Eine andere junge Frau wäre zutiefst errötet. „Sind Sie sicher, dass Sie nicht adoptiert wurden?“
Georgiana lachte laut auf. Auch wenn sie sich immer wieder um das Gegenteil bemühte, verspürte sie eine Zuneigung zu dem Manne, die sie bis in die Zehenspitzen erwärmte. Noch nie hatte sie sich mit jemandem so wohlgefühlt. Im Gegensatz zu den anderen Männern behandelte Ashdowne sie mit Respekt. Er hörte ihr zu und schien sie sogar zu verstehen. Ihr Herz machte einen kleinen Sprung, als sie neben ihm herging; sie achtete sogleich auf einen größeren Abstand zwischen ihnen, während sie auf dem Weg zur Unterkunft von Mr. Hawkins waren.
Sie musste sich auf ihr Ziel konzentrieren und den Schuldigen endlich zur Strecke bringen, denn dann – davon war Georgiana überzeugt – würde Ashdowne nicht der Einzige sein, der sie ernst nehmen würde. Entschlossen marschierte sie die Straße entlang und lenkte die Unterhaltung von sich und ihrer Familie weg zu dem Fall der gestohlenen Halskette.
Nach kurzer Zeit kamen sie in einem etwas heruntergekommenen, aber noch immer gediegenen Teil der Stadt an. Der Marquess gab einem Jungen ein paar Münzen, damit er an der Tür des Vikars klopfte. Niemand öffnete. Georgiana hatte darauf gehofft, doch als sie nun zum Hintereingang des schmalen Gebäudes gingen, konnte sie ihre Vorfreude kaum im Zaum halten. Bisher hatte sie sich ausschließlich theoretisch mit dem Fall beschäftigt, doch nun fand sie die Aussicht, eine wirkliche Hausdurchsuchung vorzunehmen, höchst aufregend. Außerdem trug die Anwesenheit des Marquess noch zu ihrer Erregung bei.
„Zwei Stockwerke“, sagte Ashdowne, der sich das Häuschen betrachtete. Georgiana nickte und versuchte, sich auf das vor ihr Liegende zu konzentrieren und nicht den Mann neben ihr anzuschauen. Sie hätte nie vermutet, dass Seine Lordschaft so unauffällig aussehen konnte, doch er schaffte es, im Schatten des kleinen vernachlässigten Gartens unterzutauchen. Sie bemühte sich darum, seinem Beispiel zu folgen und drückte sich an die Hauswand.
Als sie vor der Eingangstür standen, drückte sie die Klinke, doch vergebens. Überrascht hielt sie inne. Wer in Bath verschloss denn seine Tür? Dass Mr. Hawkins es tat, bestätigte den Verdacht, den sie gegen ihn hegte. Es konnte keinen Zweifel geben – die gestohlene Halskette musste sich irgendwo da drinnen befinden. Warum hätte der Mann sein Haus sonst abschließen sollen?
Wie aber sollten sie nun hineinkommen? Georgiana besah sich eines der hohen Fenster, das jedoch keineswegs in Reichweite zu sein schien. Dann schaute
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