HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
hatte, dann war zu erwarten, dass die Mutter ein paar gerechtfertigte Warnungen ausstieß, während der Vater, fröhlich, aber nicht besonders klug, sich keinerlei Sorgen wegen der Beziehung zwischen seiner Tochter und dem Gentleman machen würde.
Hoffentlich hielten die Fragen und das darauf folgende Gutenachtsagen Georgiana lange genug auf. Allerdings vermutete er, dass es fast unmöglich war, die unermüdliche Miss Bellewether überhaupt von etwas abzuhalten, das sie sich in den Kopf gesetzt hatte.
Zuerst hatte Ashdowne ihr übertriebenes und unvernünftiges Verhalten ärgerlich gefunden, doch nun hatte es ihn in seinen Bann gezogen. Welche andere Frau besaß so viele Facetten? Wo fand man sowohl Vernunft als auch Fantasie und die Fähigkeit, über sich selbst zu lachen?
Ashdowne war es gewohnt, alle Möglichkeiten in Erwägung zu ziehen, doch Georgiana schaffte es immer wieder, ihn zu überraschen. Voller Zuneigung dachte er an ihren Gesichtsausdruck, als er das Schloss an der Tür des Vikars geöffnet hatte. Anstatt schockiert zu sein, zeigte sie sich beeindruckt und hatte ihm einen Blick voll Bewunderung zugeworfen, der ihn sehr berührte. Denn wo, außer im Londoner East End, würde man eine Frau finden, die dergleichen Fähigkeiten bewunderte?
Ashdowne hatte noch nie eine Frau getroffen, die sich aus ihrer Schönheit so wenig machte. Georgiana verhielt sich so, als sei ihr Aussehen nur etwas Lästiges. Natürlich waren die Kleider, die ihre Mutter für sie auswählte, entsetzlich. Er selbst würde eine zurückhaltendere Mode wählen, einfache Schnitte, die keine Rüschen und Schleifen hatten, sodass ihre angeborene Schönheit hervorleuchten konnte, ohne andere Männer allzu sehr in Bann zu ziehen.
Doch egal, wie sie gekleidet war, sie wäre stets sie selbst und würde ihre körperlichen Vorzüge einfach vergessen und sich auf ihre geistigen Interessen konzentrieren. Oft zog sie solch schreckliche Grimassen, dass Ashdowne nicht wusste, ob er über sie lachen oder sie küssen sollte.
Allerdings wusste er sehr wohl, was er mit dieser sinnlichen Frau am liebsten getan hätte. Kleider spielten da überhaupt keine Rolle. Für einen langen, köstlichen Moment stellte er sie sich nackt vor, bevor er dieses Bild energisch beiseiteschob. Wie verführerisch sie auch immer sein mochte, Georgiana Bellewether war eine zarte Jungfrau und nicht für ihn bestimmt.
Ashdowne dachte daran, dass er seine selbst gesteckten Grenzen im Umgang mit der jungen Dame bereits mehrmals überschritten hatte. Auch heute wollte er sie eigentlich nicht berühren, doch das Lachen, das ihn im Schlafzimmer des Vikars übermannt hatte, war äußerst enthemmend gewesen. Sein Entzücken hatte ihn zu einem Ausdruck der Zuneigung veranlasst, der viel weiter ging als ursprünglich vorgesehen. Außerdem hätte er nie erwartet, dass sie so heftig auf sein Begehren reagieren würde.
Alles an Georgiana Bellewether stellte sich als eine faszinierende Entdeckungsreise heraus, vor allem die unschuldige Leidenschaft, die er so plötzlich entdeckt hatte. Ashdowne blieb vor dem hinteren Eingang seines Hauses am Camden Place stehen und ließ sich noch einmal ihre Worte durch den Kopf gehen. Er sei zu verwirrend, hatte sie gesagt. Er nahm sich vor, der sinnlichen Blondine nicht zu zeigen, dass sie die gleiche Wirkung auf ihn hatte.
Unglücklicherweise konnte er sich derartige Gefühle gerade jetzt nicht leisten. Dieses Wissen ernüchterte ihn, als er ins Haus trat und auf dem Weg ins Arbeitszimmer nach Finn rief. Der Kandelaber, der auf dem riesigen Schreibtisch stand, erhellte mit seinem Kerzenschein das exotische Mobiliar. Ashdowne setzte sich jedoch nicht auf einen der unbequemen Stühle, sondern lehnte sich an den Kamin. Er war unruhig. Finn trat ein und schloss die Tür hinter sich.
„Nun, wie hat es mit dem Einbruch geklappt?“, erkundigte sich der Ire grinsend.
Der Marquess warf ihm einen Blick zu, der besagte, dass ihn bereits die Frage beleidigte. „Kinderleicht“, antwortete er.
„Und der Vikar? Hatte er auch Haartonikum gestohlen?“
Seine Lordschaft lächelte dem Diener trocken zu. „Ich glaube, die einzige Schuld, die den guten Vikar trifft, sind seine etwas absonderlichen Vorlieben in geschlechtlicher Hinsicht.“
„Darf doch nicht wahr sein, Mylord!“, erwiderte Finn belustigt. „Und was hat die junge Dame davon gehalten?“
Ashdowne schnitt eine Grimasse. Er wusste, dass er vor Finn nicht viel verbergen konnte, wollte aber
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