HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
in ihren Korb gepackt hatte. Stattdessen genossen sie diesen Augenblick, als sie engumschlungen im Schatten eines Baumes saßen.
„Am meisten beeindruckte Wyndham der Anblick meiner ausgezeichnet gekleideten Leibeigenen. Ich kann mich erinnern, dass dies dein Werk war, obwohl es das Gesetz eigentlich verbietet. Aber ich nehme an, dass es keinen besseren Verwendungszweck für Edgars kostbare Kleidung gegeben hätte.“
Alayna sah ihn überrascht an. „Wie lange hast du es schon gewusst?“, fragte sie erschrocken.
„Oh, beinahe von Anfang an. Irgendwann dämmerte mir, dass Edgars Kammer viel leerer aussah, seit wir sie zum ersten Mal aufgesucht hatten. Ich muss gestehen, dass ich zunächst nicht dich in Verdacht hatte. Ich nahm an, dass Plünderer die Verwirrung der Belagerung ausgenutzt hatten. Doch dann fiel mir auf, mit welcher Begeisterung du diesen bemerkenswerten Akt der Großzügigkeit verfolgtest. Außerdem war da noch die Frage, mit welchen Mitteln du diese gewaltige Menge an kostspieligen Gewändern bezahlt hattest.“
„Dann wusstest du es also die ganze Zeit!“
Lucien nickte lachend, während er mit einer ihrer Locken spielte.
„Warst du denn nicht wütend?“, fragte sie verwundert.
„Ich hatte keine Verwendung für diese Kleider. Wahrscheinlich hätte ich dasselbe damit gemacht, wenn es an mir gewesen wäre. Außerdem war ich mehr daran interessiert, dich zu zähmen. Ich dachte, dass dich deine Beschäftigung wenigstens für eine Weile davon abhalten würde, mir das Leben zur Hölle zu machen.“
„Du Schuft!“ Alayna lachte und schlug spielerisch gegen seine Brust. „Wenn ich nur daran denke, wie sehr ich mich davor fürchtete, du könntest mein Spiel durchschauen. Und die ganze Arbeit, die Angelegenheit zu planen! Du hättest mir sagen können, dass du mir zustimmtest.“
„Um dir den Spaß zu verderben? Nein, Madame, das hätte ich niemals gewagt.“
Am Abend vor der Hochzeit waren alle in der großen Halle versammelt, als Agravar aufstand und seinen Kelch erhob. „Ein Hoch auf unseren Lord, Lucien de Montregnier. Und auf seine verstorbenen Feinde, mögen sie für jeden als Beispiel dienen, der uns in der Zukunft herausfordern mag!“
Alle außer Lucien tranken, der nachdenklich seinen alten Freund beobachtete. Er nahm die Glückwünsche entgegen, dann erhob er sich und erhob ebenfalls seinen Kelch, während die Anwesenden schlagartig verstummten.
„Ein Hoch auf Agravar, einen Wikinger, den wir als neuen Lord of Thalsbury willkommen heißen wollen.“
Agravar machte eine abwehrende Geste. „Nein“, sagte er ernst. „Ich lehne ab.“
Ein erschrockenes Schweigen legte sich über die Halle. Lucien runzelte die Stirn. „Erkläre es mir“, verlangte er.
„Ich habe kein Verlangen nach den Pflichten eines Lords. Ich wäre damit zufrieden, als Hauptmann der Garde hierzubleiben.“
Die Menge gab ein zustimmendes Gemurmel von sich. Die gespannte Stimmung löste sich auf, als Lucien nickend seine Einwilligung bekundete. Nachdem er kurz nachgedacht hatte, wandte er sich Will zu, der an seinem üblichen Platz an Alaynas anderer Seite saß.
„Wirst du dann mein Angebot annehmen, Sir Will, und mir als Lord meines früheren Zuhauses dienen?“, fragte er.
Will stand auf. „Ich fühle mich geehrt“, antwortete er, bevor seine schelmische Natur wieder die Oberhand gewann. „Aber heißt das etwa, dass ich ein Leben lang Euer Vasall bleiben muss?“
Lucien lachte. „Ja, das musst du. Und ich werde mich besonders auf deine jährlichen Abgaben und Waffendienste freuen. Sei versichert, dass ich ganz spezielle Aufgaben für dich bereithalten werde.“
Der neue Kastellan ergriff den Unterarm seines Lords. „Dann nehme ich an“, sagte er und lachte.
Inmitten dieser Feierlichkeiten betrat eine Frau die Halle, die einen Mantel trug, dessen Kapuze ihr Gesicht verhüllte. Die Fremde ging geradewegs zum Podest hinüber. Sie zog die Aufmerksamkeit all derer auf sich, an denen sie vorbeikam, und als sie direkt vor Lucien stehenblieb, starrte die Menge erwartungsvoll zu ihnen hinauf.
Lucien musterte den Eindringling ruhig, während er darauf wartete, dass sie sich vorstellte.
Die Frau zog die Kapuze zurück, und diejenigen, die schon lange in der Grafschaft gelebt hatten, schnappten nach Luft. Lucien stand verwirrt auf. „Mutter“, sagte er überrascht.
„Lucien“, erwiderte sie, „ich bin gekommen, um meine Bitte um Vergebung zu erneuern. Du kannst es mir nicht verweigern, wenn
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