HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
sollte, sagte er: „Ihr tätet gut daran, Eure streitbare Natur im Zaum zu halten. Das würde es um einiges einfacher machen.“
Nach dieser Äußerung hätte Kathryn ihm am liebsten einen gezielten Tritt versetzt. Doch dann tat dieser Mann etwas Unvorstellbares: Er tätschelte ihren Kopf wie den eines Hundes und bemerkte: „Außerdem solltest du dein Gesicht öfter waschen, Grünschnabel. Es ist gar nicht mal so hässlich.“
„Arroganter, teuflischer, dickschädeliger …“
Er blieb nicht lange genug, um sich ihre Entrüstung über sein Verhalten ihr gegenüber anzuhören.
Wolf traf Bridget in dem Raum an, den sie sich mit Lady Kathryn teilte. Die alte Kinderfrau hatte eine Schüssel mit dampfendem Haferbrei vor sich. Wolf schritt auf und ab, während er sich nach ihrem gesundheitlichen Befinden erkundigte. Sie sah blass aus und hatte einen fürchterlich rasselnden Husten. Für einen Augenblick überlegte Wolf, ob er nicht doch den Wünschen des Mädchens entsprechen sollte. Er wollte der Alten weder unnötige Beschwernisse bereiten, noch für die Verschlechterung ihres Zustands verantwortlich sein. Bridget bestand jedoch darauf, gesund genug zur Weiterreise zu sein. Vorausgesetzt natürlich, sie könne mit einem der Männer auf seinem Pferd reiten.
Da es nur ein kurzer Ritt war, traute Wolf ihr zu, den Weg über durchzuhalten. Aber er verfluchte das Schicksal, das ihm die Verantwortung für zwei Frauen aufgebürdet hatte. Was wusste er schon von diesen verrückten Wesen? Er war ein Mann des Krieges, kein Kindermädchen.
„Sir Gerhart“, sagte Bridget vorsichtig, als der Ritter schon auf dem Weg zur Tür war.
Er blieb stehen und wandte sich ihr zu, um ihr die Gelegenheit zu geben, mit dem, was sie auch immer sagen wollte, fortzufahren. Er hoffte nur, sie würde sich etwas beeilen, damit sie sich endlich auf den Weg machen konnten. Windermere war nur ein paar Stunden entfernt.
„Es geht um meine Kathryn – sie ist ein gutes Kind. Und wollte niemandem Schwierigkeiten machen.“
„Nein“, antwortete Wolf und ging zur Tür. Er fand, dass die Bemerkung der Alten nicht recht zu seinen Erfahrungen mit Kathryn passen wollten.
„Ihr versteht nicht“, sagte Bridget. „Sie musste stark sein. Unabhängig. Sie hatte niemanden, der sie beschützte, und es hat Zeiten gegeben …“
„Somers?“
Bridget nickte. „Er hat sie zwei Mal beinahe umgebracht. Das Einzige, was ihn davon abgehalten hat, war der Umstand, dass er die Besitzungen nicht ohne sie verwalten konnte. Außerdem hat der Baron nie wissen können, wann wieder einer dieser Ritter auftauchen würde, um sich nach ihr zu erkundigen.“
„Ritter?“
Die alte Frau nickte.
„Von König Heinrich?“
„Baron Somers erfuhr niemals den Anlass dieser Besuche. Sie schienen bloß freundschaftlicher Natur zu sein, doch der Baron vermutete stets, dass die Ritter aus irgendeinem Grund kamen, um Kathryn zu sehen. Haben es nie versäumt, nach ihr zu fragen …“
„Wann wurde Somerton das letzte Mal von einem dieser … Ritter besucht?“
„Das ist nun schon einige Jahre her. Ich bezweifle aber, dass unser neuer König selbst jemanden geschickt hat.“
„Und was war das mit den Besitzungen? Ihr sagtet, dass Lady Kathryn Baron Somers dabei helfen würde, seine Besitzungen zu verwalten?“
„Nein. Sie hilft ihm nicht“, antwortete Bridget.
Natürlich nicht. Er hatte die alte Frau vorher nur missverstanden. Wolf wandte sich zum Gehen, blieb aber bei Bridgets nächsten Worten wie angewurzelt stehen.
„Sie macht das alles allein. Sie ist daran gewöhnt, die Verantwortung zu übernehmen.“
Es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass Lady Kathryn um ihre Kinderfrau besorgt war. Während der ganzen Reise drehte sie sich alle paar Augenblicke um und schaute, wie es ihr ging. Wolf konnte ihre wachsende Ungeduld spüren. Er hatte aber nicht geahnt, mit welcher Geschicklichkeit dieser Wildfang aus seinen Armen schlüpfen und vom Pferd rutschen würde, just in dem Augenblick, da sie den inneren Burghof von Windermere Castle erreichten. Sie eilte sofort zu Nicholas, der noch immer auf seinem Ross saß und Bridget stützte.
„Beeilt Euch! Ich brauche Eure Hilfe. Lasst sie einfach hinuntergleiten …“ Kathryn nahm die Sache sofort in die Hand. Nicholas warf Wolf, der belustigt zusah, einen kurzen Blick zu. Sobald die ältere Frau mit beiden Füßen auf dem Boden stand, nahm Kathryn sie in Empfang. „Alles in Ordnung …“ Sie blickte zu Nicholas
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