HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
sagen … Ihr seid ganz das Ebenbild Eurer Mutter.“
Da Kathryn innerlich ohnehin schon so angespannt war wie eine Bogensehne, half ihr diese Bemerkung nicht gerade. Seine Worte erschreckten sie vielmehr. Aber sie wahrte die Fassung. Mit Mühe. Niemand hatte jemals von ihrer Mutter gesprochen außer Bridget.
„Wie geht es Euch, Sir?“, sagte sie leise und verneigte sich vor ihm. Sie erschauderte leicht in Erwartung dessen, was der Earl ihr mitteilen würde. „Ihr habt meine Mutter gekannt?“
„Ich kannte Eure beiden Eltern.“
Ihr schwindelte bei seinen Worten. Beide Eltern? Es gab keinen Menschen auf der Welt, der jemals zugegeben hatte, den ersten Ehemann ihrer Mutter gekannt zu haben. „Man hat mir gesagt, ihr wolltet mit mir sprechen.“
„Ja. Es handelt sich um eine etwas delikate Angelegenheit“, sagte Langston, indem er Kathryn zu einem Stuhl führte. „Warum setzt Ihr Euch nicht, während wir uns unterhalten?“
Kathryn ließ sich in dem bequemen Lehnstuhl am Fenster nieder und wurde so sehr von Langstons Besuch in Anspruch genommen, dass sie das Meer von tief purpurfarbenen Schwertlilien, die draußen in einem Beet aus schwarzer Erde blühten, kaum beachtete. Kathryn hatte keinen Zweifel daran, dass der Earl sie bald über die Gründe für ihre Reise nach London aufklären würde, und versuchte, eine plötzlich auftretende Übelkeit zu unterdrücken. Sie hatte sonderbare Ahnungen nach seinen Andeutungen über ihre Eltern.
„Ich kannte Eure Mutter, als sie vor zwanzig Jahren hier weilte. Sie war ein lebenslustiges Ding, aber auch ein wenig schwierig. Für ihren Vater, meine ich.“
„Wollt Ihr etwa sagen, meine Mutter sei mutwillig gewesen?“, fragte Kathryn, während ihre Anspannung etwas nachließ. Die Art des Earls war freundlich und offen, was ihr half, sich zu beruhigen.
„Das wäre milde ausgedrückt.“ Er lachte.
„Ungehorsam?“ Dieser Gedanke war ausgesprochen fesselnd. Bridget hatte nie etwas Schlechtes über Meghan gesagt. Wenn es nach der alten Kinderfrau ging, war Meghan vollkommen gewesen. Aber was hatte dies alles damit zu tun, dass König Heinrich V. sie nach London hatte kommen lassen?
„Es soll Euch genügen, dass Eure Mutter ein quirliges Mädchen war und eine willkommene Ergänzung für den königlichen Hof. Ihr müsst wissen, dass es eine schwere Zeit war, als Henry Bolingbroke Richard den Thron entriss. Nicht alle waren damals auf seiner Seite.“
Kathryn hätte beinahe über die Untertreibung des Earls lachen müssen. Eine Gruppe von Anhängern Richards, die Heinrich angeblich treu ergeben waren, hatten versucht, den neuen König und seinen Sohn einige Monate nach der Krönung zu ermorden. Und ein Jahr später war das Gleiche noch einmal geschehen. Es musste eine gefährliche Zeit gewesen sein.
„Dennoch“, fuhr der Earl fort, „genoss Seine Majestät Heinrich IV. großes Ansehen, nachdem er das Land von König Richard befreit hatte. Lady Meghan Russel war kurz vor der Krönungszeremonie aus Irland eingetroffen und verliebte sich in Heinrich. Verständlicherweise waren zu diesem Zeitpunkt viele von dem König angetan.“
„Meine Mutter?“, fragte Kathryn ungläubig. „Und der König?“
„Sie … nun, sie gefiel ihm“, gab Lord Markham zu. „Viele der Damen wetteiferten um seine Gunst, aber er hatte nur Augen für Lady Meghan. Ihr müsst verstehen, dass damals großer Druck auf Heinrichs Schultern lastete. Er hatte eine schwere Bürde auf sich genommen. Es war Aufgabe des Königs, die Monarchie aufrechtzuerhalten, das Unrecht der Gerichte wieder gutzumachen, dafür zu sorgen … Nun, ich scheine etwas abzuschweifen.“
Er löste das goldenen Band um das Dokument und entrollte es.
„Es wird nicht leicht werden, Euch Folgendes mitzuteilen, Lady Kathryn“, sagte Lord Markham. „Der junge König Heinrich wünscht jedoch, dass ich der Erste bin, der Euch darüber in Kenntnis setzt, da ich mich zu dem damaligen Zeitpunkt schon hier befunden habe … und beide kannte, Eure Mutter und den alten König.“
„Meine Mutter … und den König?“ Ungläubig schaute sie auf das Pergament, das er ihr vorgelegt hatte, und erkannte das königliche Siegel.
„Henry Bolingbroke, der spätere König Heinrich IV. war Euer Vater“, sagte er.
„König Heinrich IV. …?“
„Der jetzige König Heinrich V.ist Euer Bruder“, setzte er die Rede fort. „Euer Halbbruder, um genau zu sein.“
Kathryn starrte auf das Schriftstück vor sich, als ob es sprechen
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