HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
deinem Fall vor Heinrich den Beweis zu führen?“
„Nein, obgleich ich eigentlich dem König jedes auffindbare Beweisstück vorlegen wollte. Ich habe jedoch festgestellt, dass Tuttle nicht lesen konnte.“
„Das dürfte für dich keine große Überraschung sein, Wolf. Es gibt so viele, die …“
„Nein, es war keine große Überraschung. Doch warum sollte ein schriftunkundiger Verbrecher eine Notiz bei sich tragen, die ausführliche Anweisungen für die Tötung des Königs und Informationen über Fluchtmöglichkeiten enthält, und dann den Beutel mit dem Brief und der Bezahlung zurücklassen?“
„Nun, ich nehme an, Heinrich kam ebenfalls zu dem Schluss, dass dein Vater auf trügerische Weise in die Angelegenheit hineingezogen wurde?“
„Jawohl, das tat er.“
„Was ist jetzt mit Philip? Und Agatha?“ Sie mussten sich etwas nach links beugen, um Zweigen auszuweichen, die tief herabhingen.
„Tja … Agatha“, sagte er. „Wir hatten immer angenommen, dass sie Teil der Verschwörung wäre.“
„Wir?“
„Mein Großvater und ich“, antwortete er. „Er heißt Rudolph Gerhart und ist Markgraf von Bremen.“
Also hat Bridget recht gehabt, dachte Kathryn. Wolf war wirklich der Enkel eines Prinzen.
„Als Hugh mich nach dem Überfall in die Abtei brachte …“
„Hugh?“
„Hugh Dryden. Du kennst ihn, Kathryn. Er hat mich nach Somerton begleitet.“
Ja, natürlich erinnerte sie sich an Hugh. Er war ein kräftiger, drahtiger Mann, vermutlich etwas älter als Wolf. Er hatte ein weniger hübsches Gesicht, stumpfes braunes Haar, blaue Augen und einen stechenden Blick. Kathryn hatte auch in Erinnerung, dass Hugh sich eigentlich immer in Wolfs Nähe aufhielt, obgleich sie ihn jetzt schon seit Wochen nicht mehr gesehen hatte.
„Es war Hugh Dryden, der mir das Leben rettete und mich zur Abtei St. Lucien brachte, nachdem wir in den Hinterhalt geraten waren. Als Junge war er von seiner Familie zu uns gebracht worden und wuchs mit uns auf. So kam es, dass er bei uns war, als wir angegriffen wurden. Seitdem hat er mich nicht mehr verlassen. Aber ich schweife ab.
Es war mein Großvater, der glaubte, dass Clarence und Philip für den Tod meines Vaters und meines Bruders verantwortlich waren.“ In seiner Stimme war deutlich seine gefühlsmäßige Erregung zu hören, dennoch fuhr er fort: „Ich war damals noch zu jung, um es zu begreifen, aber als ich erwachsen wurde und begann, davon zu sprechen, nach Windermere zurückzukehren, hat er mir von seinen Vermutungen erzählt.“
„Deshalb hast du den Namen deines Großvaters angenommen, als du wieder nach England zurückkehrtest?“
Er nickte. „Ich hätte schlecht kommen und verkünden können, ich sei Wolf Colston, Erbe von Windermere, nicht wahr?“
Kathryn stimmte ihm zu.
„Mein Großvater hat nie wirklich daran geglaubt, dass ich Philip jemals etwas würde beweisen können. Aber da ich nicht Rudolphs Erbe war, kümmerte es ihn nicht sonderlich, wann ich Bremen verließ. Er hatte ohnehin kaum Verwendung für mich. Und was Nicholas anbelangt … er war auch nie einer von Rudolphs Lieblingsenkeln. Der alte Markgraf wird vermutlich tot umfallen, wenn die Nachricht Bremen erreicht, dass Nicholas jetzt Viscount ist.“
Kathryn lächelte, obwohl sie nicht recht verstand, warum Wolfs Großvater verärgert darüber sein sollte, wenn seine Enkel es zu etwas brachten.
„Mein Plan bestand darin, Heinrich zu dienen und sein Vertrauen zu gewinnen. Dann wollte ich nach Windermere gehen und Philip entlarven. Ich hatte keine Ahnung, dass Agatha auftauchen und mir die Beweise, die ich brauchte, in die Hände spielen würde. Es gab Gerüchte, dass sie schon vor Jahren gestorben sei, aber schließlich hast du sie ja gesehen. Und du hast nicht geglaubt, sie sei ein Gespenst?“
„Nein. Sie war aus Fleisch und Blut.“
„Nun, ob sie jetzt an der Intrige mit Clarence und Philip beteiligt war oder nicht, wahrscheinlich hat sie mich wiedererkannt, als wir in Windermere waren …“
„Das konnte ich dir damals nicht mehr sagen, aber sie hat dich den ‚Wolf‘ genannt.“
„Aha!“
„Oder eigentlich ‚ meinen Wolf‘. Ich denke, sie hat mir erzählt, dass du der rechtmäßige Earl bist, doch sie sprach in Rätseln. Ich glaube, sie ist verrückt.“
„Aus irgendeinem Grund wollte sie bewirken, dass Philip in Ungnade fällt“, sagte Wolf. „Ich habe keine andere Erklärung, warum sie dir meines Vaters Siegel gegeben hat.“
Kathryn zuckte die
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