HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
nahm ihre Hand und strich ihr geistesabwesend mit dem Daumen über die Handfläche. Allein diese zarte Berührung ließ Kathryn vor Lust erschauern und ihre Schmerzen vergessen. Sie wollte nicht an Philip oder Hugh oder Windermere denken.
Nicholas schüttelte den Kopf. „Offensichtlich war Philip noch da, als John Du Bois und seine Männer vor über vierzehn Tagen hier eintrafen – wenigstens glaubten alle Diener, dass er sich in der Burg aufhielt.“
Die Gefolgsleute des Königs hatten Windermere unter der Führung von Sir John Du Bois eines späten Nachmittags erreicht und waren von Blanche Hanchaw, der Wirtschafterin des Earls, empfangen worden. Diese Frau hatte Sir John gebeten, in der Halle zu warten, bis sie Seine Lordschaft gefunden habe. Doch auch eine ganze Weile später blieb der Earl noch immer verschollen. Die Wirtschafterin drückte dem Ritter ihr Bedauern aus und sagte, sie sei trotz der Abwesenheit des Earls sicher, dieser habe nichts dagegen, dass sie die Gastfreundschaft von Windermere genössen, bevor sie tags darauf wieder nach London reisten. Sie habe die Hoffnung, der Earl – wo immer er sich auch hinbegeben habe – würde sich in der Frühe von ihnen verabschieden. Dennoch gab sie ihnen zu verstehen, dass der Earl of Windermere die Burg öfter ohne vorherige Mitteilung verließ. Wo er sich aufhalte, darüber könne Mistress Hanchaw nicht einmal vage Vermutungen anstellen.
Sir John, der nicht die Absicht hatte, ohne Philip Colston zum König zurückzukehren, und der Frau auch nicht wirklich traute, pochte auf seine königliche Order und befahl seinen Männern, das Castle und die Umgebung nach dem Earl abzusuchen. Da diese Suche zu keinem Ergebnis führte, schickte John seine Leute in die Stadt. Doch der Earl konnte sich ihnen auch weiterhin entziehen.
Der Befehlshaber postierte Wachen an strategischen Orten auf der Straße, in der Stadt und in der Burg. Sie blieben mehrere Tage dort, ohne dass Philip sich zeigte. Schließlich musste sich John Du Bois geschlagen geben und kehrte nach London mit der Nachricht zurück, dass Philip Colston immer noch auf freiem Fuß sei.
„Aber Philips Habseligkeiten sind noch hier“, sagte Nicholas. „Als unsere Leute eintrafen, um Windermere für euer Kommen vorzubereiten, haben sie dieses Gemach ausgeräumt und alles in Truhen verstaut. Claude Montrose sagt, dass, falls Philip tatsächlich hier gewesen sein sollte, als Du Bois ankam, er Windermere in Eile verlassen haben muss. Es scheint so, als ob er all sein Hab und Gut hier gelassen hat.“
Wolf sah sich zum ersten Mal um und fand den Raum nach seinem Geschmack. Nichts von Philips Dingen war übrig geblieben. Das Gemach war ausgeräumt und gesäubert, Teppiche waren ausgelegt und Krüge mit Rosen aufgestellt worden, ganz so, wie er es von Kathryns Kemenate in Somerton in Erinnerung hatte. Er wusste, dass sie Rosen besonders liebte.
„Verteile Wachposten überall im Schloss und in der Stadt“, sagte Wolf. „Ich will die ganze Gegend vollständig überwachen lassen. Es ist zwar äußerst zweifelhaft, dass Philip so dumm wäre, sich blicken zu lassen, doch wir könnten einen seiner Handlanger aufspüren. Falls sie gesehen werden sollten, möchte ich, dass man ihnen folgt – statt sie festzunehmen. Und ich will, dass dies unauffällig passiert.“
„Ich kümmere mich darum“, sagte Nicholas. „Was ist mit Somers? Er verlangte, dich sofort nach deinem Eintreffen zu sehen.“
„Der kann warten. Es können noch Tage vergehen, bis ich bereit bin, ihn zu empfangen“, antwortete Wolf kurz.
„Aber Wolf …“, hob Kathryn an.
„Du wirst nicht in seine Nähe gehen, Kathryn“, unterbrach Wolf sie. „Ich traue ihm nicht.“
Nicholas nickte zufrieden. Wolf war nicht der Einzige, den Kathryns Behandlung durch ihren Stiefvater mit Abscheu erfüllte.
„Hat man Stephen Prest ausfindig machen können?“, fragte Wolf seinen Freund. Prest war vor Jahren Bartholomew Colstons treuer Kämmerer gewesen, und Wolf hatte die Anweisung gegeben, den Mann zu suchen. Wolf kannte niemanden, der besser für den Posten des Kämmerers beim Duke of Carlisle geeignet wäre.
„Noch nicht.“ Auf ein Klopfen hin öffnete Nicholas die Tür und erlaubte zwei Bediensteten, Wolfs Gepäck und Kathryns Satteltaschen hereinzubringen. „Wir haben gehört, Prest sei in Elton Manor, eine Zweitagesreise von Windermere entfernt. Chester und William sind nach Elton geritten, um herauszufinden, ob er dort ist.“
„Gut.
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