HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
nicht wirklich Eure Gemahlin sein. Niemals könnte ich das ertragen.“
Lucien wurde plötzlich sehr still. Sein Gesicht nahm wieder den gewohnten wütenden Ausdruck an. Sie wusste, dass nur ihre herzlosen Worte seinen Zorn hervorgerufen hatten.
„Habt Ihr heute nicht genau dies geschworen?“, fragte er voller Bitterkeit in seiner Stimme.
„Ich weiß nicht, warum Ihr mich überhaupt wollt!“, sagte sie verzweifelt. „Ich hatte das nicht erwartet!“
„Das ist mir gleichgültig. Aber immerhin wisst Ihr nun, was ich erwarte.“
„Mylord, ich verstehe Euch einfach nicht!“
„Aye“, entgegnete er, und seine Augen schienen Funken zu sprühen. „Ihr versteht mich in keiner Weise.“
„Und wenn schon! Ich will nur, dass Ihr mich in Ruhe lasst!“
„Das ist unmöglich, liebe Gemahlin.“
Lucien wirkte plötzlich aufgebracht. Er entfernte sich einige Schritte von ihr, dann drehte er sich herum und funkelte sie mit wütenden Augen an.
„Habt Ihr irgendeine Ahnung, warum ich all dies getan habe, meine ‚kostbare Rache‘, wie Ihr es nennt? Warum, glaubt Ihr, sollte ich meine letzte Münze ausgeben, um eine Armee auszuheben? Warum sollte ich die Lehnsherrschaft über eine heruntergewirtschaftete Baronie übernehmen, die mir in zwanzig Jahren nicht genug Gewinn einbringen könnte, um auch nur meine Kriegsausgaben wieder hereinzuholen? Und, vor allen Dingen, warum sollte ich mir eine Gemahlin nehmen, die nur davon träumt, mich nie wiedersehen zu müssen? Warum, frage ich Euch, habe ich das alles auf mich genommen?“
Er schien sich immer weiter in seine Wut hineinzusteigern, doch dieses Mal lag ein tiefer Schmerz in seiner Stimme. Alayna stand da, unfähig, sich zu rühren.
„Glaubt Ihr, es war Habgier?“, fuhr er fort. „Nun, da Ihr seht, wie ich mein Vermögen verschwende, mich mit Hermelin und Juwelen schmücke und in einer prunkvollen Umgebung lebe, ist dieses Missverständnis verständlich. Nein, Ihr müsst auch schon bemerkt haben, dass mir nichts an solchen Dingen liegt.
Ist es vielleicht der Hunger nach Macht? Wenn Ihr das glaubt, dann überlegt bitte noch einmal. Habe ich vielleicht faul in meinem Lehnstuhl gesessen und das bequeme Leben eines Barons geführt? Nein, ich reite täglich bei Tagesanbruch auf die Felder, um neben dem niedersten Leibeigenen im Schweiße meines Angesichts zu arbeiten. Wenn ich abends heimkehre, erwartet mich nur ein kaltes Mahl. Bei Gott, ich habe nicht einmal angeordnet, dass mit dem Abendmahl bis zu meiner Rückkehr gewartet wird! Also sagt mir, wie sollte ich meine Macht missbraucht haben?“
Lucien atmete heftig. „Was denkt Ihr demnach, war der Grund?“
„Sagt Ihr es mir“, flüsterte sie. „Ich möchte wissen, warum.“
Ein raues Lachen entrang sich seiner Kehle. „Frieden, das ist alles. Ich habe all das getan, um etwas Frieden für mich selbst zu finden.“
Schweigen hüllte sie beide ein wie ein feines Spinnennetz, das verhinderte, dass sich einer von ihnen auch nur bewegte. Schließlich überbrückte er den Abstand zwischen ihnen mit einigen langen Schritten.
„Wo ist denn mein Frieden? Ich habe ihn nicht gefunden. Und nun, mit Euch als meiner Gemahlin, werde ich ihn wohl niemals erlangen.“ Zu Alaynas Erstaunen nahm seine Stimme einen bittenden Ton an. „Vergesst Eure Bitterkeit. Ihr seid meine Gemahlin und werdet die Mutter meiner Kinder sein. Die Entscheidung ist gefallen, also seid zufrieden damit. Lasst uns diese erschöpfenden Streitereien aufgeben.“
„Ich dachte niemals, dass es eine richtige Ehe sein sollte“, sagte sie sanft.
„Nun, ich wünsche mir, dass wir in jedem Sinne Mann und Frau sind. Und Ihr werdet keinen Grund haben, unglücklich zu sein. Im Gegensatz zu Eurem ehrlosen ersten Gemahl werde ich meine Pflichten ernst nehmen.“
Lucien legte seine großen Hände auf ihre Schultern, und erregende Schauer liefen über Alaynas Rücken. Er war ihr so nahe, dass sie nun seinen männlichen frischen Duft riechen konnte.
Ihr fehlten die Worte, da ihr plötzlich die Hilflosigkeit ihrer Lage bewusst wurde. Sie war seine Gemahlin und würde ihm alles geben müssen, was er von ihr verlangte.
Schließlich siegte jedoch ihr Starrsinn über ihr Verlangen, endlich Frieden mit ihm zu schließen. Nachdem sie sich etwas gefasst hatte, sagte sie entschlossen: „Nein.“
11. KAPITEL
Lucien wusste, dass er versagt hatte. Verzweifelt rang er nach den richtigen Worten, um ihr die Verletzung heimzuzahlen, die sie ihm gerade zugefügt
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