HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
indem er uns in Furcht und Schrecken versetzte.“
Nachdenklich hörte sich Lucien die vielfältigen Geschichten der mühseligen Jahre unter du Bergs Herrschaft an. Er sah auch, dass dieser Dorfrat aus guten und ehrlichen Männern bestand. Sicher scheuten sie harte Arbeit nicht, doch Edgars demütigende Unterdrückung hatte ihren Widerstandsgeist geweckt.
Lucien wartete geduldig, bis alle ihr Anliegen vorgebracht hatten. Schließlich erhob er sich von seinem Stuhl. „Einige Eurer Bedürfnisse, die euch mein Vorgänger verweigert hat, kann ich sofort beheben. Ich werde Eure Hütten instand setzen lassen und eure Familien mit den notwendigen Vorräten versorgen. Tatsächlich habe ich dies bereits in die Wege geleitet. Ich bin bereit, Edgar du Bergs Fehler wiedergutzumachen, dennoch werde ich nicht zulassen, dass mein guter Wille ausgenutzt wird. Ich erwarte, dass jeder Mann arbeitet, und es ist mein Recht als euer Lord, Abgaben zu erheben. Trotzdem werde ich nur nehmen, was ich brauche, und das wird nicht einmal ein Zehntel dessen betragen, was Lord Edgar vorher von euch verlangte.“
Ein erstauntes Murmeln war zu vernehmen, während sie gespannt seinen nächsten Worten lauschten. „Was die übrigen Beschwerden betrifft, so werde ich darüber nachdenken.“
Der Greis stand langsam auf, und ein bewundernder Ausdruck trat in seine Augen. „Wir danken Euch, Mylord.“
Lucien gab Agravar ein Zeichen, dann verließen sie die Kammer. Draußen sagte er: „Befiehl unseren Männern, sich diesen Ort genau anzusehen und eine Liste der benötigten Dinge zu erstellen. Helft heute, so viel ihr könnt, und berichtet mir anschließend.“
„Das Schloss braucht eine Käsefrau?“, fragte Ledas Mutter ungläubig.
Alayna nickte. „In der Tat, gute Frau. Im Schloss besteht immer Bedarf für solch ausgezeichneten Käse wie deinen. Ich werde für dich und deine Familie Platz schaffen lassen.“
„Habt Ihr auch eine Aufgabe für meine Tochter?“
„Aye“, versicherte Alayna der Mutter. „Leda wird mir behilflich sein. Ich brauche eine Zofe.“
Mutig fuhr die Frau fort: „Ich habe noch eine Frage. Wenn wir in das Schloss kommen und Seiner Lordschaft dienen sollen, möchte ich wissen, was für ein Mann er ist.“ Sie warf Alayna einen bedeutungsschweren Blick zu. „Wird meine Tochter sicher sein?“
Alayna wunderte sich über die unverschämte Offenheit dieser Frau, doch sie konnte ihre Sorge verstehen. So mancher Lord glaubte, dass es sein gutes Recht sei, jede seiner Dienstmägde nach seinem Belieben zu nehmen.
Sie antwortete: „Er missbraucht seine Macht niemals, und er respektiert seine Vasallen und Diener. Gewiss würde er weder deiner Tochter noch irgendeinem anderen Mädchen ein Leid zufügen. Er verbot seinen Männern sogar ihre üblichen … Ausschweifungen, nachdem sie den Bergfried eingenommen hatten.“
Sie war selbst überrascht, wie sie de Montregnier in den höchsten Tönen lobte. Ihre Worte waren nicht einmal gelogen, sondern entsprachen genau der Meinung, die sie sich von ihm gebildet hatte. Plötzlich wurde sie sich bewusst, dass ihr Gemahl in jeder Hinsicht ein bewundernswerter Mann war – außer, was sie betraf. In ihrer Gegenwart schien er seine Skrupel zu verlieren, da sie offenbar das Schlechteste in ihm zum Vorschein brachte. Zum ersten Mal verspürte sie den Wunsch, diesen Zustand zu ändern.
„Nun gut, wir werden mitkommen“, sagte die Frau. Leda klatschte begeistert in die Hände und stieß einen kleinen Freudenschrei aus.
Alayna freute sich über den Zuwachs für die Schlossgemeinschaft, und sie fragte sich, ob Lucien ebenso zufrieden damit sein würde.
Leda und ihre Mutter packten ihre spärlichen Habseligkeiten zusammen, um noch an diesem Abend mit den anderen in den Bergfried zu reiten. Während sie beschäftigt waren, spielte Alayna draußen mit dem kleinen Thom. Bald hatten sie die Aufmerksamkeit der anderen Kinder auf sich gezogen, und die kleine Gruppe spielte lautstark Fangen.
Lucien wandte sich um, als er das vergnügte Gelächter hörte. Seine Gemahlin rannte gerade einer ausgelassenen Bande schmutziger Kinder hinterher. Während er sie eine Weile beobachtete, konnte er sein Lächeln einfach nicht unterdrücken.
Wie sehr er sie vermisst hatte. In seiner Abwesenheit hatte er gehofft, wieder einen klaren Kopf zu bekommen, wenn er sie nicht zu Gesicht bekam. Stattdessen war sein Verlangen von Tag zu Tag größer geworden, und er hatte sich zwingen müssen, sich von ihr
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