HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
Bandschleifen an ihrem Ärmel zu fassen bekam, doch sie riss sich los und rannte blindlings darauf los, ohne danach zu fragen, wohin, wenn es nur außerhalb seiner Reichweite war. So schlüpfte sie durch den erstbesten Durchgang und dann durch den nächsten und wieder durch einen anderen, bis sie überhaupt nicht mehr wusste, wo sie sich befand. Sie blickte an den dunklen Wänden der Gebäude entlang, die nur wenige Fenster aufwiesen. Es war der Flügel, in dem die Dienerschaft untergebracht war, von denen die meisten wohl immer noch bei der Festivität im Hauptbau des Schlosses beschäftigt waren. Hier um Hilfe zu rufen, hatte wenig Wert, ja, würde unter Umständen sogar noch neue Gefahren hervorrufen.
Seraphina durchquerte einen Bogengang, der so niedrig war, dass sie sich ducken musste, und fand sich in einem weiteren winzigen, mit Kopfsteinen gepflasterten Hof wieder. Sie blieb stehen und hielt sich um Luft ringend die Seiten. Denleigh folgte ihr immer noch. Man konnte das Platschen seiner nassen Schuhe auf den Steinen hören. Gab es nirgends einen Ausweg für sie – oder doch? In einer Ecke, an der zwei Gebäude rechtwinklig aufeinanderstießen, befand sich ein schmaler Spalt. Mit dem Mut der Verzweiflung gelang es Seraphina, sich trotz ihrer weiten Röcke hindurchzuquetschen. Schließlich war es geschafft und sie taumelte auf einen weichen glatten Rasen.
Mühsam erhob sich Seraphina wieder und lief auf den Umriss eines niedrigen, dunklen Gebäudes zu. Es war ihr gleichgültig, wo sie sich befand, und sie dankte nur allen Heiligen, dass sich jetzt Gras unter ihren Füßen befand und kein Kopfsteinpflaster mehr. Als sie näher kam, stellte sie beklommen fest, dass das Gebäude völlig leer und verlassen war. Doch vielleicht bot es wenigstens ein günstiges Versteck. Kurz bevor sie das niedrige Bauwerk erreicht hatte, kam der Mond abermals aus den Wolken hervor und übergoss alles mit seinem silbrigen Licht. Es war der Bowlrasen und der Pavillon für die Gerätschaften! Dann musste Richard in der Nähe sein. Schon öffnete sie den Mund, um nach ihm zu rufen, als sie zu ihrer großen Erleichterung einen Mann reglos auf einer der Bänke sitzen sah, auf denen sich die Spieler zwischen den einzelnen Runden auszuruhen pflegten. Er blickte sie mit weit geöffneten Augen verwundert an.
„Sir John, Gott sei’s gedankt!“ Seraphina holte tief Atem, lief auf ihn zu und packte ihn am Arm. „Bitte …“
Die weiteren Worte blieben ihr in der Kehle stecken, als John Malgreave nach vorn sank und plötzlich vor ihren Füßen lag.
„Nein …“ Ein kaum hörbares Stöhnen kam von Seraphinas Lippen. Im Mondschein glitzerte das Heft eines Stiletts in seinem Nacken! In ihrem Entsetzen bemerkte sie nicht, wie ein Mann lautlos aus dem Pavillon trat. Schon öffnete sie die Lippen zu einem Schrei … Da legte sich eine Hand auf ihren Mund, und Arme umschlangen sie wie mit Eisenklammern. Furcht und Grauen betäubten Seraphina, während der Angreifer sie zurück in den Schatten des Pavillons zog. Dort begann sie dann, sich aufzubäumen und wild um sich zu schlagen. Sie stieß ihre Hacken in die Schienbeine des Fremden und biss in die Hand auf ihrem Mund. Widerstandslos würde sie nicht John Malgreaves Schicksal teilen.
„Haltet um Gottes willen still! Ich bin es.“
„Richard …“ Die geflüsterten Worte hatten ihr die Ruhe wiedergegeben, und als die Angst einer großen Erleichterung wich, sank Seraphina in Heywoods Armen zusammen. Sie konnte an nichts anderes mehr denken, als dass er gekommen war, als sie ihn am meisten gebraucht hatte, und dass sie nun in Sicherheit war.
„Denleigh …“, murmelte sie hinter seiner Hand. „Du hattest recht. Es tut mir leid.“
„Psst, kein Wort! Versteht Ihr …“, flüsterte der Earl ihr ins Ohr. „Wir … dürfen hier … nicht gefunden werden.“
Seraphina nickte, noch zu benommen, um mit ihm darüber zu streiten. In dem Augenblick, in dem der Mond wieder hinter einer Wolke verschwand und alles erneut in tiefes Dunkel versank, nahm er die Hand von ihrem Mund.
Seraphina hielt erschrocken den Atem an, als plötzlich Denleighs tapsende Schritte zu hören waren, zusammen mit seinen wilden Flüchen.
„Komm heraus, du boshafte Hexe! Ich weiß, dass du hier bist!“ Er begann, auf den Pavillon zuzugehen, stolperte dabei über die Bänke und trat wütend gegen die Pfosten des Vorbaues an der Vorderseite.
Unwillkürlich zuckte Seraphina zurück, als sich Denleigh der Stelle
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