Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Historical Exklusiv Band 06

Historical Exklusiv Band 06

Titel: Historical Exklusiv Band 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caryn Cameron Merline Lovelace
Vom Netzwerk:
unbesorgt." Sie schob die Männer aus der Tür und eilte trotz ihrer Müdigkeit in die Kammer der Tante. Die Muhme und Meg waren mit dem Verunglückten beschäftigt, der quer über dem Bett lag.
    "Seid ihr beide verrückt geworden, ihn ausgerechnet hierher zu bringen", flüsterte sie beim Eintreten, doch die Frauen würdigten sie kaum eines Blickes. Offensichtlich waren sie gerade dabei gewesen, ihren unfreiwilligen Gast trockenzureiben. Die nassen Kleidungsstücke lagen in einem wirren Haufen auf dem Boden. Rosalind schlich näher und betrachtete den Ohnmächtigen. Noch nie hatte sie eine solch über und über gebräunte Haut gesehen und eine solche Fülle lockiger schwarzer Haare auf der Brust. Über den Unterkörper des Mannes hatten die Frauen ein Laken gedeckt.
    "Er ist immer noch nicht bei sich", sagte Tante Bess, "wohl durch einen Schlag auf den Kopf. Wahrscheinlich bekommt er auch noch Fieber. Aber ich muss mich auch noch um die anderen kümmern und nach Hal sehen."
    "Hab ein Auge auf ihn", sagte Meg und sammelte die Kleider vom Boden auf, "während wir unsere Runde machen."
    "Und warum ist er genau gegenüber von mir untergebracht?" fauchte Rosalind wütend.
    "Hier ist er am besten aufgehoben", gab die Schwester zurück und verließ eilig mit der Tante den Raum.
    Umgeben von wohliger Wärme und Ruhe starrte Rosalind auf den Lord Lieutenant. Er atmete schwer durch den Mund, denn seine Nasenlöcher waren zugeschwollen. Die Nase musste wohl erst heute gebrochen sein. Man musste sie richten und bandagieren, solange er noch bewusstlos war. Aber Rosalind wollte verdammt sein, wenn sie das für ihn tat! Mochte er sein Leben lang mit einer schiefen Nase herumlaufen. Das passte zu der krummen Moral eines Höflings des Königs!
    Sie zog einen Stuhl heran und ließ sich darauf fallen, die Hände zu Fäusten geballt. Sobald dieser Mann und seine Leute sich nur ein bisschen erholt hatten, würde sie alle in eine Steinmetzhütte bei der halb fertigen Burg Deal bringen lassen. Aber dennoch konnte sie nicht aufhören, den Fremden anzublicken. Wie gut mochte er den König kennen? "Grausame Bastarde seid ihr alle", murmelte sie und erhob sich, um den Bewusstlosen genauer zu betrachten.
    Hin und weder zitterten seine Augenlider wie im Traum, doch sonst bewegte er sich nicht. Noch feucht lag sein rabenschwarzes Haar auf dem Kissen, mit Blut verkrustet.
    Sie beugte sich tiefer über ihn. Seine kräftige Gestalt gefiel Rosalind, und sie errötete bei dem Gedanken, dass die Muhme den Fremden wohl am ganzen Körper nackt gesehen hatte, ehe sie ihn mit dem Laken zudeckte. Schnell wandte sie den Blick ab.
    Der Mann schnaufte ein bisschen und murmelte vor sich hin. Irgendjemand sollte ihm wirklich die Nase richten, ehe er zu sich kam – wenn er überhaupt am Leben blieb. Ein seltsames Gefühl von Macht stieg in ihr auf, als sie sich vergegenwärtigte, wie hilflos dieser Fremde jetzt war, er, ein Vasall des allgewaltigen Königs. Er war ihr vollkommen ausgeliefert. Vorsichtig berührte sie seine hohe Stirn: Sie fühlte sich heiß an. Es schien tatsächlich noch ein Fieber hinzuzukommen. Und wenn er sich dann in seinen Träumen hin und her warf, konnte er die gebrochene Nase noch mehr verletzen.
    Ohne zu überlegen, entschloss sich Rosalind, sich selbst darum zu kümmern. Sie riss ein Stück Linnen in schmale, kurze Streifen. Während sie mit einer Hand den Kopf des Kranken festhielt, drückte sie den Knochen in die richtige Richtung und schob geschickt kleine Röllchen der leinenen Streifen in jedes Nasenloch. Der Mann verzog das Gesicht und stöhnte, aber er erwachte nicht. Zufrieden betrachtete Rosalind ihr Werk. Wie gut, dass sie behalten hatte, was der Vater ihr einmal gezeigt hatte.
    "Irgendwie und irgendwann", flüsterte sie, "wirst du bezahlen – und noch für vieles andere."
    Es war schon weit nach Mitternacht, als die Müdigkeit Rosalind überwältigte und sie sich hinlegte, aber ihr Schlaf blieb dennoch leicht und unstet. Sie hatte die Tür nur angelehnt, so dass sie jederzeit hören konnte, wenn der Kranke sich bewegte. Tante Bess, die in Megs Kammer schlief, hatte ihr das Versprechen abgenommen, die Ohren offen zu halten. Die beiden Frauen konnten sich kaum noch auf den Füßen halten, nachdem endlich alle Blessuren versorgt waren.
    Immer wieder schrak Rosalind aus dem Halbschlaf empor. Wahrscheinlich lag es an der Anspannung durch all die Fremden im Haus, dass sie nicht zur Ruhe kommen konnte. Sobald Lord Lieutenant

Weitere Kostenlose Bücher