Historical Exklusiv Band 06
über die Entfernung hin schien es ihr, als wolle sein Blick sie wieder auf das Bett zurückziehen. An allen Gliedern fühlte sie noch den Druck seines Körpers.
"Im Übrigen", fügte sie langsam und voller Bedacht hinzu, "je mehr solch geschickte Handwerker wie Master Stanway sich ihrer Arbeit widmen und nicht, zu welchem Zweck auch immer, im Gasthof herumlungern, desto eher könnt Ihr in die Festung einziehen. Wir alle würden das begrüßen. Guten Tag, Mylord."
Sie machte keinen Knicks, obwohl es dem Lord Lieutenant zugestanden hätte. Soll er ruhig glauben, ich bin ein einfältiges Dorfmädchen, das nicht weiß, was sich schickt! Und soll er ruhig denken, ich bin eine zarte, zerbrechliche und meinetwegen auch wirrköpfige kleine Frauensperson, zu schwach zum Rudern und zu dumm, um Beträge zusammenzählen zu können und … die Schmuggler anzuführen!
Aber das Letzte, was sie sich gewünscht hatte, war, dass er sich hier einnistete wie eine lästige Spinne. In diesem Netz war sie nun für die nächste Zeit gefangen. Nur ein paar Schritte über den Flur schlief er von ihr entfernt und von den Geheimnissen in ihrer Kammer. Das alles hatte sie vermeiden wollen, und nun …
Aus Gründen, über die sie lieber nicht nachdenken wollte, hatte sie sich in seiner Nähe benommen wie eine törichte Jungfrau beim ersten Male! Und was sie wider alle Vernunft mehr erschreckte als die Möglichkeit, dass er sie und ihre Männer beim Schmuggeln entdecken würde, war die Tatsache, dass sie sich niemals und nirgends auch nur einen Augenblick lang so schwach und wundervoll gefühlt hatte, nicht einmal bei ihrem geliebten Murray!
3. Kapitel
"Nun da Lord Spencer wieder auf den Beinen ist", sagte Meg ein paar Tage später zu Rosalind, als sie bei einer Kanne heißen Apfelweines in ihrem Zimmer beisammensaßen, "solltest du wohl etwas höflicher zu ihm sein. Nicht, dass du Vergangenes vergangen sein lassen sollst, aber er war doch schließlich nicht derjenige, der die Boote zerstört hat. Er hat sich bei allen für seine Rettung bedankt und auch dafür bezahlt. Und die Burg, die werden wir schon brauchen, wenn uns die Franzosen eines Tages angreifen werden."
"Sei still!" wisperte Rosalind. "Seitdem er hier ist, habe ich das Gefühl, die Wände haben Ohren. Außerdem bin ich höflich zu ihm, wenn es die Geschäfte oder andere Notwendigkeiten verlangen, dass ich mit ihm rede."
Meg stieß einen tiefen Seufzer aus und warf ihrer Schwester einen Blick von der Seite zu. "Ich glaube, er hat etwas übrig für dich, doch du gehst ihm immer und überall aus dem Wege. Er dürfte kaum der Mann sein, den Frauen gewöhnlich meiden, und er ist jetzt die wichtigste Person in der ganzen Gegend. Wenn du weiterhin einen Bogen um ihn machst, was wird er denken?"
"Dass ich mit meinen eigenen Angelegenheiten beschäftigt bin, so wie er mit den seinen."
"Aber wenn du nicht willst, dass er seine Nase in deine …" Meg senkte die Stimme, "… deine Handelssachen steckt, dann solltest du dich nicht so interessant für ihn machen. Er hat mehrmals gefragt, wo du bist. Freilich, wenn du tatsächlich seine Neugier noch mehr anstacheln willst …"
Rosalind überhörte die Vermutung, der Lord habe ein Auge auf sie geworfen. "Mach dir keine Gedanken, Meg. Wenn er annimmt, ich gehe ihm aus dem Weg, dann weiß er auch, warum. In einer unserer wenigen Unterhaltungen habe ich ihm klargemacht, dass nicht alle Untertanen des Königs beglückt sind, wenn ein friedlicher kleiner Ort von fünfhundert Bauleuten und einem anspruchsvollen Kommandanten heimgesucht wird. Ja, der Gasthof hat sein Gutes davon, aber Deal bekommt nach wie vor kein Marktrecht. Wir haben alle diese Mäuler zu stopfen, und den Gewinn daraus zieht Sandwich, weil dort der Markt ist. Außerdem kennt er meine Meinung, dass die angeblich uneinnehmbare Veste die Franzosen ebenso anlocken wird wie der günstige Strand. Natürlich, sagte ich ihm, zählt der weitere Ruin des armen bedauernswerten Fleckens nichts, da die Tudors ihn ohnehin für entbehrlich halten …"
"Das alles hast du gewagt, ihm zu sagen!" Meg riss die Augen weit auf. "Kein Wunder, dass er dich mit seinen Blicken aufspießt! Und ich dachte, das sei Amors Werk. Aber ich möchte dich daran erinnern, was Mutter immer sagte, wenn Vaters Temperament überkochte: Du kannst mehr Fliegen mit Zucker fangen als mit Essig!"
"Lord Spencer ist eher eine Spinne denn eine Fliege", widersprach Rosalind, "und ich habe nicht die Absicht, ihn zu
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