Historical Exklusiv Band 06
Sie müssen in der Höhle am Strand bleiben, vielleicht auch in der leeren Gruft neben der Kirche. Ich habe schon geahnt, dass alles sehr schwierig werden würde … Ich bin so froh, dass du wenigstens die Meinung der anderen nicht teilst, Wat", fügte sie langsam hinzu und tätschelte ihn wie einen braven Jungen oder einen treuen Hund, ehe sie davonging.
Wat blickte ihr nach und wischte sich die Nase mit dem Hemdsärmel, als sie ihn wie immer stehen ließ.
Rosalind schreckte auf, als ein Klopfen an ihrer Tür und die Stimme von Nicholas Spencer ertönte. "Mistress Rosalind! Ich hätte gern ein paar Worte mit Euch gesprochen."
Während sie zur Tür eilte, ordnete sie rasch das Haar und strich ihren dunkelgrünen Samtrock glatt. Nicht, dass sie Wert darauf legte, Seiner Lordschaft zu gefallen, aber sie hatte im Zimmer herumgekramt und wollte nicht so zerzaust erscheinen. Sie öffnete schnell genug, um in den Flur hinaustreten und die Tür leise wieder hinter sich schließen zu können.
"Ja, Mylord?"
"Ich werde Euch nicht lange in Anspruch nehmen, ich denke jedoch, es gibt Dinge, um die wir uns beide kümmern müssen."
Sie nickte, schwieg indes. So nahe bei ihm in dem dämmrigen Hausgang fühlte sie wieder die machtvolle Wirkung dieses Mannes. Wie eine versteckte Drohung stützte er eine Hand neben ihr gegen die Wand, aber Rosalind zuckte mit keiner Wimper. Zumindest gaben ihr seine Größe und seine kräftige Gestalt nicht mehr das Gefühl von Unterlegenheit. Dennoch klopfte ihr Herz wie immer, wenn er ihr so nahe kam.
In den vergangenen Tagen hatte Rosalind einige Anstrengungen unternommen, um etwas liebenswürdiger aufzutreten. Sie ging ihm nicht mehr aus dem Wege, sprach mit ihm und lächelte ihn sogar an, ohne jedoch seine Gegenwart zu suchen. Sie unterdrückte mühsam ihre Wut, wenn er sich gebärdete, als genügte ein Fingerschnippen, und das ganze Land würde auf ihn hören. Immer erwartete er, dass alles sofort und vorbildlich erledigt wurde.
Rosalind verübelte ihm seinen Einbruch in ihr Leben. Seine bloße Anwesenheit weckte ihren Trotz. Dennoch war der Rat ihrer Freunde, den Lord Lieutenant nicht unnötig herauszufordern, klug gewesen. Vielleicht konnte sie dahinter kommen, wo er sich zu bestimmten Zeiten aufhielt und was er unternehmen wollte, um die Schmuggler ausfindig zu machen. So zwang sie sich zu einem kleinen Lächeln, und als Antwort leuchteten seine dunklen Augen auf.
"Ich saß gerade beim Geldzählen, Mylord. Es hat meiner Familie und der ganzen Ortschaft sehr geholfen, all die vielen Gäste hier zu haben, Euch inbegriffen natürlich."
"So ist es mir also gelungen, eine Bresche in die hohen Mauern von Mistress Rosalinds Unzugänglichkeit zu schlagen?" fragte er halblaut. "In der Tat", fuhr er fort, noch ehe sie antworten konnte, "betrifft es die Gäste hier im Wirtshaus, worüber ich mit Euch reden möchte."
"Die meisten von ihnen sind in diesen Tagen mehr unter Eurer Aufsicht gewesen denn unter meiner, sofern Ihr irgendwelche Klagen habt."
"Wenn die Bauleute außerhalb der Festung und ihrer Unterkünfte sind, fühlen sie sich frei, dem Bier übermäßig zuzusprechen und mit den Einheimischen zu zechen. Obwohl ich die königliche Ermächtigung zur Machtausübung in der gesamten Region habe, möchte ich doch keinen Gebrauch davon machen, außer im Ernstfall. Zu viele Anordnungen zur Unzeit können das Vertrauen untergraben." Bei diesen Worten schweifte sein Blick über Rosalind, und sie hatte das ungute, aber erregende Gefühl, dass sie gar nicht mehr über das Benehmen der Steinmetzen sprachen. In ihrem Halse saß ein Kloß, doch sie wich seinem Blick nicht aus.
"So dass ich es also gern sehen würde", fuhr er fort, "wenn wir beide ein Auge auf die Männer haben könnten, denn ich habe gemerkt, wie die Leute Euch bewundern und respektieren."
Rosalind hatte längst mitbekommen, dass er sie beobachtete. Aber obwohl bei den Worten "wir beide" eine innere Stimme rief: Niemals, niemals!, neigte sie billigend den Kopf. "Als Erstes: Die Zecherei zieht sich zu lange hin und ist zu geräuschvoll hier im 'Rose und Anker'", erklärte er. "Sobald meine Bauleute auch nur einen Krug Bier intus haben …"
"Und Ihr erwartet tatsächlich, dass so eine kleine zerbrechliche Frau in dem winzigen Deal die Leute des Königs maßregelt, die uns freundlicherweise aus dem großen London geschickt wurden?" gab sie zurück und bereute sofort, dass sie schon wieder einen so kratzbürstigen Ton
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