Historical Exklusiv Band 06
wird."
Mit Schrecken stellte Rosalind fest, dass sie tatsächlich mit dem Feuer spielte. In diesen Zeiten voller Spannungen konnte der König Schmuggelei im Umkreis seiner kostbaren Burg als etwas viel Schlimmeres ansehen als nur die Umgehung von Abgaben und Zoll – nämlich als Verrat! Und auf Verrat stand die Todesstrafe!
Nun war es noch wichtiger geworden, dass sie den Kampf gegen Nick Spencer gewann. Sie musste gegen ihn zu Felde ziehen. Ihre beste Verteidigung würde sein, wenn sie jeden Kurswechsel von ihm mitmachte. Seine freundliche Haltung von vorhin schien verschwunden zu sein. Ein tödlicher Ernst ging jetzt von ihm aus, und dem musste sie sich nun anpassen. Er hatte ihr auf Umwegen gedroht, und so musste sie ihn nun ihrerseits auf schlaue Weise unsicher machen.
"Ihr sagt, Seine Majestät der König kann es nicht gestatten, dass mit den verfeindeten Franzosen heimlich Handel getrieben wird – aber Ihr seid doch offensichtlich hier, um gerade das zu versuchen!" stellte Rosalind energisch fest. Sie hatte genug von dem Geflüster der Männer mitbekommen, um zu wissen, dass sie auf Schmuggelkontakte aus waren, von denen sie Schlussfolgerungen auf die Verbindungen nach Deal ziehen konnten. "Ich kann nicht begreifen, weshalb Ihr mich hier durch die Straßen schleppt, damit es so aussieht, als hätte ich irgendetwas mit den Beziehungen zu Frankreich zu tun, während Ihr es doch seid, der solche sucht!"
"Still!" zischte Nick. "Ich habe ja nicht behauptet, dass Ihr selbst Verbindungen zu den Franzosen habt, doch ich verbürge mich dafür, dass Ihr genau wisst, wer aus Deal darin verwickelt ist. Ich will Namen, Tatsachen, selbst wenn sie unbedeutend erscheinen oder unwahrscheinlich! Und ich will auch mehr wissen über diesen verdammten Franzmann, mit dem Ihr geflüstert habt – der 'meine liebe Rosalind' zu Euch gesagt hat!"
"Das sind doch nichts als leere Worte."
"Zur Hölle!" fluchte Nick wütend und zog Rosalind zur Seite. Er führte sie zu einer engen Gasse mit weit überhängenden Hausgiebeln. "Ich bin es müde, dass Ihr mir immer widersprecht, Rosalind! Es wäre besser für Euch und auch für Deal, wenn Ihr mir alles erzählen würdet. Ich werde so oder so mein Ziel erreichen – also helft mir lieber dabei."
"Ich antworte nicht gern auf Drohungen, Mylord."
"Dann nennt es meinetwegen Versprechungen."
Verdammt, aber diese Frau brachte ihn mehr in Rage als je eine andere zuvor! Nick war nahe daran, die Geduld zu verlieren und ihr anzukündigen, dass er bei seiner Rückkehr den ganzen Gasthof, vom Keller bis zu den Dachschindeln, durchsuchen werde. Eigentlich hatte er ihr einen Handel vorschlagen wollen: Schutz, Straflosigkeit, sogar Belohnung gegen eine umfassende Preisgabe allen Wissens. Jeder Mann mit einem gesunden Menschenverstand wie er selbst hätte ebenso fest damit gerechnet, dass sie schließlich alles ausplaudern würde. Nun denn, es würde eben anders verlaufen. Da würde es keine Nachsicht mehr geben, sondern nur noch das Aufdecken aller Karten und danach die gänzliche Vernichtung der Schmuggler!
Nick warf den Rest seines Apfels in den knöcheltiefen Schmutz zu beiden Seiten der Gasse und hielt auf einen geeigneten Gasthof zu. Er hatte seine Leute angewiesen, die Mitteilung auszustreuen, dass er interessiert sei, einen "freien Handel", um Rosalinds Ausdruck zu benutzen, zwischen Sandwich und Boulogne ins Leben zu rufen, und wartete ungeduldig darauf, die Schmuggler endlich damit aus ihrem Bau zu locken. Aber Rosalind war so trotzig, so unerschütterlich in ihrer Unschuld, dass es ihn unsicher machte. Sie konnte ihn zur Weißglut bringen und war doch gleichzeitig die bezauberndste Frau, die ihm je begegnet war. Und trotz seiner üblen Laune wagte sie immer noch, an ihrem Apfel herumzuknabbern, als wäre sie Eva und wolle ihn ins Paradies locken! Schließlich blieben sie in einer engen Gasse unter einem Wirtshausschild stehen. Zum Glück war Rosalind noch nie in dem Gasthof gewesen, wenn auch Pierre nicht weit entfernt davon wohnte.
"Geht hinein und fragt, ob wir eine Kammer bekommen können", befahl Nick einem seiner Leute, die sich inzwischen alle eingefunden hatten, und händigte ihm eine gefüllte Börse aus.
Rosalind unterdrückte einen erleichterten Seufzer. Den ganzen Tag waren sie umhergezogen, und ihre Füße schmerzten.
"Ich danke Euch", flüsterte sie. "Ich werde auch nicht versuchen zu fliehen."
"Ihr meint für das Zimmer?" sagte Nick so nahe an ihrem Ohr, dass sie seinen
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