Historical Exklusiv Band 06
und jeden Winkel kannte?"
Die Worte klangen laut und böse. Er sah wütend aus. "Da hatte jemand angebissen, aber der verwünschte Fisch ist wieder entwischt", murmelte Nick mehr zu sich selbst. "Und nun fange ich wieder das alte Lied an: Wer, zum Teufel, war das, Rosalind?"
Sie stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus, merkte aber sehr schnell, dass sie zu voreilig gewesen war. Nick kam auf sie zu und riss ihr die Decke weg.
"Der Mann benutzte ein bestimmtes Klopfzeichen, nicht wahr? Es wird Zeit, dass du jetzt ohne Deckmantel vor mir stehst, meine kleine Unschuld!"
"Mir ist kalt, Nick! Gib mir die Zudecke!" wagte Rosalind zu bitten, obwohl sie vor Angst, nicht vor Kälte zitterte. Seine dunklen, zornigen Augen schienen ihr auf den Grund der Seele zu blicken. Nick beugte sich über sie, drückte sie auf die Matratze und hielt ihre Arme fest. Sein Atem kam stoßweise, sein Griff war derb.
"Wer war der Mann, Rosalind?"
"Wie soll ich das wissen? Irgendjemand, den deine Männer im Hafen mit deinen Schmuggelplänen angelockt haben, nehme ich an."
"War es nicht vielleicht dein so genannter Freund Rene?"
"Was weiß ich! Ich habe nicht einmal sein Gesicht gesehen."
"Aber du bist aufgestanden, um ihn hinter meinem Rücken zu warnen. Als er dich mit der Kerze sah, lief er davon."
"Ich bin nur aufgestanden und habe die Kerze geholt, damit du besser sehen konntest."
"Was du nicht sagst! Dann erkläre mir einmal, warum er diesen alten Kinderreim aufgesagt hat, in dem dein Name vorkommt!"
"Was? Mein Name? Das bildest du dir ein!"
Das Blut strömte ihr durch die Adern, rauschte in den Ohren. Es war Tante Bess gewesen mit ihrer Vorliebe für alte Kinderlieder, die vor ein paar Jahren dieses Losungswort vorgeschlagen hatte.
"Am besten, du fragst deine Leute", sagte Rosalind dreist, "warum die Burschen, mit denen sie gesprochen haben, Kindergedichte aufsagen." Ihre Stimme zitterte etwas, doch es gelang ihr, kühl zu bleiben. "Vielleicht war es nicht einmal ein Franzose", fuhr sie fort, um Zeit zu gewinnen. "Da du so überzeugt bist, dass ich meine paar Brocken Französisch zu unerlaubten Zwecken benutze, wäre es doch wohl nahe liegend, dass Franzosen, wenn sie mit mir reden wollten, Französisch sprächen, oder? Und nun lass mich los, du tust mir weh."
Nick richtete sich auf und zog sie an sich. Er drückte ihre Arme gegen seine nackte Brust.
"Du bist viel schlauer als die meisten Männer, meine Süße. Ich frage mich, ob sich der Reim vielleicht nicht nur auf deinen Namen bezieht, sondern auch auf das Gasthaus 'Rose und Anker'!"
"Du bist total verrückt und besessen! Du siehst Gespenster!"
"Ich werde dir sagen, wo ich Gespenster sehe", sagte Nick, hob Rosalind aus dem Bett und stellte sie auf die Füße. "Wir brechen jetzt unverzüglich auf, denn hier sind wir nicht mehr sicher. In Deal werde ich dann eine eingehende Besichtigung des Gasthofes vornehmen. Und wenn ich auch nur ein Anzeichen dafür finde, dass mein Verdacht berechtigt ist, wirst du mir nicht durch die Finger schlüpfen, Rosalind. Dann werde ich der Sache auf den Grund gehen. Und nun ziehe dich an. Es ist nicht ratsam zu warten, bis dein Freund mit seinen Raufbolden zurückkommt, und außerdem möchte ich auch nicht veranlasst werden, noch mehr Zeit mit deinem schönen und sehr hingebungsvollen Körper zu vergeuden."
Rosalind wollte ihn am liebsten schlagen, anschreien, ihm die Augen auskratzen, und er brachte sie noch mehr in Wut, als er sie beim Loslassen tätschelte. Er war ein Flegel, ein Grobian! Ihre gemeinsamen kostbaren Stunden hatte er Zeitverschwendung genannt! Und er hatte ihr die Schuld gegeben, weil sie so bereitwillig gewesen war, dieser Schuft! Wenn sie ihm doch die Nase wieder brechen könnte, die sie ihm törichterweise gerichtet hatte! Warum nur hatte sie ihn nicht in den Fluten umkommen lassen? Rosalind beeilte sich mit dem Ankleiden, wenn sie auch im Innern schäumte und kochte und tausend Flüche und Schimpfnamen für Nick fand.
Aber sie war auch sehr beunruhigt. Wenn Nick tatsächlich das Gasthaus durchsuchen wollte, würde er ihr Geheimfach in der Wand finden und auch die Falltür im Fußboden und die verschiedenen Kellergewölbe! Sie hasste ihn dafür, wie er sie gestern Abend genommen hatte, und verachtete sich, weil sie in seinen Armen dahingeschmolzen war. Doch zunächst musste sie erst einmal sicher nach Hause kommen, um die anderen vor der Benutzung des Klopfzeichens und der Losung zu warnen. Sie musste wieder
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