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Historical Exklusiv Band 06

Historical Exklusiv Band 06

Titel: Historical Exklusiv Band 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caryn Cameron Merline Lovelace
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durchhalten können."
    "Ich verstehe", erwiderte Sarah mit schwacher Stimme.
    "Es hat etwas mit Ying und Yang zu tun."
    Ach so. Ying und Yang. Himmel und Erde. Männlich und weiblich. Weiße Tiger und grüne Drachen. Sarah verstand genug von der orientalischen Philosophie, um die Tatsache zu bewundern, dass sie so ausgewogen war. Dass Tiger sterben mussten, um zu einem Aphrodisiakum verarbeitet zu werden, konnte jedoch nicht ihren Beifall finden.
    Der kleine, sehnige Matrose zwinkerte. "Keiner im Westen kennt das Buch", gestand er, "wir haben ein Monopol auf den Handel, wenn Sie verstehen, Miss."
    Sarah vermutete, dass der Handel mit diesen Waren nirgends als so schlecht oder abstoßend angesehen werden würde wie der Handel mit Opium. Dennoch sank ihre neuerdings so gute Meinung über den Kapitän um ein oder zwei Punkte.
    Wie die meisten Ausländer hatte Sarah kein Gefühl für den Klang der chinesischen Sprache. Eine einzige Silbe konnte auf mindestens vier verschiedene Arten ausgesprochen werden, die alle eine andere Bedeutung vermittelten. Sogar die Chinesen selbst hatten Schwierigkeiten, einander zu verstehen, wenn sie aus verschiedenen Provinzen oder Dörfern kamen. Oft schrieben sie auf ihre Handflächen oder malten ein Zeichen in den Sand, denn das gesprochene Wort konnte leicht missverstanden werden, das geschriebene dagegen nicht.
    Während der Jahre in Macao hatte Sarah sich einen Wortschatz von mehreren Hundert Zeichen angeeignet, wesentlich kleiner als der eines durchschnittlichen Kindes von vier oder fünf Jahren, jedoch ausreichend, um die Namen der Leute zu erkennen, die in der Mission arbeiteten, und der Teesorten, die der Koch für sie erworben hatte. Allen Abernathys war diese Leidenschaft der Engländer für Tee gemein. Sarah war noch einen Schritt weiter gegangen, indem sie lernte, den Geschmack jeder Sorte zu erkennen und auch deren Herkunft. Daher bemerkte sie sofort, dass die Zeichen auf den Teekisten, die dem Kapitän angeboten wurden, nicht den Quellen entsprach, die der Händler genannt hatte. Wenn überhaupt, so bezeichneten die Symbole eine niedrigere Qualität, eine Sorte, die weiter westlich gewachsen war.
    "Mr. Hardesty", flüsterte sie, "sagen Sie dem Kapitän, er solle den Tee in diesen Kisten überprüfen."
    Der einäugige Matrose warf ihr einen zweifelnden Blick zu.
    "Ich könnte wetten, er wird feststellen, dass der Tee grasgrün ist", beharrte sie, "nicht silbergrau, wie er sein sollte. Gehen Sie gleich, ehe er den Handel abschließt und das Gesicht verliert."
    Noch immer zweifelnd, tat Hardesty, was sie verlangt hatte. Er bahnte sich den Weg durch die Kisten und Bündel an Deck, bis zum Kapitän. Sarah sah, wie Straithe den Kopf neigte, um zuzuhören, dann drehte er sich um und warf ihr stirnrunzelnd einen Blick zu. Sie duckte sich in die Schatten, weil ihr seine Anweisung einfiel, außer Sichtweite zu bleiben.
    Nach einer Pause, die ewig anzudauern schien, hörte sie, wie er verlangte, die Teekisten für eine Überprüfung öffnen zu dürfen. Der Händler widersprach energisch. Seine Landsleute stimmten in sein Protestgeschrei ein. Aus einem lauten Wortwechsel in Pidgin-Englisch wurden wütende Ausrufe, die abrupt verstummten, als jemand mit einer Axt in eine Kiste schlug.
    Sarah spähte um die Ecke und sah, wie Straithe breitbeinig über einer zersplitterten Holzkiste stand, die Axt noch in der Hand. Als die Männer der Phoenix die grünen Blätter unter einer dünnen Schicht silbergrauer entdeckten, murrten sie laut.
    Plötzlich und ohne jegliche Vorwarnung brach die Hölle los. Entsetzt sah Sarah, wie die Männer sich mit Fäusten und Latten auf die Chinesen stürzten. Diese wehrten sich, so gut sie konnten. Sie verteidigten sich mit gezielten Fußtritten und Hieben, die von alten Meistern der Kampfkunst überliefert worden waren, und gingen dann zum Angriff über. Das Handgemenge breitete sich im Nu über das ganze Deck aus, und jeder Mann beteiligte sich daran, sogar der elfjährigen Henry.
    Von dem Chaos, das sie hervorgerufen hatte, war Sarah zunächst wie gelähmt. Dann erinnerte sie sich an einen anderen Befehl des Kapitäns: Beim ersten Anzeichen von Unruhe sollte sie unter Deck gehen und dort bleiben.
    Also ging sie unter Deck und blieb dort.

6. Kapitel
     
    Die Rufe und der Lärm an Deck ließen allmählich nach. Sarah konnte noch immer nicht fassen, welches Chaos da losgebrochen war. Mit steigender Spannung wartete sie darauf, dass ihr der Kapitän oder jemand

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