Historical Exklusiv Band 06
seiner Männer für einen weiteren Rettungsversuch riskieren.
Trotz dieses Schwurs rannte er ein ganzes Stück zurück. Vielleicht war der Mann getroffen worden. James konnte ihn nicht einfach so verwundet zurücklassen.
Und dann entdeckte er eine dunkle Gestalt auf dem Boden. Ein leises Stöhnen sagte ihm, dass der Reverend tatsächlich verletzt war. Rasch kniete James nieder, hob den reglosen Körper hoch und legte sich den Mann über die Schulter. Er hatte keine Zeit, die Schwere der Verletzung festzustellen.
Der Missionar war hager, aber hoch gewachsen und schwerknochig. James stöhnte unter dem Gewicht und beeilte sich, seine Männer einzuholen. Kurze Zeit später brachen sie durch den Bambus und liefen auf die Hütten und die Fischernetze zu, die den Strand bedeckten.
Unbehagen packte James, als er die Menschenmenge sah, die sich am Ufer versammelt hatte. Sie trugen Fackeln – und gefährliche lange Fischhaken. Sie müssen, dachte er finster, den Schusswechsel gehört und sich bewaffnet haben, um bei dem Morden dabei zu sein. Er schob Abernathys reglosen Leib auf seiner Schulter höher und packte den Griff seines Messers fester, bereit, sich den Weg durch eine weitere feindselige Menschenmenge zu bahnen.
Als sie sich der finster dreinblickenden Truppe gegenübersahen, wichen die Fischer zurück. James' Nackenhaare sträubten sich, als er an ihnen vorbei zu dem Ruderboot ging, das am Strand lag.
Die beiden Männer, die als Wache zurückgelassen worden waren, grüßten die Landgänger mit Erleichterung. "Tut gut, euch zu sehen, Kameraden. Die Lage hier wurde ein wenig ungemütlich."
"Ja, und gleich wird es noch viel unbehaglicher werden", meinte James. "Gehen wir an Bord!"
Er legte den Missionar im Rumpf des Ruderbootes ab und wandte sich mit griffbereitem Messer den Dorfbewohnern zu, während die anderen einstiegen. Als der Letzte das Boot erklommen hatte, drehte er sich um, stemmte seine Schulter gegen den Rumpf und stieß es vom Strand ab. Die Männer begannen mit aller Kraft zu rudern.
Sie hatten kaum tieferes Wasser erreicht, da lief der Erste der Verfolger aus Dong Lo zwischen den Dorfbewohnern hindurch. Als er die Beute entkommen sah, zielte der Chinese. Ein Ruder splitterte, und einer der Ruderer sank zusammen.
Ehe der Chinese nachladen konnte, befand sich das Ruderboot außerhalb der Reichweite seiner Waffe. Rufend und fluchend sprangen die Verfolger in die Fischerboote. Dann legte eine kleine Flottille vom Ufer ab.
"Diese kleinen Boote sind schneller und leichter als unseres", stellte einer der Männer fest. "Die Kerle werden uns eingeholt haben, ehe wir das Schiff erreichen."
"Ja, das werden sie", erwiderte James. "Aber wir werden ihnen einen guten Kampf liefern, ehe wir …"
Plötzlich zerriss ein ohrenbetäubender Knall die Nacht. Die Männer im Boot zogen die Köpfe ein, als Flammen aus der Steuerbordseite der Phoenix zuckten. Eine Kugel pfiff unmittelbar über sie hinweg. Dann wurde ein Kanonenschuss nach dem anderen abgefeuert. Mehrere der kleinen Sampans explodierten und zerbarsten in tausend Teile.
"Gut geschossen, Liam", murmelte James zufrieden vor sich hin. Seine Ohren dröhnten vom Kanonendonner und den Rufen seiner Männer, als er sich umwandte, um die Mannschaft rasch auf Verluste hin zu untersuchen.
"Hat der Chinese jemanden getroffen?" fragte er.
"Den Afrikaner, Captain", erwiderte jemand. "Er ist tot."
James nickte finster und erforschte tastend den Zustand des Reverend. Der Rücken seines Gehrocks war nass von Seewasser und Blut. James richtete ihn behutsam auf und drehte ihn um. Er stützte ihn gegen seinen Schenkel und sah in das schmerzverzerrte Gesicht des Geistlichen.
Der Missionar verzog die Lippen. "Ich fürchte, ich werde auch … bald tot sein …", wisperte er.
"Noch nicht. Halten Sie durch, Mann. Wir werden die Kugel aus ihrem Rücken operieren."
"Sie sitzt … zu tief."
An dem blutigen Schaum, der mit jedem Wort aus dem Mundwinkel des Geistlichen trat, erkannte James, dass die Vermutung des Reverend stimmte. Sein Ende nahte rasch.
"Straithe." Eine knochige Hand umklammerte James' Finger.
"Liegen Sie ruhig, Reverend. Sparen Sie Ihre Kräfte."
"Meine Kinder", brachte der Geistliche heraus. "Sie … müssen zurück nach England."
James verkniff sich die Bemerkung, dass es inzwischen ein bisschen spät war, sich Sorgen um die Familie zu machen. Der Reverend hätte sich über ihr Wohlergehen Gedanken machen sollen, ehe er davonlief.
"Bringen Sie sie
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