Historical Exklusiv Band 06
erkennen.
"Ich sehe, du hast dich nicht geändert, Denham. Dein Mund ist genauso faulig wie dein Leib."
"Genauso wenig … wie du, Kerrick. Du bist … noch immer … ein Hurenbock."
Erstaunt über den bösen Wortwechsel, sah Sarah von einem zum anderen. Da gab es etwas zwischen den beiden Männern. Einen Schatten aus der Vergangenheit.
Der Kapitän sah wieder Sarah an. Ein verächtlicher Ausdruck erschien in seinem Blick. "Ist sie … deine Hure, wie Dorcas … es einst war?"
Sarah zuckte zusammen. Dorcas? Die Comtesse?
Plötzlich erinnerte Sarah sich, warum ihr der Name so bekannt vorgekommen war, als James die geheimnisvolle Comtesse zum ersten Mal erwähnt hatte. Sarah hatte ihn auf der Rückseite der Miniatur in James' Seekiste gelesen.
Dorcas! Die hinreißend schöne Frau mit dem weichen, gewellten braunen Haar und dem spitzbübischen Lächeln. Die Frau, die ihm ewig einen Platz in ihrem Herzen bewahren wollte.
Genau wie er ihr, wie es schien. Sarahs Magen zog sich zusammen, als sie den Zorn in James' Augen sah, während er auf die Bemerkung des Kapitäns antwortete.
"Deine Schwester war keine Hure, Denham, genauso wenig wie diese Frau eine ist."
"Ich habe … keine Schwester."
"Aber du hattest eine, und du hast versucht, sie ganz zu besitzen."
Keiner der beiden Männer achtete auf Sarah, die hörbar tief Luft holte.
"Ich hätte dich damals töten sollen", meinte James, der den Blick nicht von Denham abwandte, "anstatt dir nur mit dem Degen die Schulter zu durchbohren."
"Ja, das … hättest du wohl. Damit hättest du … uns beiden viel … Kummer erspart." Der Sterbende verzog die Lippen zu einem grausigen Lächeln. "Hast du dich … eigentlich niemals gefragt, wie Cathwright, sturzbetrunken, wie er war, den Weg … in sein Quartier gefunden hat, um dich mit … seiner Frau in flagranti zu ertappen?"
"Doch", meinte James, "ich fragte mich das oft."
"Dieses Flittchen … brannte nur darauf, es mit dir zu treiben. Ich wusste das. Wir alle wussten das …" Ein Gurgeln entrang sich seiner Kehle, und der Kapitän verzog das Gesicht und stöhnte auf.
Sarah wich noch einen weiteren Schritt zurück, als eine neue Welle von Gestank vom Bett her herüberdrang. Sie dachte, Denham würde auf der Stelle sterben. Er verdrehte die Augen, seine Gliedmaßen unter der Decke zuckten, und sein Gesicht wurde aschgrau.
Als der Krampf nachließ, war sein ganzer Körper schweißbedeckt. Er ließ den Blick durch die Kajüte schweifen, bis er auf James fiel.
"Du sagtest … du hättest … mich schon vor Jahren … umbringen sollen. Ich gestatte dir … es jetzt … zu tun. Hörst du … Kerrick? Jetzt."
James presste die Lippen aufeinander. "Ich habe dich gehört, Denham."
Sarah stand da wie angewurzelt. Sie wusste, sie sollte gegen die Bitte des Kapitäns protestieren. Es wäre ein Verstoß gegen jedes Recht, göttliches und auch menschliches. Gegen jeden Grundsatz, den ihr Vater sie gelehrt hatte. Aber nie zuvor hatte sie so etwas Schreckliches gesehen wie das hier.
James' kühle Stimme durchbrach ihre Gedanken.
"Ehe du zur Hölle fährst, Denham, solltest du noch eine letzte Aufgabe als Kapitän dieses Schiffes erfüllen."
"Was soll das … sein? Beten? Meine eigene … Grabrede verlesen?"
"Eine Trauung."
Sarah starrte James sprachlos an. Eine Trauung? Das konnte nicht sein Ernst sein. Nicht hier! Nicht jetzt!
Denham lachte rau. "Ich kann … mir keine passendere Art für … meine letzten Augenblicke auf dieser Erde … vorstellen, als dich … für immer an … eine Hure zu binden."
Das genügte Sarah. "Sie sollten Ihre letzten Augenblicke im Gebet verbringen, Sie verabscheuungswürdige Kreatur, denn ich vermute, es werden viele Gebete erforderlich sein, um Ihre Seele zu retten!"
Sie drehte sich um und hätte die beiden Männer ihrer düsteren Vergangenheit überlassen, wenn James sie nicht aufgehalten hätte.
"Hör mir zu, Sarah. Dies ist die beste Lösung für unser Problem."
"Es ist nicht unser Problem, James. Es ist deines. Du hast mich allen hier als deine Gemahlin vorgestellt."
Sie versuchte, an ihm vorbeizugehen. Sie sehnte sich nach frischer Luft. Doch er verstellte ihr den Weg.
"Du bist bereits meine Gemahlin, Sarah, in jeder Hinsicht, außer vor dem Gesetz."
Sarahs Herz tat einen Sprung. Einen Moment lang erfüllte sie Hoffnung. Liebte er sie doch? Schmerzte ihn der Gedanke, dass ihre gemeinsame Zeit sich dem Ende zuneigte, so sehr, wie er sie schmerzte? Aber seine nächsten Worte
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