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Historical Exklusiv Band 36

Historical Exklusiv Band 36

Titel: Historical Exklusiv Band 36 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westleigh
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man Kindern, dass sie nun Waisen sind?
    Schweigend ging sie weiter. Erinnerungen wurden in ihr wach an jenen grässlichen Augenblick, als sie selbst vom Tod ihres Vaters erfahren hatte. Sie spürte immer noch den brennenden Schmerz und die schreckliche Angst. Sie biss sich auf die Lippe, während sie ihre jungen Schützlinge betrachtete. Die Kinder schienen zu ahnen, dass etwas Schlimmes geschehen war. Es war nun Catherines Aufgabe, ihnen das Ungeheuerliche möglichst schonend beizubringen.
    Also ging Catherine auf der staubigen Straße in die Hocke, legte jedem eine Hand auf die Schulter und sah ihnen fest in die Augen. Ein Windstoß wirbelte um sie herum trockene Blätter auf und blies ihnen die Haare ins Gesicht. Catherine strich sie sanft beiseite.
    „Wie heißt ihr denn?“
    Das kleine Mädchen antwortete: „Ich … ich bin Jill, Madam, und das ist Jesse.“
    „Ich muss euch etwas erzählen, Jill und Jesse. Ihr werdet Eure Mutter nicht mehr sehen. Sie ist jetzt im Himmel.“
    Jill nickte. „So wie Vater?“
    „Ja. Es tut mir so leid.“
    Tränen liefen über die kleinen Gesichter. Schmerzlich berührt betrachtete sie sie. Sie breitete die Arme aus und zog die Kinder an sich, drückte ihre Wangen gegen die kleinen Köpfe und vergoss bittere Tränen. Die Kinder weinten still in ihren Armen vor sich hin, ohne ein Wort zu sagen.
    Als Caldbeck schließlich mit ihrem Pferd an der Leine angeritten kam, hielt sie die beiden immer noch umschlungen. Catherine sah zu ihm auf. Sogleich saß er ab und kniete sich neben der trostlosen kleinen Gruppe hin.
    Nach einer Weile standen Catherine und Charles auf. „Es war nicht einfach, es dem alten Mann zu erklären. Er ist völlig verzweifelt. Hast du es den Kindern gesagt?“Unfähig, ein Wort herauszubringen, nickte Catherine nur. Caldbeck legte ihr den Arm um die Schultern. „Wir sorgen dafür, dass eine der Frauen aus dem Dorf sie aufnimmt. Der Großvater ist zu gebrechlich, um für sie zu sorgen. Ich möchte gern wissen, warum sie ihre Kinder zu ihm gebracht hat?“
    Ärgerlich schüttelte er den Kopf. „Ich glaube, das sind die ersten Anwärter für dein Waisenhaus, Catherine. Bis es so weit ist, wird sich jemand um sie kümmern müssen, aber es gibt nur wenige, die es sich leisten können, noch zwei hungrige Mäuler zu stopfen. Ab jetzt bin ich für ihr Wohlergehen verantwortlich.“
    So standen sie eine Weile nachdenklich da, bis Charles den kleinen Jungen hochhob und auf sein Pferd setzte. Jill nahmen sie bei den Händen und gingen ins Dorf zurück.
    Der Kummer der Kinder lastete Catherine den ganzen Tag auf der Seele. Sie konnte an nichts anderes denken. Schließlich verdunkelte sich der Himmel noch mehr, und bald kam der lang ersehnte Regen. Ihre Stimmung sank weiter. Abends, als sie mit Charles zusammensaß, streichelte er zärtlich ihre Wange.
    „Ich habe dich noch nie so ernst gesehen. Traurige Gedanken?“
    Catherine nickte und seufzte. „Ja. Genauso ist es. Diese armen Kinder. Du kannst dir nicht vorstellen, wie beängstigend es ist, völlig allein dazustehen.“
    „Nein, beim Tode meines Vaters war ich schon ein erwachsener Mann. Das ist etwas anderes. Wie alt warst du?“
    „Zwölf. Nicht so jung wie Jill und Jesse.“
    „Das ist richtig, aber immer noch ein Kind.“
    Catherine versuchte zu lächeln, aber eine Träne lief ihr über die Wange.
    „Warst du sehr unglücklich bei deinem Onkel und deiner Tante?“, fragte er.
    „Nein, so kann man das nicht sagen … oder vielleicht doch.“ Catherine versuchte, die Tränen zurückzuhalten. „Ich hatte nie das Gefühl dazuzugehören. Es war nur zu offensichtlich, dass sie mich nicht haben wollten.“ Sie hielt inne und atmete tief durch, um nicht hemmungslos loszuschluchzen. „Ich glaube, so ist meine Launenhaftigkeit zu erklären. Wenn ich einen Wutausbruch bekam, konnten sie mich wenigstens nicht mehr ignorieren.“
    „Ach ja. Die berüchtigten Wutausbrüche.“
    Catherine nickte und senkte den Kopf, denn sie konnte die Tränen nicht länger zurückhalten.
    „Es tut mir leid, dass du so einsam warst.“ Charles zog sie auf seinen Schoß, und sie barg ihren Kopf an seiner Schulter.
    Lange verdrängte Gefühle – Angst, Kummer und Einsamkeit – stiegen in ihr hoch. Zuerst hatte sie den Verlust ihrer Mutter verkraften müssen, dann den Tod ihres Vaters nach schwerer Krankheit. Danach folgten trostlose Jahre, in denen sich niemand um sie kümmerte, sie keinen Menschen hatte, mit dem sie reden

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