Historical Exklusiv Band 42
Tanz oder verwickelte sie in ein Gespräch. Stets blieb er nur lange genug bei ihr stehen, dass es den Anschein von Normalität hatte, bevor er sich an einen der Kartentische setzte oder sich eine andere Tanzpartnerin suchte.
Talitha, die zuerst überaus erleichtert darüber war, fragte sich bald, was dies zu bedeuten hatte, bis sie sich schließlich nur noch gekränkt fühlte – besonders, da sie bei ihrem Debüt einen recht schmeichelhaften Erfolg zu verzeichnen hatte. Das Mindeste, was Nicholas tun könnte, wäre doch wohl, sie gelegentlich zum Tanzen aufzufordern. Als er ihr auf einem musikalischen Abend bei Lady Cressett im Vorbeigehen lediglich zuraunte: „Ich bin froh, zu sehen, dass du dieses Mal nichts Unanständiges oder Dummes anstellst“, empörte Talitha sich über alle Maßen und musste den Drang bezwingen, aus reinem Trotz etwas Rebellisches zu tun.
Glücklicherweise kam ihr nichts Entsprechendes in den Sinn, und am nächsten Nachmittag lenkte sie sich ab, indem sie mit Lady Parrys Kutsche in die Upper Wimpole Street fuhr. Dort wollte sie mit Mrs Blackstock über die Idee mit den Logierhäusern sprechen.
Sie erreichte das Haus früh genug, um noch etwas Zeit mit Millie verbringen zu können, bevor diese in die Oper musste. Interessiert hörte sie den Geschichten von den Rivalitäten hinter den Kulissen zu, lobte Millies herausragende Fortschritte, was ihren Gesang anbetraf, und staunte über die Vielzahl bunter Blumenarrangements, die sie erhalten hatte.
Während Talitha den Erzählungen lauschte, suchte sie Zenobias Blick. Sie hatte ihr von ihrem Erlebnis mit Jack Hemsley berichtet, damit diese ein wachsames Auge auf ihrer beider Schützling hielt, sollte Millie weiterhin Kontakt zu Hemsley pflegen. Talitha zog eine Augenbraue hoch und nickte leicht in Millies Richtung. Zenobia zuckte die Achseln und ergriff einen Moment später die Gelegenheit, sich zu ihr zu beugen. „Ich habe ihn hier nicht mehr gesehen, aber dass muss nicht heißen, dass sie ihn nicht an der Oper sieht.“
„Er leckt vermutlich seine Wunden“, erwiderte Talitha grimmig und rief sich schaudernd ihre letzte Begegnung in Erinnerung.
Gegen sieben Uhr schließlich war Talitha mit Mrs Blackstock allein. Zenobia war einer Einladung in das Haus einer ihrer ehemaligen Schülerinnen gefolgt, und Millie hatte eine Droschke zur Oper genommen.
„Ich werde kurz die Einzelheiten der Häuser schildern, die uns am geeignetsten erscheinen“, schlug Talitha vor und nahm dann den Stapel mit den Exposés zur Hand. „Darf ich diese Sachen hier ein wenig zur Seite schieben … oh, ist das nicht Millies Tasche?“
Talitha hob den Beutel hoch, und Mrs Blackstock blickte bestürzt drein. „Oh ja, das ist sie, sie muss sie vergessen haben. Ist ihre Geldbörse darin?“
Ein schneller Blick offenbarte den Geldbeutel und auch Millies Hausschlüssel.
„Ich rufe besser eine Droschke und fahre zur Oper“, erklärte Mrs Blackstock seufzend. „Sie würde sich das Geld für die Droschke von einem der Mädchen leihen können, denke ich, aber wie ich Millie kenne, wird sie nicht eher feststellen, dass sie ihres vergessen hat, bis sie aus der Oper heraus und bereits auf dem Weg ist.“
Talitha blickte in das müde Gesicht der älteren Frau und stand auf. „Nein, bleiben Sie hier. Ich werde gehen. Ich habe das neue Stück noch nicht gesehen, und es wird bestimmt lustig, hinter die Kulissen zu schauen.“
Dankbar akzeptierte Mrs Blackstock das Angebot, bestand jedoch darauf, mit Talitha hinauszugehen, bis diese eine vertrauenerweckende Droschke gefunden hatte, und sie sich sicher war, dass Talitha die Geldbörse der Sängerin sicher in ihrer eigenen Tasche verstaut hatte.
Die Droschke benötigte eine ganze Weile für den Weg von der Upper Wimpole Street durch die stark frequentierten abendlichen Straßen bis zur Oper, die sich an der Kreuzung von Haymarket und Pall Mall befand. Talitha war noch nie im Bühnenraum gewesen, wusste jedoch, wo sich der Bühneneingang befand. Nachdem sie ihm eine Münze in die Hand gedrückt und nach Millie gefragt hatte, ließ der ältere Mann, der dort Wache stand, sie gerne ein.
Talitha musste sich ihren Weg durch triste, verstopfte Gänge bahnen, die mit Teilen der Kulisse und überfüllten Weidenkörben verstellt waren. Schwach vernahm sie, wie das Orchester sich einstimmte. Kleinere Grüppchen von Sängern oder Bühnenarbeitern drängten sich an ihr vorbei, achtlos jeden beiseiteschiebend, der ihnen im
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