Historical Gold Band 251
an, bald würde sie sich violett verfärben. Erschöpft stieß er den Atem aus.
Jetzt würde er sie anprangern. Stattdessen wanderte sein Blick zu ihrem Bruder. „Dann habe ich das wohl verdient.“
Richard richtete sich noch gerader auf und tat einen Schritt nach vorn. „Das“, erklärte er energisch, „und mehr. Ach, ich sollte Sie …“
In einer geschmeidigen Bewegung holte Ash aus und versetzte Richard einen heftigen Schlag.
Margaret stieß einen erstickten Schrei aus. Ihr Bruder schrie noch lauter und ging zu Boden. Ash sagte gar nichts, ging nur auf Richard zu, der sich auf dem Teppich zusammenkrümmte.
„Ash! Hör auf! Was machst du da?“
Er drehte sich nicht einmal zu ihr um, sondern baute sich über ihrem Bruder auf. Der Unterschied zwischen den beiden Männern hätte nicht frappierender sein können. Ash war groß, breitschultrig und dunkel, ihr Bruder wirkte dagegen wie ein bleiches, gebrechliches Männlein, das nach hinten rutschte, bis es sich gegen die Wand duckte.
„Ich habe diesen Hieb verdient“, erklärte Ash harsch, „aber Sie haben noch viel mehr verdient. Sie haben Ihre Schwester hier allein gelassen, ohne jeden Schutz. Was für ein Mann sind Sie denn, dass Sie Ihre Schwester der Gefahr aussetzen, während Sie in sicherer Entfernung abwarten?“
Typisch, dass er daran als Erstes dachte.
„Welcher Gefahr denn?“, fragte Richard. „Sie war doch in Sicherheit. Mrs Benedict hat versprochen, auf sie aufzupassen.“
Ash ballte die Hände zu Fäusten, während sich eine beinahe mörderische Stille herabsenkte. „Wenn ich noch eine Schwester hätte …“, sagte er langsam. Aber er führte den Gedanken nicht zu Ende. Das war auch nicht nötig; Margaret hätte die unausgesprochenen Worte für ihn ergänzen können. Natürlich würde Ash seine Familie nicht in Gefahr bringen. Endlich sah er Margaret an. „Warum bist du zurückgeblieben?“
Margaret straffte die Schultern. „Wir wussten nicht, was wir von dir erwarten sollten. Jemand musste auf Vater achten. Jemand musste auch aufpassen, dass du nicht den Besitz plünderst. Und … und als ich mich dazu bereit erklärt habe, kannte ich dich nicht. Noch nicht.“
Ash tat einen Schritt auf sie zu. „Das meine ich nicht, und das weißt du auch. Du hast mit zwei Junggesellen unter einem Dach gewohnt, und das, Mrs Benedict hin oder her, ohne Anstandsdame. Du bist die Tochter eines Herzogs. Wenn sich das herumspricht, ist dein Ruf …“
„Mit meinem Ruf ist es inzwischen nicht mehr weit her, Ash.“
„Unsinn. Vielleicht hätten deine Brüder es doch geschafft, das Parlament dazu zu bewegen, euch zu legitimieren. Und selbst als uneheliche Tochter hättest du eines Tages noch eine respektable Ehe schließen können, solange du peinlich genau auf deinen Ruf geachtet hättest. Warum solltest du deine einzige Chance auf ein eigenes Heim, ein eigenes Leben opfern? Du hast dich damit wohl einverstanden erklärt – und dabei muss dir doch klar gewesen sein, dass du dein Leben in irgendeinem Zimmerchen bei deinem Bruder fristen und dich mit den Brosamen zufriedengeben müsstest, die der Schuft dir gnädigerweise hinwirft.“
Richard hatte den Wortwechsel mit einer Miene wachsenden Entsetzens verfolgt. Offenbar war ihm nicht klar gewesen, worauf sie sich eingelassen hatte. Sie hatte ihren Ruf aufs Spiel gesetzt. Und ihrem Bruder war es nicht einmal aufgefallen.
„Also bitte“, stotterte er aufgebracht. „Ich würde meiner eigenen Schwester bestimmt keine Brosamen geben! Und was den Rest angeht, ich bin nur hergekommen, weil ihre Briefe den Eindruck erweckt haben, sie sei in Gefahr.“ Er warf Ash einen gefährlichen Blick zu. „Und wie ich sehe, hatte ich recht.“
„Seien Sie doch still. Margaret, du bist zehnmal so viel wert wie er. Warum solltest du für diese Ratte derart viel aufgeben?“
Margaret zog den seidenen Morgenrock, den Ash ihr gegeben hatte, wie ein Schutzschild enger um sich und wandte sich Ash zu. „Erstens ist er mein Bruder und keine Ratte, und daher möchte ich dich bitten, nicht so über ihn zu reden.“
„Himmel.“
„Zweitens denkst du nicht richtig nach. Mein Ruf ist dahin – und deshalb gibt es auch nichts, was ihn wiederherstellen könnte.“
„Warum nicht? Weil du unehelich geboren bist? Ich sage dir doch, das spielt keine Rolle …“
Sie spürte Richards Blick auf sich. Doch sie schaute unverwandt auf Ash. „Nein, du Dummkopf. Weil ich keine Jungfrau mehr war.“
Richard keuchte
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