Historical Gold Band 261 (German Edition)
Mode ließ Bastian Wilson sein dunkles Haar stets unbedeckt von Perücke oder Puder und fasste es einfach mit einem schwarzen Samtband im Nacken zusammen. Er hatte eine schmale Nase, hohe Wangenknochen und einen sinnlichen Mund, den meistens ein spöttisches Lächeln umspielte, wenn er den Rest der Menschheit aus seinen kühlen und desinteressiert wirkenden grauen Augen betrachtete.
Natürlich war es Trudie nicht entgangen, dass Bastian Wilson, der selten in der Gesellschaft verkehrte, einer der Sommergäste sein würde, die eine Woche in Hampshire auf dem Anwesen ihrer Freundin Lady Harriet Copeland verbrachten. Tatsächlich war seine Anwesenheit ein gesellschaftlicher Coup, der Harriet, seit einem Jahr die Countess of Westbourne, bereits einige neidische Blicke eingebracht hatte.
Trudies eigener Blick war eher wachsam, als sie jetzt dem des unübersehbar herablassend wirkenden Bastian Wilson begegnete, war sie doch nicht sicher, wohin dieses Gespräch führen sollte. „Ich denke, mir geht es recht gut, Mr Wilson, vielen Dank“, erwiderte sie kühl.
Er zog eine Braue hoch. „Tatsächlich?“
Trudie neigte hochmütig den Kopf, sodass ihre dunklen Locken auf das Dekolleté ihres blauen Seidenkleides fielen. „Besser als den meisten meiner verheirateten Freundinnen, glaube ich.“
„Wie das, Miss Faraday?“, erkundigte sich Mr Bastian Wilson.
Sie hob erneut den Kopf. „Meiner Beobachtung nach scheint keine der Ehen meiner Freundinnen besonders glücklich zu sein.“ Der Streit ihrer Freundin Charlotte mit ihrem Mann schien ihr nur ein Beispiel für diesen Missklang zu sein. Ebenso das Unglück ihrer schönen Gastgeberin, Lady Harriet Copeland: Seit einem Jahr mit einem Mann verheiratet, der zwanzig Jahre älter war als sie, und schon hatte sie eine kleine Tochter im Kinderzimmer. Man musste sie nur ansehen, um zu erkennen, wie es um sie stand.
„Und Sie meinen, dass es zu einem notwendigen Bestandteil einer Ehe gehört, dass Mann und Frau miteinander glücklich sein sollten?“
„Selbstverständlich.“ Trudie war sich durchaus bewusst, dass eine vorteilhafte arrangierte Ehe nichts Ungewöhnliches war. Tatsächlich hatte sie selbst seit ihrem Debüt vor fünf Jahren mehrere solcher Anträge erhalten. Aber ohne Sympathie für diese Gentlemen, ganz zu schweigen von Zuneigung, hatte sie ohne Zögern jeden einzelnen dieser Anträge abgelehnt.
Da sie wusste, wie glücklich die Ehe ihrer Eltern war, hatte sowohl Trudie als auch ihre Schwester Daphne, seit acht Jahren die Gattin des Earl of Osborne, nicht die Absicht, sich mit weniger als gegenseitiger Liebe und Respekt zufriedenzugeben.
„Die Armen mögen aus Liebe heiraten, Miss Faraday, die wohlhabenden Mitglieder der Aristokratie heiraten ausschließlich aus anderen Gründen.“ Jetzt musterte Bastian Wilson sie aufmerksam.
Trudie spürte, wie sie vor Unmut errötete. „Dann, so fürchte ich, wird es mein Schicksal sein, eine alte Jungfer zu werden und eine übermäßig beschützende Tante für meinen Neffen Nathaniel.“ Was sie bereits war. Denn ihren siebenjährigen Neffen liebte sie abgöttisch seit dem Tage seiner Geburt.
Bastian hielt es für absolut unwahrscheinlich, dass die schöne Gertrude Faraday unverheiratet bleiben würde. Mit ihrem ebenholzschwarzen Haar, Augen, die so blau waren wie der Himmel an einem Sommertag, und einem Teint, so glatt und fein wie Elfenbein, nicht zu reden von ihren Hüften, der schmalen Taille und den vollen Brüsten, die unter dem Ausschnitt ihres Kleides zu erahnen waren, war sie das ersehnte, wenn auch schwer erreichbare Objekt der Begierde jedes jungen und heiratsfähigen Gentlemans des Londoner ton geworden.
Eine Tatsache, die Bastian aufgefallen war, als er vor knapp zwei Jahren vom europäischen Festland zurückgekehrt war und festgestellt hatte, dass in allen Londoner Clubs Wetten liefen, welchen dieser Gentlemen Gertrude Faraday wohl heiraten würde.
Damit war seine Neugierde geweckt, und er war begierig darauf gewesen, diese geheimnisvolle Miss Faraday mit eigenen Augen zu sehen. Um dann festzustellen, dass er ebenso hingerissen war von der Schönheit dieser jungen Dame. Und da gab es noch etwas, etwas, das sich schwerer in Worte fassen ließ – aber es war dennoch da.
Nach Wochen, sogar Monaten, in denen er Trudie Faraday aus der Ferne beobachtet hatte, hatte er erkannt, dass sie offensichtlich mehr von einer Ehe erwartete als Reichtum und einen Titel. Dass ihre Gefühle, ihr ganzes Wesen
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