HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
alles in Ordnung, meine Kleine? Ganz bestimmt?“
„Ja, Großvater.“ Bethany schmiegte sich eng an ihn und genoss für einen Moment den Geruch nach Salz, See und Tabak, der schon immer von dem alten Herrn ausgegangen war und ihr das Gefühl großer Geborgenheit vermittelte.
„Ich glaube, wir können jetzt alle einen Tee vertragen“, erklärte Miss Mellon und wandte sich an Darcy, die beide Hände in die Hüften gestemmt hatte und aussah, als würde sie den Räuber am liebsten mit ihrem Messer angreifen. In Land’s End gab es weder Mann noch Frau, die sie im Umgang mit einem Messer als Waffe übertrumpfen konnten.
„Darcy, vielleicht bringst du einige von den Biskuits, die wir heute schon probiert haben, und auch einen Topf mit der Fruchtmarmelade. Am besten setzen wir uns alle in den Salon.“
„Gut, ich kümmere mich darum“, willigte Darcy ein. „Aber ihr dürft nichts weiter erzählen, solange ich nicht dabei bin.“
Kurze Zeit später waren alle im Salon vor dem flackernden Kaminfeuer versammelt. Auch Newton, der alte Seebär, hatte sich eingefunden.
„Also, was hat dieser Kerl gestohlen?“, wollte Geoffrey wissen. Er lehnte den angebotenen Tee ab und griff nach einem Becher Ale, um seine Nerven zu beruhigen.
„Edwinas Ring und den Schmuck sowie das Gold ihrer Mutter.“
„Mehr nicht?“ Darcy knabberte an einem Biskuit.
„Er hätte beinahe auch meine Brosche behalten, aber Bethany erklärte ihm, er habe kein Recht dazu.“ Sie legte schützend eine Hand über das Schmuckstück. „Er behauptete, sie habe keinerlei Wert, aber ich glaube, Bethanys Appell an sein Herz hat dazu geführt, dass er seine Meinung änderte.“
„So, so. Das hört sich ganz so an, als ob dieser mysteriöse Lord der Nacht doch nicht so ein Monster wäre, wie alle behaupten“, bemerkte Darcy.
„Das habe ich nicht gesagt“, protestierte Mistress Coffey. „Wenn ich nur daran denke, wie grob er zu unserer Bethany war …“ Ihre Lippe zuckte wieder verdächtig.
Darcy sah ihre Schwester an, die sich seltsam still verhielt. „Was sagst du denn dazu, Bethany? Hat der Kerl ein weiches Herz, oder ist er so grausam, wie alle seine bisherigen Opfer behaupten?“
„Ich finde, das solltest du Edwina und ihre Mutter fragen.“ Bethany zuckte die Schultern. „Wenn sie gerade nicht in Ohnmacht fielen, haben sie unbeherrscht geheult, weil sie ihre Wertsachen abgeben mussten.“
„Sag nur nicht, dass sie schon wieder ohnmächtig geworden sind“, warf Darcy fröhlich kichernd ein. „Dadurch verpassen sie ständig die aufregendsten Dinge.“
„Genau das liegt vielleicht in ihrer Absicht“, mutmaßte Geoffrey. „Doch zurück zu dir, Bethany. Gibt es irgendetwas, woran man ihn wiedererkennen könnte?“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, wie Mistress Coffey schon sagte, war er vollständig in Schwarz gekleidet und außerdem maskiert.“
„Was war mit seiner Stimme?“
„Er flüsterte nur.“
„Und seine Augen?“
„Es war zu dunkel, um die Farbe erkennen zu können.“
„Nun, wenigstens hatte er keine Gelegenheit, die Pistole zu benutzen, die er angeblich mit sich herumträgt.“ In Geoffreys Tonfall schwang kaum merklich ein sehnsüchtiger Unterton mit, als ob er gern bei diesem Abenteuer dabei gewesen wäre.
Bethany nickte. „Er feuerte nur ein Mal in die Luft, um den Kutscher dazu zu bringen, das Gespann anzuhalten. Hat er mit der Waffe denn schon auf einen Menschen geschossen?“
„Soweit man weiß, war bisher noch niemand so dumm oder wagemutig, sich ernsthaft gegen ihn zur Wehr zu setzen.“
„Nur unsere Bethany“, erklärte Mistress Coffey und rang die Hände. „Wenn ich nur daran denke, in welche Gefahr sie sich begeben hat …“
„Er hatte kein Recht, Ihre Brosche an sich zu nehmen. Ich konnte doch nicht einfach tatenlos zusehen, wie er Ihnen Ihren kostbarsten Besitz stahl.“ Bethany ballte in der Erinnerung an das Geschehen die Hände zu Fäusten.
Newton warf Geoffrey einen wissenden Blick zu. Er kannte die Lambert-Mädchen seit deren frühester Kindheit. Schon damals hatten sie niemals, unter welchen Umständen auch immer, bei einem Kampf oder einer Auseinandersetzung aufgegeben. Die drei Schwestern waren durch und durch frei von jedweder Furcht.
Bethany unterdrückte ein Gähnen. „Ich muss jetzt endlich schlafen. Und morgen schaue ich mir dann die Undaunted genauer an.“
„Werdet ihr die für Holland bestimmte Fracht ausliefern können?“, wollte Darcy wissen.
Geoffrey
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