HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
grenzenlosen Erleichterung wurde Bethany einer Antwort enthoben, weil es draußen an der Eingangstür klopfte. Ihr wäre in diesem Moment jeder Besucher recht gewesen.
„Nanu! Wer kann das denn sein? So früh am Morgen?“ Mit einer Handbewegung bedeutete sie Libby, der kleinen Zofe, an die Tür zu gehen.
Kurz darauf war Libby zurück. Sie war unnatürlich blass. „Sie haben einen Besucher.“
Geoffrey hielt eine Hand ans Ohr, als hätte er Mühe, die Worte zu verstehen. „Einen Besucher, sagst du? Nun, warum bittest du ihn nicht herein? Steh doch nicht einfach so herum, Libby.“
Wenig später kam das Mädchen zurück, gefolgt von einem großen, sehr gut gekleideten Herrn, den die Anwesenden wie einen Geist anstarrten.
„Captain Lambert“, sagte Libby mit bebender Stimme, „bei Ihrem Gast handelt es sich um den Earl of Alsmeeth.“
Sekundenlang herrschte Schweigen. Doch es war Bethany, die sich als Erste wieder einigermaßen gefangen hatte. Trotz ihrer Überraschung gelang es ihr, mit fast normaler Stimme zu sagen: „Mylord, darf ich Ihnen meinen Großvater Kapitän Geoffrey Lambert vorstellen?“
Die beiden Gentlemen reichten einander die Hände.
„Das hier ist meine Schwester Darcy.“
„Miss Lambert.“ Er nickte ihr freundlich zu, und Darcy wurde bei seinem Blick von einem leichten Schwindel ergriffen.
„Newton Findlay haben Sie ja bereits kennengelernt“, fuhr Bethany mit der Vorstellungsrunde fort. „Bei dieser Dame handelt es sich um Winifred Mellon, unsere Kinderfrau, und das dort ist unsere Haushälterin Mistress Coffey.“
Kane Preston verbeugte sich leicht vor den älteren Damen, woraufhin Winnie Mellon tief errötete und Mistress Coffey beinahe die Teekanne fallen ließ. Sie hielt sich krampfhaft an der Tischkante fest, um bei ihrem Versuch, einen Hofknicks zu machen, nicht auf die Knie zu sinken.
Der Earl nahm Geoffreys Angebot, an dem gemeinsamen Frühstück teilzunehmen, dankend an. Wie es der Zufall wollte, war neben Bethany noch ein Stuhl frei, auf dem er Platz nahm.
Mistress Coffey eilte in die Küche, wo sie der Köchin zurief, diese möge mehr Fleisch schneiden, mehr Eier kochen und noch mehr Brot und Biskuits aufwärmen. Als sie schließlich mit einem Auftragebrett voller Köstlichkeiten in den Frühstücksraum zurückkehrte, hatte sie vor Aufregung und Anstrengung ein hochrotes Gesicht.
Kane bediente sich ohne Scheu und erklärte, nachdem er einige Bissen gekostet hatte: „Mein Lob an die Köchin, Mistress Coffey. Diese Biskuits sind die besten, die ich je gegessen habe.“
„O Mylord, haben Sie vielen Dank. Sie sind zu gütig. Wenn ich gewusst hätte, dass Sie zum Frühstück kommen würden, hätte ich dafür gesorgt, dass sie Brotpudding für Sie zubereitet. Niemand in Cornwall kann einen besseren zaubern als unsere Köchin.“
„Dann können Sie sich glücklich schätzen, sie in Diensten zu haben. So wie sich die Familie Lambert glücklich schätzen kann, sich auf Ihre Dienste verlassen zu können.“
Mistress Coffey schwebte förmlich aus dem Raum, und die zwei Schwestern mussten sich die Servietten vor den Mund halten, um nicht laut loszuprusten.
„Sagen Sie, Mylord“, sprach Geoffrey Lambert den Gast an, wobei er zuvor einen nachdenklichen Blick auf Bethany warf, „sind Sie aus einem bestimmten Grund gekommen, oder handelt es sich lediglich um einen rein nachbarschaftlichen Besuch?“
„Ja, es gibt in der Tat einen wichtigen Grund für mein Kommen.“ Kane setzte seine Tasse ab. „Ich würde es jedoch vorziehen, mit Ihnen unter vier Augen darüber zu sprechen.“
„Ja, das soll mir recht sein“, erwiderte Geoffrey. „Wir können uns nach dem Frühstück in den Salon zurückziehen.“
Bethany war schlagartig der Appetit vergangen. War der Lord hier, um sich über ihr Benehmen zu beschweren? Vielleicht hätte sie doch lieber nicht sein Pferdegespann lenken sollen? Oder war er erbost darüber, dass sie das Mittagessen mit seinen Angestellten zusammen eingenommen hatte? Würde er womöglich das Holz zurückverlangen?
Ach, Unsinn, schalt sie sich selbst. Sie hatte sich bisher an die Abmachungen gehalten. Und wenn die Undaunted wieder seetüchtig war, würde sie ihn wie versprochen auf eine kleine Reise mitnehmen.
Obwohl Bethany im höchsten Maße nervös war, schien sich ihr Großvater nicht die geringsten Sorgen zu machen über die Beweggründe des Gastes. In aller Seelenruhe genoss er das Frühstück, unterhielt sich angeregt mit Darcy und auch
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