HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
kleine Unruhe, dann traten Diakon Ian Welland und Jenna Pike vor den Richter, gefolgt von zehn kleinen Kindern. Die beiden Erwachsenen stellten sich dem Richter vor, der sodann erklärte: „Nun, Miss Pike, dann sagen Sie uns jetzt, was Sie zu sagen haben.“
„Wenn es nicht den Earl of Alsmeeth mit seiner außergewöhnlichen Großzügigkeit gäbe, Mylord, könnte ich nicht angemessen für die Kinder, die unter meinem Schutz stehen, sorgen. Er hat uns mit Essen und Kleidung versorgt, doch nicht nur das. Auch ließ er uns eine großzügige Summe in Gold zukommen. In der Verkleidung des Lord der Nacht deponierte er auf unserer Türschwelle all das Gold und die Juwelen, die er den Reichen zuvor abgenommen hatte, zusammen mit einer Liste von Namen, wem die einzelnen Dinge gehörten.“
„Warum hat er sich dazu ausgerechnet Ihr Heim für elternlose Kinder ausgesucht, Miss Pike?“
„Zunächst habe ich das auch nicht verstanden“, entgegnete Jenna. „Aber jetzt glaube ich seine Beweggründe zu verstehen. Er wollte wohl, dass die feinen Leute sehen, wie wir leben, um uns hier und da hilfreich unter die Arme zu greifen.“
„Stimmen Sie den Ausführungen von Miss Pike zu, Diakon Welland?“
Der junge Mann nickte heftig. „Ja, in der Tat, Mylord.“
Der Richter schaute die Kinder streng an. „Will einer von euch auch noch etwas sagen?“
Die Kleinen waren so überwältigt von den vielen Menschen und dem Geschehen, dass sie zunächst verschreckt schwiegen. Nach und nach berichteten sie schließlich von der Freundlichkeit und Großzügigkeit, die sie durch den Earl of Alsmeeth erfahren hatten. Nur Noah sagte kein Wort, und als der Richter ihm auffordernd zunickte, senkte er den Kopf.
„Danke, Kinder.“ Der Richter blickte abermals in die Runde. Er wirkte ein wenig erschöpft. „Noch jemand, der einen Beitrag zu leisten hat?“
Jetzt traten Bethany und ihre Familie vor.
Kane spürte, wie eine Welle der Scham ihn überflutete. Er hasste es, dass Bethany ihn so erleben musste, und versuchte, in eine andere Richtung zu schauen. Gleichzeitig gestand er sich noch eine andere Tatsache ein: Er konnte den Blick einfach nicht von ihr wenden.
Sie war so wunderschön, dass sie jedem Mann die Sinne verwirrte. Und für Kane, der die vergangenen drei Wochen in beinahe vollständiger Dunkelheit hatte zubringen müssen, war Bethany wie ein Sonnenstrahl. Seine Sehnsucht und sein Bedürfnis, sie zu berühren, wurden so übermächtig in ihm, dass er die Hände zu Fäusten ballte.
„Was haben Sie zu sagen?“, verlangte der Richter zu wissen.
Geoffrey Lambert räusperte sich und begann: „In diesem Jahr habe ich sowohl Sohn als auch Enkelsohn verloren. Sie starben an Bord ihres Schiffes, während sie im Dienste unseres Königs unterwegs waren. Ich hatte geglaubt, niemals wieder einem Mann zu begegnen, der die schmerzliche Leere in meinem Inneren auch nur annähernd füllen könnte. Doch seit ich diesen guten Mann hier kennengelernt habe, wächst in mir das Gefühl, einen neuen Sohn gefunden zu haben.“
Jetzt trat Newton vor. „Ich bin kein Mann vieler Worte, Mylord. Ich kann nur sagen, dass der Earl grundehrlich und von anständigem Charakter ist. Wenn ich mich für einen Mann entscheiden müsste, der an meiner Seite kämpfen sollte, würde meine Wahl ohne Überlegung auf ihn fallen. Ich würde ihm nicht nur mein Vermögen, sondern auch mein Leben anvertrauen.“ Er ging zu seinem Platz zurück, und nun stand Bethany ganz allein vor dem Richter.
Sie schaute zu ihm auf, dem Mann, der über Kanes Schicksal zu entscheiden hatte. Ihre Stimme zitterte vor Angst und den Gefühlen, die sie zu überwältigen drohten. „Mylord, dieser Mann setzte sein Leben aufs Spiel, um meines zu retten. Er warf sich vor mich und fing mit seinem Körper den Pistolenschuss ab, der mir galt, ohne dabei an sich selbst zu denken.“
„Wer feuerte die Pistole?“
„Oswald Preston, der Vetter des Angeklagten, Mylord.“
„Der Mann, der angeklagt ist, den alten Earl of Alsmeeth ermordet zu haben?“
„Ja, Mylord.“
„Hm.“ Der Richter brauchte einen Moment, um Bethanys Aussage zu verarbeiten. „Das war in der Tat ein sehr nobler Akt von ihm“, erklärte er dann. „Ich werde diese Sache bei meinem Urteil mit berücksichtigen. Allerdings finde ich nach wie vor keine Entschuldigung dafür, dass der Angeklagte sich des Diebstahls in mehreren Fällen schuldig gemacht hat.“
Als Bethany keinerlei Anstalten machte, den Zeugenstand zu
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