Historical Lords & Ladies Band 38
jeweiliges Bett auf, doch die Kräfteverhältnisse zwischen ihnen änderten sich, und dabei änderten auch sie sich, und Johns umgängliches Mädchen fing an, eine Bedeutung in seinem Leben zu bekommen, die er sich nie hätte vorstellen können, als er Cassie mit großen Augen und bleichem Gesicht zum ersten Male in der Bibliothek von Devereux House gesehen hatte.
11. KAPITEL
A m nächsten Morgen wachte Cassie früh auf. Sie steckte den Kopf durch die offene Verbindungstür und stellte fest, dass Johns Bett leer war. Der Gatte war schon aufgestanden, aber noch nicht nach unten gegangen. Sie konnte ihn im Ankleidezimmer hören. Der Tag war noch so jung, dass selbst Miss Strood noch nicht aufgestanden war. Aufgeregt und ängstlich zugleich, ging Cassie zur Treppe. Beim Erreichen der obersten Stufe hörte sie von unten Lärm und laute Stimmen und dann das Geräusch hastiger Schritte, als jemand die gewundene Treppe heraufgerannt kam. Es handelte sich um Fred, dessen für gewöhnlich so sorgloses Gesicht bedrückt aussah, und auch seine übliche Gelassenheit war verschwunden.
„Ist dein Mann schon auf?“
„Ja. Er wird bald herunterkommen. Was ist denn los, Fred? Was hat das alles zu bedeuten?“
„Es geht um Randy. Er hat gestern Nacht sein Quartier verlassen, was ihm ausdrücklich verboten worden war, und wurde reingelegt. Sim glaubt, dass derjenige, der das getan hat, eine Frau dazu benutzt hat, um Randy fortzulocken. Wahrscheinlich ist das auf Colonel Spences Befehl hin geschehen, oder auf Veranlassung von jemandem, der eine hohe Wette auf Spence abgeschlossen hat. Wer immer es war, hat Randy irgendwann gestern Nacht in den Stallhof werfen lassen. Er wurde heute früh gefunden, bewusstlos, blutend, mit einem gebrochenen Bein und gänzlich unfähig, heute der Reitbursche deines Mannes zu sein.“
„Oje!“ Cassie überlegte kurz. „Bestimmt kann Wattie Randys Platz einnehmen. Beide haben fast die gleiche Größe, und Wattie ist beinahe so geschickt wie Randy.“
„Wie der Teufel es will, ist er, mit Verlaub, Tante Cassie, vor zwei Tagen schwer erkrankt und zu nichts imstande, und Sim sagt, es gäbe niemanden, der die gleiche Größe und das gleiche Gewicht hätte, um als Reitbursche fungieren zu können. Onkel John hat das Rennen praktisch schon verloren, ehe es angefangen hat. Spence ist ihm gegenüber sehr im Vorteil.“
Cassie schwirrte der Kopf. Randy reingelegt! Und Johns Wettrennen verloren, ehe es überhaupt angefangen hatte! Das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein, wenn sie es verhindern konnte. Sie hatte einen Geistesblitz und ergriff den Neffen ihres Mannes beim Arm, als er versuchte, an ihr vorbeizugelangen, um John die schreckliche Nachricht zu überbringen. „Geh nicht, Fred. Es gibt einen Ausweg. Aber John darf nichts davon wissen. Ich habe die gleiche Größe und fast das gleiche Gewicht wie Randy, sodass die Balance der Karriole nicht beeinträchtigt wird. Ich kann das Signalhorn blasen und auf der Fahrt alles für John tun, was Randy getan hätte. Aber John darf nichts davon wissen. Er würde es mir nie erlauben. Schmuggle mich in den Stall, und ich überrede Sim, dass es besser für meinen Mann ist, mich als Reitburschen zu haben, statt die Wettfahrt abzublasen oder zu verlieren.“
„Du lieber Gott, Tante Cassie! Natürlich nicht! Was für ein Vorschlag!“ Und Fred wandte sich ab und strebte weiter zum Zimmer des Onkels.
Sie versuchte, ihn am Arm zurückzuziehen. „Fällt dir etwas Besseres ein?“, rief sie aufgebracht.
Ihre Stimme hatte so leidenschaftlich geklungen, dass er wie angewurzelt stehen blieb. „Onkel John wird mir nie verzeihen, falls er herausfindet, dass ich dir geholfen habe, so etwas zu machen.“ Dann seufzte er und fügte in melancholischem Ton hinzu: „Ich muss verrückt sein, und Sim wird dich vermutlich aufhalten, aber, ja, du hast dein Ziel erreicht.“
„Sim wird mich von nichts abhalten“, verkündete Cassie großspurig, „weil ich die Countess bin.“ Wieder zerrte sie den angeheirateten Neffen am Arm. „Rasch, bring mich sofort in den Stall, falls John sich entschließen sollte, das Frühstück ausfallen zu lassen und gleich zu den Pferden zu gehen.“
„Das wird er nicht“, meinte Fred und brachte sie zu Sim, der jammerte und stöhnte und sagte, er müsse erst Mylord um Erlaubnis fragen, ob Mylady sich als Randy verkleiden und dessen Platz einnehmen dürfe. Schließlich gab er nach und erklärte sich mürrisch einverstanden, dass
Weitere Kostenlose Bücher