Historical Lords & Ladies Band 38
Gelächter unterbrachen ihn. Einige junge Paare, die alle gleichzeitig zu reden schienen, betraten den Garten. Die Wortführerin, ein üppiger Rotschopf, hatte sie bereits entdeckt und winkte lebhaft.
„Oh Gott, Sophie Sherington!“ Sarah stöhnte.
„Ein leichtsinniges dummes Ding. Überlassen Sie sie mir.“ Ravensdene erhob sich und half ihr auf. Halb verdeckt durch seinen Körper, versuchte sie, ihre Fassung wiederzugewinnen.
„Sarah, meine Liebe“, zwitscherte Miss Sherington honigsüß lächelnd, „du hinterhältiges Geschöpf, ich wusste gar nicht, dass du Lord Ravensdene so gut kennst. Ich hielt dich immer für zurückhaltend. Oh, guten Abend, Mylord.“
„Miss Sherington“, Ravensdene nickte knapp.
Sarah zuckte zusammen, als sie seine eisige Stimme vernahm. Ohne Vorwarnung war er wieder der kalte, Furcht einflößende Fremde geworden, der sie gestern erschreckt hatte. Dann drückte er sanft ihre Hand und ließ sie los.
„Sie brauchen wohl auch etwas Abkühlung. Wenn ich mich recht erinnere, vertragen Sie überheizte Salons nicht besonders gut.“
Die Röte, die Miss Sheringtons hellen Teint überzog, passte absolut nicht zu ihren roten Locken und dem bernsteinfarbenen Kleid.
„Bei Jupiter, ja.“ Ihr Begleiter, ein anscheinend etwas vergesslicher junger Gentleman mit dem Aussehen einer Eule, nickte. „Ich möchte nicht, dass du wieder ohnmächtig wirst, Sophie. Das ist verdammt unangenehm. Aber sie hat recht, Sarah …“
Ravensdenes frostiger Blick ließ ihn verstummen.
„Sei kein Narr, Harry.“ Sarah hatte das Gefühl, gleich selbst in Ohnmacht zu fallen. Die Miene des Earl verhieß nichts Gutes, und sie wollte nicht mit ansehen, wie der junge Harry Marsham, den sie seit ihrer Kindheit kannte, gemaßregelt wurde.
„Erinnerst du dich, dass ich damals zwischen dem alten Lord Comberford und Onkel Jasper als Botin fungierte, damit die beiden ihre Schachpartien fortsetzen konnten? Lord Ravensdene wollte mir danken und natürlich etwas mehr über seinen Großvater und dessen Krankheit erfahren, nicht wahr, Mylord?“ Sie schaute Ravensdene flehend an.
Sie glaubte schon, er würde ihre Bitte ignorieren, doch dann murmelte er mit seiner tiefen, samtenen Stimme: „Ja, Miss Lynley, das ist richtig.“
Sie lächelte unsicher.
Er blickte über die Köpfe der verblüfften Zuhörerschaft hinweg zum Haus hinüber. „Möchten Sie in den Salon zurückkehren, Miss Lynley? Wie ich sehe, gibt Lady Wribbonhall uns ein Zeichen. Soll ich Sie zu ihr begleiten?“
„Ja, danke.“ Sarah ergriff seinen Arm. Er bot ihr Sicherheit, etwas, woran sie sich festhalten konnte.
Wie war das möglich? Gewiss, Ravensdene hatte sie soeben gerettet, trotzdem flößte er ihr immer noch Angst ein. Und doch … sie fühlte sich zu ihm hingezogen.
Sie musste den Verstand verloren haben! Er war ein großer, kräftiger Mann, unberechenbar und gefährlich. Wenn Julia sie morgen nicht begleiten konnte, wäre sie ihm schutzlos ausgeliefert.
Das wurde ihr erst richtig bewusst, als sie Lady Wribbonhall erreicht hatten. Ravensdene verbeugte sich und raunte ihr zum Abschied zu: „Bis morgen, Miss Lynley.“
4. KAPITEL
W ährend Sarah am nächsten Morgen den schmalen Pfad nach Comberford Place entlangritt, sagte sie sich wohl zum hundertsten Mal, dass sie das Richtige tat.
Die braune Stute trabte munter an Gärten und Äckern vorbei. Ein Stück weiter vorn bog der Feldweg nach Westen ab und verschwand schließlich irgendwo in den grasbedeckten Senken der Downs. Sarah stand nicht der Sinn nach der prächtigen Aussicht, die man von dort aus hatte.
Sie hielt ihr Pferd vor einer Pforte an und stieg ab. Sie öffnete das Gatter, führte ihr Pferd hindurch und schloss es wieder sorgfältig hinter sich. Die Stute tänzelte ungeduldig, als Sarah auf einen Stein kletterte, um wieder aufzusitzen.
„Ganz ruhig, Honey“, mahnte sie das Tier. „Niemand erwartet uns.“
Honey schnaubte leise und setzte unaufgefordert ihren Weg an den Feldern des heimatlichen Gutes entlang fort.
Sarah seufzte, ließ jedoch dem Pferd seinen Willen. Der Pfad endete bei den Ställen, wo es für Honey immer irgendwelche Leckerbissen gab.
Sarah überdachte noch einmal ihren Plan, den sie gefasst hatte, nachdem sie von Julias anderweitigen Verpflichtungen erfahren hatte. Ihr Vorhaben war erheblich sicherer und vermutlich auch einfacher, als sich mit dem Earl im Wald zu treffen.
Die Umstände konnten kaum günstiger sein. Nachdem die Gäste am Vorabend
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