Historical Lords & Ladies Band 39
spät.“
Lettys Gesicht spiegelte deutlich ihre Enttäuschung wider. „Wir müssen einen Weg finden! Ohne Sie, Jemima, wird das Fest für mich nicht halb so schön!“
„Außerdem“, mischte Lady Marguerite sich ein, „wird jedermann denken, dass etwas zwischen uns vorgefallen ist, wenn Sie und Robert Lettys Geburtstagsfeier fernbleiben.“
„Oh!“, war alles, was Jemima über die Lippen brachte.
„Wir könnten übermorgen nach Burford fahren“, rief Letty, deren Miene sich wieder aufgehellt hatte, aus. „Dort gibt es eine hervorragende Schneiderin, die immer ein paar fast fertige Kleider für eilige Kundinnen hat.“
Burford, das wusste Jemima, war der Ort, der Merlin’s Chase am nächsten lag. Kein wünschenswertes Ziel also. Doch ehe sie etwas sagen konnte, wurde die Tür geöffnet und Robert trat ein.
„Großmama!“ Er begrüßte Lady Exton mit einem Kuss auf die Wange. „Wie schön dich zu sehen! Und dich natürlich auch, Letty!“
„Wir haben gerade beschlossen, übermorgen ein paar Einkäufe in Burford zu machen. Du begleitest uns doch?“
„Natürlich wird er das.“ Seine Großmutter nickte zufrieden. „Es wird ihm guttun, einmal nicht auf dem Besitz zu arbeiten.“ Sie rümpfte ein wenig die Nase, sodass allen klar war, dass sie den Stallgeruch wahrgenommen hatte, der Roberts Kleidung anhaftete.
„Aber er mag diese Beschäftigungen!“, versicherte Jemima. „Er behauptet, er fühle sich dann so tatkräftig und erdverbunden!“
„Das war nicht fair!“, flüsterte Robert ihr ins Ohr. „Erdverbunden … Also wirklich!“
Sie unterdrückte ein Kichern und wandte sich Letty zu, die gerade sagte: „Wir werden allerdings Augusta, Ferdie und Bertie Pershore mitnehmen müssen. Sie treffen nämlich schon morgen ein, um bis nach dem Ball zu bleiben.“
Jemima erbleichte.
In diesem Moment stellte Lady Marguerite zu ihrer Überraschung fest: „Gegen die Jungen ist ja nichts einzuwenden. Aber Augusta ist eine unerträgliche Person. Ich hoffe nur, dass sich bald irgendwer findet, der sie ihres Geldes wegen heiratet.“
„Wenn sie nur nicht so selbstsüchtig wäre …“ Letty seufzte. „Ich bezweifle, dass sie jemals irgendeinem anderen Menschen als sich selbst auch nur die geringste Beachtung geschenkt hat.“
Insgeheim atmete Jemima auf. Tatsächlich bestätigten Lettys Worte den Eindruck, den sie selber von Augusta gewonnen hatte. Und das wiederum konnte eigentlich nur bedeuten, dass Augusta auf die Schornsteinfegerin, die als Glücksbringerin an Anne Selbornes Hochzeit teilgenommen hatte, gar nicht aufmerksam geworden war. Die egoistische junge Dame würde in der Countess of Selborne also kaum die ehemalige Miss Jewell erkennen.
„Glauben Sie, dass Ihr Bruder sich entschließen könnte, an meinem Ball teilzunehmen?“, erkundigte Letty sich in diesem Moment.
Lady Marguerites Miene war plötzlich wie versteinert.
Jemima reagierte sofort. „Ich fürchte, Jack wird es in nächster Zeit kaum möglich sein, nach Oxfordshire zu kommen.“
Letty senkte den Blick und sah sehr traurig aus.
Nachdem Lady Marguerite und Letty sich verabschiedet hatten und Robert wieder an die Arbeit gegangen war, wandte Jemima sich erneut ihrer unterbrochenen Beschäftigung zu. Der unerwartete Besuch hatte sie viel Zeit gekostet, und sie war nie ein besonders geduldiger Mensch gewesen. Jetzt wollte sie endlich wissen, was es war, das den Rauchabzug behinderte. Kurz entschlossen zog sie ihre Slipper und das Kleid aus und tat etwas, von dem sie genau wusste, dass es der Countess of Selborne verboten war: Sie kletterte ein Stück im Schornstein hoch.
Als Kind hatte sie die Arbeit gehasst, zu der ihr Vater sie verdammt hatte. Und auch jetzt empfand sie es als äußerst unangenehm, die von Ruß und Staub erfüllte Luft in dem dunklen Kamin zu atmen. Aber sie war entschlossen, das Hindernis zu beseitigen. Jetzt hatte sie es erreicht. Sie streckte die Hand aus und berührte es.
Ein Metallkästchen!
Sie wollte es gerade aus der Vertiefung zwischen den Steinen hervorziehen, als sie hörte, wie die Tür der Bibliothek geöffnet wurde. Jemima erstarrte. „Sie scheint ausgegangen zu sein“, hörte sie Robert sagen. „Wie schade! Ich werde ihr ausrichten, dass Sie hier gewesen sind, Lady Vause!“
Die Tür wurde wieder geschlossen, aber noch fühlte Jemima sich nicht sicher. Reglos verharrte sie ein paar Sekunden lang in ihrer unbequemen Position. Dann griff sie nach dem Kästchen, zog es mit einem Ruck
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