Historical Lords & Ladies Band 39
auch. Sie hatte von jeher eine Vorliebe für temperamentvolle Frauen mit Verstand und eigenen Ansichten.“
„Ich nehme das als Kompliment.“
Jetzt lachte Robert. „Das sollst du auch! Obwohl nicht alle Männer in meiner Familie diese Meinung teilen würden. Papa beispielsweise hätte zweifellos einer ruhigen, angepassten Schwiegertochter den Vorzug gegeben.“
„Er war sicher sehr zornig, als du dich gegen seinen Willen für die Armee entschieden hast.“
„Zornig und enttäuscht. Er hätte es gern gesehen, wenn ich schon mit zwanzig geheiratet und für einen Erben gesorgt hätte. Er setzte so große Hoffnungen auf mich, zu große … Ich fürchte, ich hätte es ihm, ganz gleich was ich getan hätte, niemals recht machen können.“
Jemima seufzte tief auf. Das Thema ging ihr nahe. Schließlich hatte auch sie sich über die Wünsche ihres Vaters hinweggesetzt. Das war etwas, das sie mit Robert verband. „Hat es dich sehr belastet, im Streit von ihm zu gehen?“
„Ja. Aber ich war mir trotzdem sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Natürlich ahnte ich damals nicht, dass ich meine Eltern nie wiedersehen würde. Ich wünschte, wir hätten eine Gelegenheit gehabt, uns zu versöhnen …“
Voller Mitgefühl griff Jemima nach seiner Hand und drückte sie tröstend. Die Trauer in seinen Augen berührte sie tief. Einer plötzlichen Eingebung folgend, stellte sie sich auf die Zehenspitzen und drückte ihrem Gatten einen Kuss auf die Wange.
Danach standen sie einen Moment lang nur nah beieinander, ohne sich zu rühren. Dann zog Robert seine junge Frau an sich. „Wie lieb du bist“, flüsterte er ihr ins Ohr. „Manchmal glaube ich, dass ich etwas so Wunderbares wie dich gar nicht verdient habe.“
Sie barg den Kopf an seiner Schulter. Und erst nach einer Weile fragte sie leise: „Hast du mich geheiratet, weil du dich gern gegen Konventionen und Autoritäten auflehnst?“
„Nein. Ich habe mich für dich entschieden, weil ich dich mag und weil ich dich seit unserem ersten Treffen begehre. Es war mir nicht von Anfang an klar, aber unsere ursprüngliche Abmachung entsprach überhaupt nicht meinen Wünschen. Es wäre mir sehr schwergefallen, dich gehen zu lassen. Aber“, er seufzte tief auf, „es ist beinahe noch schwerer, dir so nah zu sein, ohne dich ganz besitzen zu dürfen.“
Jemima schwieg. Jede Faser in ihr schien zu vibrieren, Schmetterlinge tanzten in ihrem Bauch, und ihr war abwechselnd heiß und kalt. Schließlich hob sie den Kopf. Sie wusste, dass Robert sie küssen würde. Sie wusste auch, dass es gefährlich war, sich ihm nicht zu widersetzen. Er hatte gesagt, dass er sie mochte und begehrte. Ihr erging es mit ihm nicht anders. Aber …
Himmel, fuhr es ihr durch den Kopf, was soll werden, wenn ich ihn liebe ? Sie dachte an Jack und Beth. An das Glück, das sie geteilt hatten, und an das Unglück, das über sie hereingebrochen war … Sie wollte einen solchen Kummer nie kennenlernen. Deshalb hatte sie Angst vor der Liebe. Aber sie spürte auch, dass die Liebe so manches Risiko wert war.
„Ich verspreche dir“, hörte sie Roberts Stimme, die jetzt sehr sanft klang, „dass ich nichts tun werde, was du später bereuen könntest. Wir werden uns viel Zeit lassen. Umso glücklicher werden wir sein, wenn wir endlich mehr austauschen dürfen als … unschuldige Zärtlichkeiten.“
„Mir scheint, dass du ein sehr geübter Verführer bist“, gab Jemima ein wenig atemlos zurück.
Er lachte. „Willst du damit sagen, dass ich ein Frauenheld bin? Liebes, wenn ich den Charakter eines Draufgängers hätte, dann wärest du an jenem Abend, da du mich in meinem Schlafgemach aufgesucht hast, nicht ungeschoren davongekommen.“
„Es dürfte dir aufgefallen sein, dass ich seitdem einen großen Bogen um deine Räumlichkeiten gemacht habe.“
„Ja, das war sehr klug von dir. Denn ich bin auch kein Mönch.“ Damit beugte er sich zu ihr herab und gab endlich dem Wunsch nach, sie zu küssen.
Es wurde ein langer, leidenschaftlicher und doch zärtlicher Kuss. Als Robert endlich Jemimas Mund freigab, klopfte sein Herz zum Zerspringen. Mit einem tiefen Seufzer sagte er: „Verflucht, es sind immer noch fünfzig Tage …“
Jemima war nicht im Mindesten darauf vorbereitet, Gäste zu empfangen. Sie befand sich in der Bibliothek, als die unangemeldeten Besucher eintrafen. Allerdings hielt sie kein Buch in der Hand, sondern einen Besen. Mit ihm stocherte sie vorsichtig im Kamin herum, um
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