Historical Lords & Ladies Band 39
nicht der Fall ist. Davon konnte ich sie indes nie überzeugen.“
„Wie haben Sie Erzieher gefunden, die den Wissensdrang Ihres Bruders befriedigen konnten?“, fragte Philip lächelnd. „Ich vermute, er war ein sehr lerneifriges Kind.“
„In der Tat“, bestätigte Antonia stolz. „Als er neun Jahre alt war, meinte Mr Smothingham, unser Kurat, er könne ihm nicht mehr viel beibringen.“
Aufmerksam lauschte Philip den folgenden Schilderungen von Geoffreys Wissbegier und Streichen und zog daraus Schlussfolgerungen über das Leben, das der Junge und seine Schwester in Mannering Park geführt hatten. Erstaunlicherweise nahm Mr Smothingham in den Erzählungen ziemlich breiten Raum ein. „Er scheint seine Aufgabe sehr wichtig genommen zu haben“, warf Philip stirnrunzelnd ein.
„Ja“, antwortete Antonia und lächelte verhalten. „Er war mir eine große Stütze, stets sehr zuvorkommend und hilfsbereit.“
Sie schien diesen Mr Smothingham gemocht zu haben, und unwillkürlich war er Philip unsympathisch. „Meine Stiefmutter hat heute erwähnt, sie trage sich mit dem Gedanken, zur Nachsaison nach London zu fahren“, äußerte er, um das Thema zu wechseln.
„Das weiß ich, Sir. Sie hat mich gebeten, sie zu begleiten. Hoffentlich ist Ihnen das recht.“
„Warum sollte es mich stören? Im Gegenteil, es freut mich, dass Sie ihr Gesellschaft leisten werden. Ich bin sicher, Sie werden den ton im Sturm erobern.“
„Glauben Sie?“, fragte Antonia und schaute Seiner Lordschaft in die Augen. „Ich bin nicht so davon überzeugt. Sind Sie der Ansicht, dass ich es amüsant finden werde, in Gesellschaft zu verkehren?“
Mit ausdrucksloser Miene ließ Philip den Blick auf Miss Mannerings Lippen verweilen, atmete tief durch und sagte leichthin: „Was das betrifft, Miss Antonia, werde ich mich hüten, Behauptungen aufzustellen.“
Philip sagte sich, beim Essen habe er aus einem gänzlich uneigennützigen Grund herausfinden wollen, welche Vorstellungen Miss Mannering mit ihrem Londoner Aufenthalt verband. Allen Anzeichen nach zu urteilen trug die Stiefmutter sich mit der Absicht, sich um die Zukunft ihrer Nichte zu kümmern, und wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, konnte sie sehr beharrlich sein. Folglich hatte er erkunden wollen, ob Miss Mannering mit den Plänen ihrer Tante einverstanden war. Nicht in der Stimmung, den Damen lange fernzubleiben, schlug er, nachdem er sein Glas Portwein im Herrensalon geleert hatte, in bestimmendem Ton vor, unverzüglich zu ihnen zurückzukehren.
Schmunzelnd schaute Hugo ihn an, sträubte sich jedoch nicht und folgte ihm in das Nebenzimmer.
„Oh, wie schön, dass wir jetzt Gesellschaft haben“, sagte Henrietta lächelnd. „Sing etwas für uns, Geoffrey. Antonia wird dich begleiten.“
Willig erhob sich Antonia, nahm auf der Klavierbank Platz und fragte den Bruder, was er vortragen wolle.
Er schlenderte zu ihr, blätterte die auf dem Ständer liegenden Noten durch und entschied sich für ein volkstümliches Duett.
Philip gesellte sich zu ihnen, lehnte sich an das Instrument und beobachtete Miss Mannering, während sie mit dem Bruder musizierte. Plötzlich richtete sie die Augen auf ihn, lächelte versonnen und schaute dann wieder in die Noten. Er schloss die Lider, gab sich dem Genuss ihrer warmtimbrierten, weich und sinnlich klingenden Stimme hin und fiel, sobald sie und Geoffrey das Lied beendet hatten, in den Beifall der anderen Zuhörer ein.
Antonia sah ihn an und fragte lächelnd: „Haben Sie Lust, Sir?“
Die Frage war zweideutig, und im Stillen grinsend entschied er sich, sie ebenso anzüglich zu beantworten. „Ich werde versuchen, mein Bestes zu geben“, sagte er schmunzelnd, stellte sich hinter Miss Mannering und wartete, bis ihr Bruder sich in einen Sessel gesetzt hatte. Dann stimmte er sich mit ihr über das zu wählende Lied ab, holte tief Luft und gab mit sonorem Bariton die erste Strophe zum Besten. Beim Refrain fiel der Freund ein, nach dem zweiten Teil schließlich auch Geoffrey. Die restlichen Strophen wurden zur allgemeinen Heiterkeit abwechselnd gesungen, und zum Schluss brach jeder in unbeschwertes Gelächter aus.
Begeistert klatschte Henrietta Beifall.
Antonia drehte sich um und schaute Seine Lordschaft an. Seine Miene war fröhlich, der Ausdruck in seinen Augen jedoch seltsam verhangen. Sie zog eine Braue hoch und ergriff die Hand, die er ihr reichte. Unvermittelt schloss er die Finger um die ihren, und die Berührung verursachte
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