Historical Lords & Ladies Band 39
berichtet wurde, sehr stattlich sein.“
„Weshalb ist die entzückende Miss Mannering dann hier?“
„Ihr Vater war der einzige Bruder meiner Stiefmutter und kam seine Schwester jedes Jahr im Sommer mit seiner Gattin und seiner Tochter besuchen. Miss Antonia blieb dann bei uns, wenn ihre Eltern weiterreisten.“
Sie hatte viel gelacht und geplappert, war jedoch nie störend gewesen. Philip war zehn Jahre älter als sie, doch das hatte sie nicht abgeschreckt. Und bei ihr hatte er nie seine höhere gesellschaftliche Stellung ausgespielt. Er hatte sie sich von einem entzückenden Kind in ein bezauberndes, schlagfertiges Mädchen entwickeln gesehen, musste sich nun jedoch erst noch an die Veränderung gewöhnen, die inzwischen mit ihr vorgegangen war.
„Nach dem Tod ihres Vaters vor acht Jahren kam sie nicht mehr zu uns“, fuhr er fort, „weil ihre im letzten Frühjahr gestorbene Mutter nicht in der Stimmung war, sich unter Menschen zu begeben. Meine Stiefmutter hat sie sehr gern und sie gebeten, bei uns zu sein, wann immer sie möchte. Ihre Nichte hatte die Einladung bisher jedoch stets mit dem Hinweis abgelehnt, sie wolle in Mannering Park bleiben und sich dort um ihren sehr viel jüngeren Bruder kümmern. Ich habe keine Ahnung, wie groß der Altersunterschied zwischen ihnen ist, und entsinne mich nicht einmal, wie ihr Bruder heißt.“
„Nun, offenbar ist sie anderen Sinnes geworden“, warf Hugo ein.
„Das halte ich für unwahrscheinlich, es sei denn, sie hat sich innerlich sehr verändert. Aber möglicherweise befindet ihr Bruder sich jetzt zum Studium in Oxford.“
„Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie ganz bestimmte Absichten hat“, meinte Hugo bedächtig.
„Und welche?“, fragte Philip verständnislos.
„Nun, du hast sie doch gesehen“, antwortete Hugo schmunzelnd. „Sie ist eine Schönheit und nicht verheiratet. Letzteres wundert mich ein wenig. Da sie aus gutem Haus stammt, müsste sie in ihrem Alter eigentlich längst vermählt sein.“
„Du hast recht“, stimmte Philip nachdenklich zu. „Offenbar hat in der besseren Gesellschaft Yorkshires niemand sie zu Gesicht bekommen, denn sonst wäre sie bestimmt nicht mehr frei. Mannering Park liegt ziemlich einsam, und ihre Mutter hat ein sehr zurückgezogenes Dasein geführt. Vermutlich ist das der Grund, weshalb sie noch keinen Gatten hat. Und nun entschuldige mich bitte“, fügte Philip hinzu, stellte das leere Glas auf den Tisch und stand auf. „Ich gehe jetzt zu meiner Stiefmutter.“
„Ich weiß, man soll nicht schlecht über Tote sprechen, doch meine Schwägerin hat ihre Tochter wirklich sehr schäbig behandelt“, erregte sich Henrietta. „Wären die Damen der Nachbarschaft nicht so entgegenkommend gewesen, hätte Antonia bis heute keine Erfahrung in gesellschaftlichen Umgangsformen. Noch schlimmer finde ich, dass Araminta nichts unternommen hat, um ihre Tochter zu verheiraten. Im Gegenteil, sie hat ihr die Leitung des Haushaltes aufgebürdet, die Verwaltung des Besitzes und die Verantwortung für Geoffrey. Ich wundere mich, dass Antonia unter der Last der ihr zugemuteten Pflichten nicht vorzeitig gealtert ist! Es ist eine Schande, dass sie immer noch nicht offiziell in die Gesellschaft eingeführt worden ist. Doch nun, da meine Nichte hier ist, bin ich entschlossen, ihr den Weg ins Leben zu ebnen. Ich werde mit ihr die Nachsaison in London verbringen.“
„Es würde mich nicht überraschen“, warf Philip ein, „wenn du mit ihrem Aufenthalt gewisse Pläne verbindest.“
„Selbstverständlich habe ich vor, ihr zu einem Gatten zu verhelfen“, bestätigte Henrietta schmunzelnd.
Philip bemühte sich, eine reglose Miene zu wahren, stand auf und sagte entschuldigend: „Sei mir nicht böse, aber ich habe Hugo zu Gast. Es wäre unhöflich, ihn zu lange allein zu lassen.“
Henrietta nickte, schaute dem Stiefsohn hinterher, bis er das Boudoir verlassen hatte, und lächelte dann zufrieden. „Das war kein schlechter Anfang“, äußerte sie fröhlich.
Alice legte die Stickerei beiseite, erhob sich und ging zu Ihrer Ladyschaft. Sie schüttelte ihr die Kissen auf und half ihr, sich bequemer hinzusetzen.
„Wie gut, dass meine Nichte Sie zu mir geschickt hat, damit ich nicht zu lange schlafe“, fuhr Henrietta heiter fort. „Ich betrachte es als eine glückliche Fügung des Schicksals, dass mein Stiefsohn zur gleichen Zeit eingetroffen ist und sie wiedergesehen hat.“
„Ich hatte nicht den Eindruck, dass er
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