Historical Lords & Ladies Band 39
Hengst würde ich gern reiten.“
Jeder anderen Frau hätte er den Wunsch abschlägig beschieden. Gleichmütig zuckte er mit den Achseln, rief laut nach einem Stallburschen und trug dem einen Moment später herbeieilenden Southey auf, den Hengst für Miss Mannering und anschließend seinen Rappen zu satteln. Der junge Mann verbeugte sich, holte Zaumzeug und Sättel aus der Sattelkammer und begann, den Befehl auszuführen. Beruhigend sprach Miss Mannering auf den Rotfuchs ein und streichelte ihm die Kruppe.
Sobald er gesattelt war, sagte sie: „Ich werde ihn auf dem Hof ein wenig auf und ab führen, bis Ihr Hengst so weit ist.“
„Ja, es kann nichts schaden, wenn Sie sich noch mehr mit ihm anfreunden“, erwiderte Philip, schaute ihr einen Moment bewundernd hinterher und wandte sich dann wieder Southey zu. Nur einen Augenblick später hörte er Schritte hinter sich, drehte sich um und sah erstaunt Miss Mannerings Bruder in den Stall eilen.
„Ich habe mich verspätet“, sagte Geoffrey entschuldigend. „Bitte, lassen Sie sich von mir nicht aufhalten, Mylord, wenn Sie jetzt aufbrechen wollen.“
Philip stöhnte leise, harrte ungeduldig darauf, dass Southey seine Arbeit beendete, und führte dann den Rappen auf den Platz. Seine Absicht, Miss Mannering auf das Pferd zu helfen, wurde jedoch vom Stallburschen zunichtegemacht, der ihm zuvorkam. Missmutig saß er auf, musste indes den Wunsch, sogleich mit ihr loszureiten, noch ein Weilchen bezähmen, bis ihr Bruder auf einem Grauschimmel sich zu ihnen gesellte. Dann konnte man endlich den Ausritt beginnen.
Philip ließ den Hengst galoppieren und sich auslaufen, war jedoch nicht überrascht, dass der von Miss Mannering gerittene Rotfuchs mit seinem Rappen Schritt hielt. Geoffreys Grauer folgte ihnen in einigem Abstand.
Durch den scharfen Ritt wurde Philip besserer Stimmung. Seit mindestens acht Jahren war er nicht mehr mit verhängten Zügeln durch das Gelände geprescht, in Begleitung von zwei Reitern, die gleichermaßen gut mit ihren Pferden umzugehen verstanden. Man setzte über einen Zaun, und die Art, wie Miss Mannering das Hindernis nahm, bewies Philip erneut, dass sie in der verflossenen Zeit nichts von ihrem Wissen verlernt hatte.
Auf der Kuppe eines etliche Meilen von Ruthven Manor entfernten Hügels hielt Philip den Hengst an, atmete tief durch und sah Miss Mannering an.
Lachend erwiderte sie seinen Blick und äußerte atemlos: „Das war wunderbar!“
„Ich stimme Ihnen zu“, sagte er und freute sich, dass sie den Ritt so genossen hatte.
„Dort hinten scheinen Ruinen zu sein“, warf Geoffrey ein und zeigte auf ein Wäldchen. „Ich möchte sie mir ansehen, wenn du nichts dagegen hast, Antonia.“
„In Ordnung“, willigte sie ein.
„Da im Fluss ist eine Furt“, erklärte Philip und wies auf die erkennbar flachere Stelle.
Geoffrey nickte und galoppierte auf dem Grauschimmel davon.
Zuneigungsvoll lächelnd, blickte Antonia ihm einige Minuten hinterher, wandte sich dann an Seine Lordschaft und sagte stolz: „Ich bin froh, dass mein Bruder immer noch so gut reiten kann.“
„Warum sollte es anders sein?“, wunderte sich Philip.
„Acht Jahre sind eine lange Zeit“, antwortete sie achselzuckend.
„Sind Sie und Ihr Bruder denn nicht regelmäßig ausgeritten?“
„Ich dachte, Sie wüssten, dass unser Vater bei einem Reitunfall ums Leben gekommen ist“, erwiderte Antonia erstaunt. „Gleich danach hat Mutter alle Reitpferde verkauft.“
„Das heißt, dass Sie, bis Sie herkamen, nicht reiten konnten“, stellte Philip verärgert fest. Die Nichte seiner Stiefmutter hatte stets viel Freude am Reiten gehabt, und es machte ihn zornig, dass ihr durch die Mutter das Vergnügen genommen worden war. Er hatte ihre verstorbene Mutter nie gemocht, doch nun verachtete er sie.
„Im Gegensatz zu Geoffrey hat es mir nicht viel ausgemacht, nicht mehr reiten zu können“, sagte Antonia gelassen. „Ein junger Gentleman nimmt einen solchen Zeitvertreib natürlich viel wichtiger.“
Philip enthielt sich einer Antwort, um keine alten Wunden aufzureißen, schwieg eine Weile und bemerkte, sobald man in der Ebene war: „Er hatte in Ihnen und Ihrem Vater sehr gute Reitlehrer.“
„Viele Leute würden meinen Reitstil nicht als beispielhaft bezeichnen“, entgegnete Antonia lächelnd.
„Das behaupten sie nur, weil sie neidisch sind“, sagte Philip trocken. „Lassen Sie uns schneller reiten, sonst wartet Ihr Bruder nicht auf uns.“
In raschem Trab
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