Historical Lords & Ladies Band 39
sind der Lärm, die Betriebsamkeit und auch einige der Gäste nicht ganz nach meinem Geschmack. Gleichviel, ich beglückwünsche Sie, Madam. Sie haben Ihre Sache vorzüglich gemacht. Es war in jeder Hinsicht ein erfolgreicher Tag.“
Am nächsten Vormittag sagte Philip stirnrunzelnd: „Ich habe Sie heute früh vermisst, Miss Antonia.“ Er durchquerte die Halle und kam auf sie zu. „Sind Sie der morgendlichen Ausritte überdrüssig geworden?“
„Nein, ich war nur von den gestrigen Anstrengungen noch etwas müde.“
„Da ich die anstehenden Angelegenheiten schneller denn erwartet mit Mr Custer regeln konnte, schlage ich Ihnen vor, eine Ausfahrt zu unternehmen. Sie können, wenn Sie möchten, meine Grauschimmel lenken.“
Das Angebot war sehr verlockend. Irgendwann musste Antonia den ersten Schritt auf einem ganz neuen Gebiet wagen.
„Ich setze natürlich voraus, dass Sie sich zutrauen, sie zu beherrschen.“
„Gut, ich bin einverstanden“, willigte Antonia ein. „Ich hole rasch meinen Hut.“
Philip blickte ihr hinterher, bis sie auf dem ersten Treppenabsatz um das Geländer gebogen war, und ging dann in den Stall. Eine Viertelstunde später gesellte Miss Mannering sich zu ihm, und galant half er ihr auf den Kutschbock. Er setzte sich zu ihr, überließ ihr das Gespann und lehnte sich auf der Fahrt über die Allee bequem zurück.
Nach einer Weile sagte Antonia schmunzelnd: „Es ist Ihnen sicher aufgefallen, dass ich uns noch nicht gegen einen Baum kutschiert habe. Trotzdem wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mich im Gebrauch der Peitsche unterweisen würden.“
Er erklärte ihr, in welchen Situationen man sie einsetzte, zeigte ihr, wie man damit umging, ohne die Pferde durch zu harte oder jähe Schläge zu verschrecken, und staunte, wie ausgezeichnet Miss Mannering das Gespann zu lenken verstand.
Er ließ sie eine ausgedehnte Runde durch den Park machen und sagte, nachdem sie die Pferde vor dem Stall angehalten hatte: „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, Miss Antonia, aber Sie haben Ihre Sache sehr gut gemacht.“
„Jedenfalls bin ich froh, dass mir die Pferde nicht durchgegangen sind“, erwiderte Antonia erleichtert.
„Das hätte ich zu verhindern gewusst.“ Schmunzelnd sprang Philip zu Boden, ging zu ihr auf die andere Seite und half ihr aus der Kalesche.
Er hielt ihre Hand länger denn nötig fest und schaute sie mit einem derart eigentümlichen Ausdruck an, dass sie glaubte, er werde sie küssen. Plötzlich lächelte er, hob ihre Hand an die Lippen und drückte ihr einen Kuss auf die Fingerspitzen.
„Das ist auch etwas, was einer gewissen Übung bedarf“, äußerte er amüsiert und ließ Miss Mannerings Hand los, da Southey aus dem Stall kam. Er wies ihn an, das Gespann zu versorgen und die Chaise in die Remise zu bringen, reichte Miss Mannering dann den Arm und sagte auf dem Weg zum Haus: „Wir haben schon große Fortschritte gemacht, nicht wahr, Miss Antonia?“
„Ja, wenn Sie meine Fahrkünste meinen“, antwortete sie leichthin, entschuldigte sich und begab sich in ihr Boudoir. Froh, die Ausfahrt unbeschadet überstanden zu haben, nahm sie den Florentiner ab, legte ihn auf den Tisch und ging zum offenen Fenster. Sie lehnte sich an den Rahmen, atmete tief in der lauen Luft durch und sagte sich, noch sei nicht alles gewonnen. Aber wenigstens schien Lord Ruthven, was seine persönliche Beziehung zu ihr betraf, nicht abgeneigt zu sein, denselben Weg einzuschlagen wie sie.
Sein Benehmen ließ darauf schließen, dass er willens war, ihr Zeit zu lassen, damit sie sich auf sein Werben einstellen konnte. Sie musste lernen, sich zu beherrschen, damit sie weder ihn noch sich durch allzu offenkundig zur Schau gestellte Gefühle in peinliche Verlegenheit brachte.
Jäh fiel ihr ein, dass die Mutter sie auf dem Totenbett gewarnt hatte, nicht darauf zu hoffen, dass jemand sie aus Liebe heiratete. Sich nach Liebe zu sehnen, würde ihr nur Kummer bringen. Sie war nicht in der Erwartung hergekommen, Philips Liebe zu gewinnen, nur in der seit Langem gehegten Absicht, eines Tages seine Gattin zu werden. Nun jedoch war sie nicht sicher, ob sie sich nicht auf dem besten Wege befand, sich in ihn zu verlieben.
Seufzend straffte sie sich, wandte sich ab und setzte sich in einen Fauteuil. Ehe man nach London reiste, musste sie sich daran gewöhnt haben, dass der Baron ihr den Hof machte, damit sie später im ton voller Selbstbewusstsein auftreten konnte. Sie beschloss, sich ein Beispiel an
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