Historical Lords & Ladies Band 40
sie sich unterhielten, waren sie immer langsamer vorwärtsgekommen. Als die Chaise jetzt anhielt, streckte Duncan den Kopf aus dem Fenster. „Was ist los, Hamish?“
Der Kutscher kämpfte sich durch den Schnee bis zur Wagentür durch. „Ich bin von der Straße abgekommen, Captain, und die armen Tiere sind vollkommen fertig.“
„Wie weit sind wir von zu Hause entfernt?“
„Sechs oder sieben Meilen, vielleicht ein bisschen mehr.“
„Wir könnten versuchen zu laufen“, schlug Helen vor.
„Oder wir reiten.“ Duncan strich sich über das Kinn. „Hamish auf dem einen, Sie und ich auf dem anderen Pferd.“
„Das ist unmöglich“, sagte Hamish. „Das Tier ist zu erschöpft, um Sie beide zu tragen. Sie beide reiten, und ich laufe.“ Er watete zu den Pferden zurück, wo er feststellte, dass eines der Tiere so stark lahmte, dass es nicht geritten werden und auch den Wagen nicht weiterziehen konnte.
„Wie lange dauert es, bis Sie Hilfe holen können?“
„Das Haus des alten Bailey liegt in der Nähe, falls ich es finde.“
„Dann nehmen Sie das gesunde Pferd. Wir warten hier.“
Nach wenigen Yards war er aus der Sicht verschwunden.
Das Warten dehnte sich von Minuten zu Stunden, ohne dass es weniger schneite. Alles lag unter einer weißen Decke. Es herrschte Grabesstille. Helen verlor aus den Fingern und Füßen jegliches Gefühl. Als Duncan sie drängte, etwas zu essen und zu trinken, war sie dazu kaum fähig.
„Das kommt davon, dass Sie der alten Frau Ihren Mantel gegeben haben“, sagte er. „Zu allem Übel haben Sie sich jetzt auch noch erkältet.“
„Sie hat ihn nötiger gebraucht als ich. Außerdem bin ich nicht krank, sondern nur sehr, sehr müde.“
„Sie müssen auf jeden Fall wach bleiben.“
„Lassen Sie mich schlafen“, murmelte sie.
„Nein. Reden Sie mit mir. Sagen Sie, was immer Ihnen in den Sinn kommt.“
„Wie lange sitzen wir hier wohl fest?“, fragte sie so leise, dass er sich vorbeugen musste, um sie zu verstehen.
„Ich weiß es nicht.“
„Denken Sie, dass wir hier sterben müssen? Wird man uns, einer in den Armen des anderen, erfroren hier finden?“ Ihre Lippen verzogen sich zu einem winzigen Lächeln. „Das wäre eine schöne Geschichte für alle Klatschtanten.“ Ihr Kopf sank zur Seite.
Er zog eine kleine Flasche mit Brandy aus der Tasche und hielt sie ihr an die Lippen. „Miss Sadler … Helen, mein Liebling, bleiben Sie wach … bitte.“
„Nicht Sadler“, murmelte sie, nachdem sie etwas von der scharfen Flüssigkeit geschluckt hatte. „Sanghurst! Helen Sanghurst!“
Er überlegte, wo er diesen Namen bereits gehört hatte. „Das ist doch gleichgültig“, sagte er, nahm sie in die Arme und wiegte sie hin und her. „Nichts spielt eine Rolle, außer Sie wach zu halten.“
„Wenn Sie die Wahrheit wüssten …“
„Die ist jetzt nicht wichtig.“
„Oh, doch. Ich habe gelogen.“
„Dass Sie eine Gesellschafterin sind?“
„Ja.“
„Und in Bezug auf Ihr Reiseziel?“
„Nein, das stimmt. Ich will nach Killearn zu Lord Strathrowan. Papa hat ihn zu meinem Vormund bestimmt …“ Sie vermochte die Augen nicht mehr offen zu halten. Ihre Stimme wurde schwächer und schwächer. Ihr war nicht mehr kalt. Sie spürte gar nichts mehr außer dem Verlangen zu schlafen.
Sein eigener Vater war also ihr Vormund. Daher hatte er instinktiv das Gefühl gehabt, sie beschützen zu müssen. Er hatte Lord Sanghursts Tochter vor langer Zeit in Indien getroffen, als er noch ein kleiner Junge und sie ein Baby gewesen war.
„Helen, wach auf.“ Er schüttelte sie beinahe grob, bevor er sie fest an sich drückte. „Du darfst nicht schlafen. Ich liebe dich. Wir werden heiraten …“
Sie schien ihn nicht mehr zu hören.
10. KAPITEL
D uncan legte sich neben Helen auf den Sitz, wickelte die Decken um sie beide herum, und drückte sie an sich, um sie mit seinem Körper warm zu halten. Dabei redete er auf sie ein und schüttelte sie trotz ihres Protestes immer wieder. Er erzählte von seinem Heim in Strathrowan, seiner Familie, versicherte ihr, dass sie willkommen sei und jeder sie lieben würde.
Duncan sprach auch von Indien, obwohl ihm klar war, dass sie sich nicht daran erinnerte. Er wusste selbst kaum noch etwas von seinem Leben dort. Da sein Vater als jüngerer Sohn kein Erbe erwartet hatte, war er ausgewandert, um auf einem anderen Kontinent sein Glück zu suchen und auch zu finden. Er hatte die Tochter eines Nabobs geheiratet, die ihm zwei Söhne
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