Historical Lords & Ladies Band 40
dunkle Augen verengten sich. „Natürlich hat Sophie nichts von mir zu befürchten. Aber was ihre Tante betrifft, kann ich das nicht behaupten. Diese junge Dame kann einen tatsächlich auf die Palme bringen.“ Während Giles in Gelächter ausbrach, stand Christian auf. „Jetzt brauche ich frische Luft. Hättest du Lust, das Drei-Morgen-Feld mit mir zu inspizieren? Ich hoffe, es kann gepflügt werden, wenn das Entwässerungsproblem gelöst ist.“
Als Megan zufällig durch das Fenster ihres Schlafzimmers schaute, sah sie die beiden Brüder davonreiten. Sie wollte immer noch spazieren gehen. Wohlweislich beschloss sie, die entgegengesetzte Richtung einzuschlagen. Nachdem ihr Zorn nachgelassen hatte, war sie nicht besonders stolz auf ihr Verhalten, und sie wollte Christian erst wieder begegnen, wenn sie sicher sein konnte, dass sie ihre Gefühle im Zaum hatte.
Sie legte sich gerade ein Cape um die Schultern, als es an der Tür klopfte. Auf ihre Aufforderung hin trat Sophie ein, die sich inzwischen ebenfalls beruhigt hatte. „Gehst du aus, Tante Megan?“
„Ja, ich möchte diesen vier Wänden für eine Weile entfliehen.“
Beschämt schaute das Mädchen zu Boden. „Tut mir leid, dass ich vorhin die Beherrschung verloren habe.“
„Dafür musst du dich nicht entschuldigen, Liebes. Dein Zorn war berechtigt.“
„Nun ja – vielleicht …“ Sophie zeichnete mit einer Schuhspitze Kreise auf den Teppich. „Hast du mit ihm gesprochen?“
„Ja.“
„Und was hat er gesagt?“
„Nichts. Aber dazu gab ich ihm auch gar keine Gelegenheit. Ich informierte ihn über meinen Unmut, dann eilte ich davon.“
„Auch ich bin schuld an diesem Streit“, gab Sophie zu. „Aber er sollte mich nicht wie ein Kind behandeln. Wenn jemand das Recht dazu hat, dann mein Vormund – nicht Giles.“
Megans Magen krampfte sich zusammen. „Habe ich dich richtig verstanden? Versuchst du mir zu erklären, es sei nicht Mr Blackmore gewesen, der dir gedroht hat?“
„Natürlich nicht!“ Sophie starrte ihre Tante an, als zweifelte sie an deren Verstand. „Da Mr Blackmore anderweitig beschäftigt war, erbot sich sein Bruder, mich zu begleiten.“
„Ich könnte dich ohne Weiteres erwürgen!“, fauchte Megan. Wütend lief sie aus dem Zimmer, und die arme Sophie fragte sich, ob ihre Tante verrückt geworden war.
Wenig später ging ein ähnlicher Gedanke durch den Kopf des alten Butlers. Megan stürmte erneut die Treppe herab, ebenso erregt wie vorhin, als sie ihre mörderischen Absichten bekundet hatte.
Als sie den Schlüssel zum Waffenschrank verlangte, hielt Wilks erschrocken den Atem an. „Bitte, Miss Megan“, begann er in väterlichem Ton, „Sie wollen den Master doch nicht wirklich erschießen?“
„Was?“ Verständnislos hob sie die Brauen, dann wurde ihr bewusst, warum er diese Frage stellte. „Selbstverständlich nicht! Geben Sie mir den Schlüssel, oder ich erschieße Sie , weil Sie gelauscht haben!“
Diese Drohung amüsierte den alten Diener dermaßen, dass er keinen weiteren Widerstand leistete und Megan zu dem kleinen Salon im Hintergrund des Hauses begleitete, wo eine Vitrine mehrere Waffen enthielt. Hastig traf Megan ihre Wahl, steckte eine Pistole und Munition in die Tasche ihres Umhangs und verließ das Haus, ehe der Butler ihr vorschlagen konnte, einen Lakaien mitzunehmen.
Während Megan zum Wald eilte, nahm sie den kalten Wind kaum wahr, der ihr Cape aufbauschte. Sie kannte nur einen einzigen Gedanken – ihre Dummheit. Warum hatte sie Christian so rüde angeherrscht, ohne sich etwas genauer über die Tatsachen zu informieren? Die bedrückende Antwort fiel ihr nicht schwer. Weil sie verzweifelt einen Grund gesucht hatte, ihren alten Groll gegen ihn zu schüren – und andere Gefühle zu verdrängen …
Im Wald angekommen, setzte sie sich auf einen Baumstumpf. Natürlich durfte sie ihrer Nichte nicht die Schuld an dem peinlichen Zwischenfall geben. Sophie hatte sie nicht mit Absicht getäuscht und offenbar angenommen, alle würden wissen, dass sie mit Giles ausgeritten war. Irgendwo zu ihrer Linken knackte ein Zweig. Zu beschäftigt mit ihren deprimierenden Gedanken, achtete sie nicht darauf. Nein, entschied sie, dafür bin ich ganz allein verantwortlich. Hätte ich das Mädchen bloß befragt, bevor ich in die Bibliothek rannte …
Nun musste sie sich bei Christian entschuldigen – und unter vier Augen mit ihm sprechen, was sie seit Tagen zu vermeiden suchte.
Um ihrem heftigen
Weitere Kostenlose Bücher